«  1  »

 

Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 47 von 127

 

wirklich nichts zustande gebracht hat? (GR Dr Matthias Tschirf: Wir haben nicht den Bundeskanzler gehabt!) - Also tun Sie bitte nicht so, als ob da immer nur eine Fraktion dafür verantwortlich wäre. Und das trifft für die Schulden ganz genauso zu. Man kann sich halt von seiner Vergangenheit nicht absentieren. - Und natürlich freut es mich, jetzt mitzubekommen, dass in der sozialdemokratischen Fraktion auch eine Vergangenheitsbewältigung stattfindet, denn - das wissen wir alle - auch die Kollegen aus der sozialdemokratischen Fraktion hatten braune Flecken. Glücklicherweise gibt es die jetzt nicht mehr - so hoffe ich zumindest -, aber sie hatten sie in Hülle und Fülle, so wie auch die Freiheitliche Partei und wie auch die ÖVP.

 

Da wird nun, wie gesagt, von Restitution gesprochen, aber: Wo ist denn eigentlich - und das wäre ein symbolischer Akt der Restitution - die Forderung der Rückgabe des arisierten Bärentals? - Da hört es sich nämlich dann in der FPÖ sofort auf. So weit geht es ja doch nicht! Und damit wir nur an der Oberfläche bleiben, hoffen wir auf Bundesebene gemeinsam mit der ÖVP, dass man eben bei so einem kleinen Beispiel, wie es die Friedhöfe sind, einsparen kann, und sparen wir uns ganz einfach die Betreuung der Gräber von einer der, traurigerweise, für die österreichische Geschichte ganz wichtigen Opfer des Nationalsozialismus. Denn das waren diejenigen Menschen, die in Wien tatsächlich Widerstand geleistet haben, auf vielfältigste Weise, Menschen von vielfältigster Herkunft. Ich hoffe daher doch, dass genau diese Gräber schnellstmöglich wieder hergerichtet werden und dass so rasch wie möglich entschieden wird, dass die dem Innenministerium unterstehende Pflege doch aufrechterhalten wird.

 

Jetzt kommen wir zu einem Punkt, der heute schon ganz kurz angesprochen wurde, zur "Michael Häupl und Dr Bernhard Görg Gedächtnisstiftung" AVZ. Es ist - und bitte vergessen Sie auch das nicht, Herr Tschirf - in trauter Eintracht von ÖVP und SPÖ beschlossen worden, die Anteilsverwaltung Zentralsparkasse und das Vermögen der Anteilsverwaltung Zentralsparkasse endgültig dem Zugriff der Gemeinde Wien zu entziehen. 23 Milliarden S - wir alle wissen, dass Wien jetzt, glaube ich, ungefähr 28 Milliarden S Schulden hat - hätten, gut angelegt, jederzeit mehr gebracht, als die ausgeschüttete Dividende. Wäre nach und nach das Aktienpaket verkauft worden, wären die Schulden von Wien de facto tatsächlich null und wir hätten enormen Spielraum, um tatsächlich Wirtschaftspolitik und innovative Projekte zu fördern.

 

Das Gegenteil ist passiert - Sie wissen es, die Sozialdemokratische Fraktion weiß es - und jetzt werden jedes Jahr an die 300 Millionen S in einen Forschungstopf fließen, über den der Stiftungsvorstand entscheidet.

 

Herr Tschirf, sind Sie als ÖVP in den letzten fünf Jahren an der Stadtregierung beteiligt gewesen? (GR Dr Matthias Tschirf: Vorher war es so, dass in der AVZ überhaupt nicht ... !) Das heißt sozusagen, es war auch in Wien so wie auf Bundesebene: Sie sitzen immer in Regierungen drinnen und bewegen nichts! Oder es war für Sie nicht interessant. (GR Dr Matthias Tschirf: ... Offensichtlich sind Sie nicht imstande, mir zu folgen! Ich habe gemeint: Jetzt fließt Geld und vorher ist keines geflossen!) Nun, schauen Sie: Sie haben das Geld hergeschenkt, gemeinsam, als letzten großkoalitionären Akt. (GR Dr Matthias Tschirf: Sie verstehen es nicht!) Glauben Sie mir: Ich verstehe es besser als Sie! (Heiterkeit des StR Dr Peter Marboe.) Das ist ja die eigentliche Tragik und deshalb muss man sich ja gerade als ÖVP genieren, dass man so einem Deal zustimmt. Dass man als Wirtschaftspartei lieber darauf achtet, dass die Stiftung gut dotiert ist, als danach zu trachten, dass man das für Wien Beste macht, das ist tatsächlich sehr bedenklich und sehr traurig!

 

Ich habe vorher versprochen, es nicht zu lange zu machen, und komme daher zu meinem letzten Punkt. Damit ich mich nicht zu jedem Tagesordnungspunkt melde, bringe ich bei diesem Punkt zwei Beschlussanträge ein. In beiden geht es um BezirksrätInnentätigkeit bei vorzeitiger Alterspension. Da einer der wesentlichsten Punkte der politischen Tätigkeit immer die Frage von Beschlussfassungen über Budgets und Finanzen ist, habe ich mir gedacht, dass das genau hier wahrscheinlich passt.

 

Vielleicht kurz zur Vorgeschichte: Mit dem Sozialrechtsänderungsgesetz 1997 wurde das Teilpensionsgesetz geändert, und es wurde insofern beschlossen, dass es eine Unvereinbarkeit zwischen vorzeitiger Alterspension und einem Einkommen über der Geringfügigkeitsgrenze gibt. Dieses Gesetz wurde mit 1.1.2001 schlagend und das hat dazu geführt, dass es BezirksrätInnen, die in vorzeitiger Alterspension waren, jetzt nicht mehr möglich war, ein Mandat anzunehmen, ohne das Opfer zu bringen, ihre vorzeitige Alterspension aufzugeben beziehungsweise ihre versicherungsrechtliche Absicherung zu verlieren. Das heißt, für eine Bezirksratsentschädigung in der Höhe von rund 5 000 S möglicherweise auf wohlerworbene Rechte und Ansprüche in einer Größenordnung, die bei Frauen leider meistens nur sehr gering ist - da geht es um 6 000, 7 000 S -, bei Männern aber doch in einer Höhe von bis an die 20 000 S liegt, zu verzichten. Eine derartige Vorgehensweise schließt somit einen breiten Teil der Bevölkerung, nämlich all diejenigen, die in vorzeitiger Alterspension sind, von der wertvollen Tätigkeit einer politischen Mitarbeit in Bezirksvertretungen aus.

 

Diesbezüglich zwei Beschlussanträge:

 

Der Erste: "Der Gemeinderat spricht sich dafür aus, im Wiener Bezügegesetz Änderungen vorzunehmen, um auch Menschen in vorzeitiger Alterspension die Tätigkeit als Bezirksrat/Bezirksrätin ohne einen unverhältnismäßig hohen Verzicht auf erworbene Bezüge und versicherungsrechtliche Absicherung zu ermöglichen."

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular