Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Dreijahresverträge
bekommen soll.
Wir hoffen
auch, dass trotz des Tanzquartiers, das wir für eine gute und richtige
Einrichtung im Museumsquartier halten, die freie Tanztheaterszene in Wien nicht
völlig ausgetrocknet wird. Wir wissen alle, dass die Finanzierung in diesem
Bereich noch reichlich ungesichert ist. Wir von den GRÜNEN pochen darauf, dass
auch diese freien Gruppen weiterhin unterstützt werden und diese vielfältige
und innovative Szene nicht nur im Tanzquartier zentralisiert wird.
Im Bereich der
unabhängigen Kulturinitiativen verweise ich zum Beispiel auf die freien Radios,
die im letzten Jahr vom Bund auf Null gekürzt wurden und die ja gerade für die
vom Kulturstadtrat Mailath so oft angesprochenen diskursiven Räume und
Öffentlichkeiten eine besonders wichtige Rolle spielen. Hier hoffen wir, dass
wir im Rahmen der rot-grünen Zusammenarbeit bald zu guten Ergebnissen kommen werden.
Aber die
unabhängigen Kulturinitiativen leiden nicht nur unter dem pawlow'schen
Sparreflex der Bundesregierung, sondern sie leiden auch unter so kleinen
Details, die uns manchmal fast lächerlich erscheinen. Ich möchte hier zum
Beispiel den Postzeitungsversandtarif ansprechen. Das ist ein Bereich, der
tatsächlich ein Problem für viele ist, die sich Öffentlichkeit verschaffen
wollen. Oder noch ein kleines Detail am Rande, aber gerade im Bereich der
alternativen Zeitungen und Zeitschriften von großer Bedeutung: die Erhöhung der
Postfachgebühren - etwas, was vielen von uns wahrscheinlich noch nicht einmal
aufgefallen ist, tatsächlich aber von großer Bedeutung ist.
Und - wir
mussten es in den letzten Tagen auch den Medien entnehmen -: In Wien werden zunehmend
die so genannten Schwarzplakatierer kriminalisiert. Jetzt kann man der Meinung
sein, dass das wirklich eine ziemliche Verschandelung des öffentlichen Stadtraums
ist. Die Frage ist allerdings: Was ist die Alternative? - Wir glauben nicht,
dass die Alternative die ist, dass kleine unabhängige Kulturinitiativen jetzt
die teuren GEWISTA-Preise zahlen können. Das halten wir für nicht wahnsinnig
zielführend und hier erwarten wir uns eine Lösung von dieser Stadtregierung.
Was natürlich
auch in so einem Flugzeug nie fehlen darf, ist das Verbandszeug. Es gibt
tatsächlich Bereiche in der Kulturpolitik, wo einiges schon fortgeschritten ist
an Diskussion und auch an Umsetzung und trotzdem immer noch Pflaster auf Wunden
zu kleben sind, weil nur noch Pflaster helfen können.
Und hier
glaube ich, dass wir ein ganz besonderes Augenmerk auf das Museumsquartier
richten müssen. Das wird ja bekanntlich in ein paar Tagen eröffnet und wir
werden hoffentlich auch alle bei der Eröffnung einigen Spaß haben. Nichtsdestotrotz
werden wir uns überlegen müssen, wie die Folgekosten dieses Museumsquartiers
finanziert werden. Und hier sehen wir eine ziemliche Herausforderung. Ich darf
jetzt nur an das Kindermuseum oder an das Kindertheater erinnern, und an das
Tanzquartier, auch an die Drittnutzer und ihre Verträge, die vier Tage vor der
Eröffnung noch immer nicht gesichert sind, und nicht zuletzt an die Debatte um
den Leseturm, das große symbolische Projekt, das nun doch oder doch nicht
verwirklicht wird, da gibt es ja sehr widersprüchliche Debatten.
Was uns
relevant erscheint, ist, dass ja tatsächlich diese Streitereien rund um das
Museumsquartier Symptome sind, Symptome einer nicht gelösten Frage, und die
heißt: Welche strategische Gesamtpositionierung wollen wir für das Museumsquartier?
Wohin soll das Museumsquartier gehen? Was wollen wir in fünf Jahren für ein
Publikum dort haben? Wie soll es sich entwickeln? - Weil diese Fragen politisch
nicht beantwortet wurden und weil in den letzten Jahren die Politik sich sehr
aus der Verantwortung gezogen hat, sind diese Fragen nicht beantwortet.
Handschuhe.
Jeder gute Pilot sollte Handschuhe mit sich tragen. In diesem Fall brauchen wir
Mehrzweckhandschuhe, nämlich einerseits samtene und andererseits solche, die dafür
sorgen, dass man sich nicht allzu sehr verbrennt.
Und damit bin
ich bei einem Punkt, der uns auch nicht unwichtig ist, nämlich die
Ausgliederung des Museums der Stadt Wien. Sie wissen alle: Am 1.1.2002 soll das
Museum der Stadt Wien in die Unabhängigkeit, wie es so schön heißt, entlassen
werden. Nur haben wir hier als GRÜNE natürlich eine durchaus differenzierte
Position. Wir sind nicht der Meinung, dass Ausgliederungen das Allheilmittel
sind. Wir glauben, dass eine Reform der Verwaltung durchaus sinnvoll ist, dass
es durchaus sinnvoll ist, das Museum der Stadt Wien aus den Zwängen der Kameralistik
zu befreien. Andererseits aber ist es natürlich so, dass die Ausgliederung,
wenn man sich die Entwicklung auf Bundesebene ansieht, durchaus auch negative
Folgen haben kann, dass der Quotendruck wächst, dass der Druck zu großen
Publikumsshows wächst und dass damit ein wichtiges weiteres Standbein, nämlich
die Forschung, die wissenschaftliche Forschung, verschwindet.
Und hier
glauben wir, dass es wichtig ist, diese Ausgliederung gut vorzubereiten. Wir
hören, dass es schon ein Gesetz gibt. Wir von der Opposition haben es noch
nicht gesehen und wir würden uns natürlich freuen, wenn wir es nicht erst am
Tag der Abstimmung präsentiert bekommen, sondern vielleicht schon vorab auch
unsere diesbezüglichen Sorgen deponieren können.
Die vier roten
Symbole, das Megafon, der Feuerlöscher, das Verbandszeug und die Handschuhe, haben
auch ein grünes an ihrer Seite, und das grüne, das ist natürlich der Sauerstoff,
den Sauerstoff, den wir nicht nur zum Atmen brauchen, sondern auch für die Zukunft,
und hier gibt es einige ganz klare grüne Forderungen noch einmal zu
präsentieren. Wir glauben nämlich, dass in Wien die Gegenwartskunst gleichberechtigt
zu den etablierten Künsten eine Chance bekommen sollte und das heißt einerseits
die Aufstockung des Wiener Film Fonds auf 200 Millionen S bis 2005.
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