Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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auch das für ganz Österreich nicht feststellbar.
Auch wenn die Bundesregierung das Wort "Opferschutz"
so gerne in den Mund nimmt, bei genauerer Betrachtung stellt sich dann leider
heraus, dass unter "Opferschutz" leider nicht die Opfer geschützt werden,
sondern, wie das jetzt in der geplanten Novellierung des Ärztegesetzes
enthalten ist, die Opfer sich eigentlich vor den Gesetzesnovellierungen, die
Sie vorbereiten, fürchten müssen. Sie wollen, dass Ärzte und Ärztinnen wieder
verpflichtet werden, anzuzeigen, wenn sie mit Fällen von familiärer Gewalt und
sexuellem Missbrauch in Berührung kommen. Alle Expertinnen und Experten dieses
Landes haben aufgeschrieen, weil es nämlich letztendlich eine Gefahr für Kinder
und für Frauen ist. Das interessiert Sie aber nicht! Sie wollen es trotzdem durchziehen.
Es interessiert Sie nicht, wie es einem Kind - man muss sich das vorstellen -,
welches Opfer von sexuellem Missbrauch geworden ist, damit geht, ob ein Kind
vielleicht auf ein Gericht vorbereitet werden muss, wo es beispielsweise gegen
den eigenen Vater aussagen soll! Das alles braucht Zeit. Da geht es einfach
nicht, dass es in ein Spital kommt, wo es engagierte Ärztinnen und Ärzte gibt,
die erkennen, dass da etwas vorliegt, was sie in Zukunft anzeigen müssen, denn
damit gibt es traumatische Erlebnisse für Kinder.
Vielleicht sollten Sie sich auch einmal die Meinung
dieser anhören, nicht nur davor warnen, sondern das würde letztendlich zum
Beispiel auch für Wien heißen, dass es unsere tollen Kinderschutzgruppen, die
wir mittlerweile in Wien beispielhaft für ganz Österreich eingerichtet haben,
dann nicht mehr geben wird. Weil wenn die Anzeigepflicht kommt, sterben damit
auch die Kinderschutzgruppen in den Wiener Spitälern.
Ich möchte wirklich an Sie und Ihre Parteikolleginnen
und -kollegen appellieren, sich diesem Thema noch einmal zuzuwenden, sich das
genau anzuschauen, weil wenn das kommt, ist das furchtbar für die Opfer,
furchtbar für die Kinder und furchtbar für die Frauen. (Beifall bei der
SPÖ.)
Noch kurz zu den Kollegen Serles, Kabas und Tschirf:
Sie alle - vor allem die Kollegen der FPÖ - haben davon gesprochen, und dies
etwas zynisch, dass Sie einen Belastungsstopp fordern. Wenn man sich die
neuesten Daten anschaut, kann einem das nur zynisch vorkommen. Es sind nicht
wir, Kollege Serles, die sich zu entschuldigen haben, sondern wenn, dann
müssten Sie das tun, nämlich bei den Wählerinnen und Wählern, dass nämlich das,
was Sie versprochen haben, nicht eintritt, sondern das Gegenteil der Fall ist.
Wenn Kollege Kabas einen Belastungsstopp in Wien fordert,
dann darf ich Sie nur bitten, ein paar 100 Meter weiterzugehen und dort
diesen Belastungsstopp irgendwie einzufordern, denn während wir hier den
Rechnungsabschluss vorlegen, wo kein Sozialabbau stattfindet, greifen Ihre
Parteikolleginnen und –kollegen dort drüben dem kleinen Mann und der kleinen
Frau - die zwar in Ihren Reden nie vorkommen -, in die Tasche, denn Belastungen
gibt es gerade für jene.
Sie alle haben uns heute vorgeworfen, das sind quasi
unsere Zahlen, aber gerade in den letzten Tagen sind das nicht nur unsere
Zahlen, sondern vor allem die Wirtschaftsforscher haben einiges aufgezeigt. Ich
habe eine Kurve mitgebracht, weil Sie immer vom Wirtschaftswachstum reden. (Die Rednerin zeigt eine Karte her.) Das
Wirtschaftswachstum schaut leider derzeit so aus, nämlich tief nach unten. Das
ist das Ergebnis Ihrer Politik in den letzten Monaten. (GR Dr Matthias Tschirf: Haben Sie sich das deutsche schon angeschaut,
was der Schröder macht?) Ich rede von Österreich und das ist das
österreichische. (GR Dr Matthias Tschirf:
Aber eine Beeinflussung gibt es dabei!) Ich weiß nicht, ob Sie das
österreichische nicht genauso interessieren soll wie das deutsche, aber Sie
haben Recht, es sind natürlich auch Einflüsse von außen, aus Übersee, aus
Deutschland - das wurde alles schon erwähnt -, aber leider nicht nur das, weil
auch hier kann mehr sehr wohl Politik national gestalten, sodass zumindest
Dinge abgefedert werden, denn das ist auch hausgemacht.
Ich zitiere jetzt einen Wirtschaftsforscher, der
meint, speziell für Österreich kommen hausgemachte Faktoren hinzu, also von der
Bundesregierung beschlossene Gebührenerhöhungen, zuletzt die eingeführten
Ambulanzgebühren: "Im März ächzte Österreichs Wirtschaft daher unter einer
Inflationsrate von 3,4 Prozent im Jahresvergleich und das nimmt nämlich
der Wirtschaft Kaufkraft weg." - Also, es sind nicht die
sozialdemokratischen Abgeordneten, die sich Zahlen ausdenken, sondern wir haben
es Schwarz auf Weiß hier vorliegen, die Talfahrt der österreichischen Wirtschaft.
Keine Investitionspolitik heißt letztendlich mehr
Arbeitslose in diesem Land. Auch die künftigen Arbeitsmarktstatistiken werden
leider wieder negative Aspekte aufzeigen. All die Investitionspolitik der letzten
Jahre, wo man wieder eine Trendwende am Arbeitsmarkt herbeiführen konnte, wird
sich wieder umdrehen. Wien ist anders, das kann uns noch freuen. Ich hoffe,
dass wir es auch in Zukunft schaffen, wobei ich auch hoffe, dass diese Wende
auf Bundesebene nicht mehr allzu lange dauern wird. Ich weiß nicht, was der
Herr Kollege Serles mit seiner Ankündigung gemeint hat, dass wir uns mitten im
Wahlkampf befinden. Ich dachte, eigentlich liegen die Wahlen knapp hinter uns,
aber vielleicht wissen Sie mehr als ich. Wie gesagt, wir hoffen es auch für die
Wienerinnen und Wiener, dass die Belastungslawine der Bundesregierung nicht
mehr allzu lange dauern wird.
Wir sind anders. Das haben wir nicht nur im Rechnungsabschluss
bewiesen, das haben uns auch der Rechnungshof und letztendlich die Wählerinnen
und Wähler bei der letzten Wiener Wahl attestiert.
Wir haben gerade Zeugnisverteilung. Viele Schülerinnen und
Schüler werden in den nächsten Wochen ihre Zeugnisse bekommen. Ich denke, die
Kurve zeigt,
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