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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 127

 

wurde und nun vorsieht, dass militärische Organe an Gebietskörperschaften herantreten und personenbezogene Auskünfte verlangen können und dass die Gemeinden dazu verhalten werden, Falschurkunden herzustellen. Bislang habe ich mich immer gefragt: Was unterscheidet eigentlich den Staat in seinem Vorgehen von herkömmlichen Kriminellen? - Ich habe mir gedacht: Ja, der Staat muss sich einfach legaler Mittel bedienen. Egal, komme was da wolle, der Staat darf Gesetze nicht übertreten. Aber dass dann der Staat herkommt und sich die Gesetze so zurecht biegt, dass das, was er macht, keine Übertretung ist, das für jeden anderen aber strikt verboten wäre, ist für mich ein klarer Verstoß gegen eine Auffassung, dass wir eigentlich gemeinsam in einem Staat leben sollten, wo sich der Staat nicht an strafbaren Handlungen beteiligen sollte und wo es ein Legalitätsprinzip gibt, welches bewusst eingehalten werden sollte.

 

In diesem Sinne wird mittels Beschlussantrags die Wiener Landesregierung vom Gemeinderat ersucht, betreffend Militärbefugnisgesetz alle möglichen Schritte zu unternehmen, um eine Aufhebung dieses Gesetzes zu erreichen. Dies betrifft insbesondere diejenigen Paragraphen, welche Gemeinden dazu verpflichten, für nachrichtendienstliche Ermittlungen Auskünfte zu erteilen beziehungsweise Falschurkunden herzustellen. Der Magistrat der Stadt Wien wird angewiesen, im Individualfall alle rechtlich zulässigen Möglichkeiten zur Verweigerung der Auskunftserteilung unter Ausstellung von Falschurkunden auszunutzen, insbesondere ist in jedem Einzelfall umfangreich zu prüfen, ob ein Verweigerungsgrund gemäß § 22 Abs. 2 Militärbefugnisgesetz vorliegt.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrags.

 

Es ist so, dass es glücklicherweise schon einige Gemeinden gibt, die hier von diesem Verweigerungsrecht Gebrauch gemacht haben, zum Beispiel Purkersdorf mit einem Bgm Schlögl, zum Beispiel Gloggnitz und Neunkirchen, und auch die Bundesvertretung der österreichischen Hochschülerschaft. Es bleibt zu hoffen, dass morgen, wenn insgesamt abgestimmt wird, aus dem Wiener Gemeinderat bezüglich Militärbefugnisgesetz ein deutliches Zeichen an die Bundesregierung kommt, dass es nicht geht, dass man demokratische Grundrechte insgesamt gesehen mit den Füßen tritt. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GR Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr GR Dr Tschirf gemeldet. Ich erteile ihm das Wort:

 

GR Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Gegenstand ist der Rechnungsabschluss für das Verwaltungsjahr 2000. Es ist ein Verwaltungsjahr, in dem doch noch einige bemerkenswerte Leistungen gesetzt wurden. Leistungen, die uns dazu veranlassen, diesem Rechnungsabschluss zuzustimmen. Der Schuldenstand der Stadt Wien konnte gesenkt werden. In Wien wurden einige wirtschaftspolitische Impulse gesetzt, die aus einer doch ziemlich verschlafenen Situation eine wieder pulsierende Industriestadt gemacht haben. Ich sage nur als Beispiele Clusterbildung im Bereich Biotechnologie oder im Bereich Telekommunikation. Hier ist einiges geschehen und das trägt auch die Handschrift der Regierungsmitglieder der Österreichischen Volkspartei in dieser letzten Regierungsperiode. Der U-Bahn-Bau wurde weiter durchgezogen. Es kam im Bereich der Kultur zu einem offenen Dialog, der festgezurrte parteipolitische Netzwerke ablöste. Die Kulturszene bekam mehr Geld, was in einer Zeit, in der in ganz Europa gespart wird, nicht selbstverständlich ist.

 

In der Frage der Geschäftsordnung hat sich auch einiges getan. Es wurden eben neue Instrumente für Wien geschaffen, etwa Untersuchungsausschüsse auch für Minderheiten, etwa Rechnungshofkontrolle, Kontrollamtskontrolle, alles auch durch Minderheiten. Es ist einiges gelungen, wenn es auch nicht möglich war, alles durchzusetzen. So hätten wir uns mehr Wettbewerb vorgestellt. Dass tatsächlich in der Frage der Stadtwerke, wo mit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft ein erster Schritt erfolgt ist, der zweite auch gesetzt werden hätte können, indem durch Privatisierungen, durch Verschränkungen diese Unternehmen so fit gemacht worden wären, dass sie tatsächlich am freien Markt bestehen können. Und wir hätten uns auch vorstellen können, dass hier in Wien ganz andere Impulse im Bereich der Arbeitsmarktsituation gesetzt werden können.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten heute, jetzt, zu diesem Zeitpunkt tatsächlich auch darüber nachdenken: Was ist jetzt geschehen und wie wird sich das jetzt weiterentwickeln, weiter hin zum nächsten Budget, weiter in diesen nächsten fünf Jahren? - Drei Monate, nachdem die SPÖ wieder die absolute Mehrheit in diesem Haus errungen hat, drei Monate, nachdem am Wahlabend von Demut die Rede war, zeigt sich etwas ganz anderes. Kritischer Geist wird abgelöst. Der Stadtschulratspräsident Scholz, der halt einer dieser kritischen Geister ist, musste gehen. Oder: Wie mit der Opposition umgegangen wird, haben wir vor kurzem im Kulturausschuss erlebt, wo kurzfristig etwas auf die Tagesordnung gesetzt wurde, was doch einer eingehenden Diskussion bedurft hätte. Oder: Wie der Stil ist, habe ich erst heute gemerkt. Uns liegt der Kunst- und Kulturbericht der Stadt Wien für das Jahr 2000 vor, in dem ein Vorwort geschrieben ist. Wenn man es durchliest, erkennt man, dass es die Sprache des Peter Marboe ist, und was geschieht am Schluss? - Am Schluss wird einfach der Name des Stadtrats weggelöscht und es wird einfach der neue Name hinzugeschrieben.

 

Das erinnert mich irgendwie daran, dass ich vor kurzem einen Bericht über die Russische Revolution im Fernsehen gesehen habe, wo auch immer wieder ein Bild nach dem anderen verschwunden ist. Ist das der Stil, in dem in diesem Haus vorgegangen wird? (Beifall

 

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