Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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und Studentinnen im
Zusammenhang mit der Einführung der Studiengebühren, ist genau das Gegenteil
dessen, was notwendig wäre. Denn wir haben einen Arbeitsmarkt, der nach wie vor
so aussieht, dass die, die über gute Ausbildungen verfügen, rar und knapp sind
und sich in vielen Bereichen - nicht nur im IT-Bereich - die Jobs aussuchen
können. Hier haben wir Arbeitskräftemangel. Dagegen haben wir nach wie vor in
jenen Bereichen, in denen keine guten Ausbildungen möglich waren, eine große Arbeitslosigkeit,
die, wie Sie richtig gesagt haben, wieder ansteigt.
Das ist die
Situation und da kann es nur eine Lösung geben: Investitionen in den
Bildungsbereich, in flexible, moderne Ausbildungsmöglichkeiten - und nicht Kürzungen!
Und das ist
der Vorwurf, den meine Kollegin Jerusalem immer wieder erhebt und auch in
dieser Debatte erheben wird. Hier hat auch Wien eine Verantwortung! Es ist zu
Kürzungen gekommen - Kürzungen, die zu Lasten der Kinder gehen, und hier hat
Wien eine Verantwortung, klare Signale auszusenden. Wenn es wirklich so wichtig
ist, wie betont wird - auch vom Bürgermeister -, dann gilt es auch dort, zumal
Wien - und da hat StR Rieder Recht - im Verhältnis zu vielen anderen Städten,
insbesondere deutschen Städten, finanziell sehr gut dasteht, klare Signale zu
setzen - wobei natürlich der Vergleich mit Berlin ein bisschen unfair ist, wenn
man die Situation Berlins kennt - und ich glaube, ich muss Ihnen, Herr StR
Rieder, diese nicht schildern -, wie das in den letzten Jahrzehnten war und
welch riesige Summen aus Bundesmitteln jetzt ausgefallen sind, und, und, und. (Bgm Dr Michael Häupl: Trotzdem haben sie
16 000 jugendliche Arbeitslose und Wien 400 - und zwar zu einer Zeit, wo
die Bundesmittel geflossen sind!) Ja, ich bin auch gar nicht der, der sagt,
dass in Wien nichts geschehen ist. Die Frage ist nur, ob in Zeiten, in denen
die Konjunkturentwicklung so ist, wie sie richtig beschrieben wird - und auch
Sie betonen ja richtigerweise immer wieder, dass hier investiert werden muss -,
Kürzungen, die zu Lasten der Kinder gehen, vorgenommen werden müssen. Es sind
dies Kürzungen, die nicht in Wien erfunden wurden, sondern die erfunden wurden
von einer Bundesregierung, der andere Dinge wichtiger sind.
25 Milliarden S und mehr für Abfangjäger auszugeben, scheint wichtig
zu sein. Im Bildungsbereich, im Universitätsbereich hingegen ist das Geld nicht
da. Diese Groteske muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Sogar
die "Kronen-Zeitung" hat irgendwie einmal festgestellt: Hallo, das
geht irgendwie nicht zusammen! - Vielleicht sollte wenigstens das der FPÖ und
der ÖVP zu denken geben und sie davon überzeugen, dass hier in Wien jedenfalls
auch investiert werden muss und investiert werden kann. Wir werden nicht hinnehmen,
dass auf dem Rücken der Kinder erklärt wird: Hallo, das ist die Kompetenz des
Bundes und das ist Landessache - sondern werden einfordern, dass in den
Bereichen, die unstrittig das Zentrum sind, Wien auch seine Verantwortung wahrnimmt.
(Beifall bei den GRÜNEN.)
Der nächste
Bereich, auf den ich eingehen möchte, ist der gesamte Bereich des
Klimaschutzes. In einer gewissen zynischen Art bin ich ja dem Präsidenten Bush
fast dankbar, dass er das sperrige, spröde Thema Klimaschutz wieder auf die
Top-Agenda gesetzt hat. Auch in diesem Bereich gibt es im europäischen und im
österreichischen Kontext sehr viel Verlogenheit. Sehr viele europäische Länder
kritisieren Bush zu Recht, wenn er sagt, wir Amerikaner wollen Kyoto nicht
einhalten.
Aber wie ist
die Situation in Österreich und wie ist die Situation in Europa? - Es passiert
im Grunde in Österreich genau das Gleiche wie in den USA, dass nämlich die CO2-Emissionen
steigen. Wir bekennen uns zwar toll zu Kyoto, aber in wenigen europäischen
Ländern sind die CO2-Emissionen so stark gestiegen wie in
Österreich. Haben wir eine rationale Klimaschutzpolitik auf Bundesebene? -
Nein. Gibt es irgendwelche Anreize, damit die CO2-Emissionen zurückgehen?
- Nein. Was haben wir in Wien? - Ein durchaus sehr ambitioniertes Klimaschutzprogramm,
das auf eine Kleinigkeit wartet: darauf, dass es umgesetzt wird. Und da bin ich
sehr froh, dass bei dem damaligen Beschluss alle Parteien mit Ausnahmen der FPÖ
- auch die ÖVP! - zugestimmt haben, dass dieser Bereich als Kernbereich
Wirtschaft, Technologie und umweltpolitische Innovation gesehen werden kann.
Wenn jetzt intensiv die Neugestaltung oder Umrüstung eines kalorischen
Kraftwerks auf CO2-neutrale Biomasse diskutiert wird, wenn die
großen Programme von Contracting über Wärmedämmung endlich umgesetzt werden und
auch hiefür das Geld bereitgestellt wird in einer Stadt, der es wirtschaftlich
sehr gut geht, wie VBgm Rieder richtig gesagt hat, kann ich nur sagen: Fangen
wir in diesem Bereich an und nehmen wir Klimaschutz so ernst, wie es auch in
den verbalen Bekenntnissen immer rüberkommt - denn auf der Ebene der Äußerungen
hier am Rednerpult ist das ja unstrittig.
Als letzten
Bereich möchte ich noch kurz auf den Kulturbereich eingehen. Ich möchte auch
diesen bewusst in der Generaldebatte ansprechen und noch einmal betonen, welche
Möglichkeiten Wien hätte, wenn auch unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten
Zukunftsbereichen wie Film, wie Musical, wie zeitgenössische Musik jener Rahmen
gegeben würde, dass Künstlerinnen und Künstler sich betätigen können und auch
in manchen Bereichen wirtschaftlich erfolgreich sind. Hier ist Österreich trotz
nicht vorhandener Politik erfolgreich. Wie erfolgreich könnte man erst bei
Vorhandensein entsprechender Rahmenbedingungen sein! Ich nenne hier
insbesondere den Bereich Musik und Film, wo wir zwar auf Kongressen und
Festivals Preise erringen, wirtschaftspolitisch das aber keine Rolle spielt -
leider! -, während Deutschland zeigt, dass es ein wirtschaftspolitischer Kernbereich
ist.
Abschließend möchte
ich, weil Kollege Tschirf das
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