Gemeinderat,
3. Sitzung vom 25.6.2001, Wörtliches Protokoll
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Diskussion, die wir
in Bezug auf den Vertrag mit den öffentlichen Linien geführt haben, extra diese
Graphik mitgenommen: Wenn man 1991 mit 2001 vergleicht, dann ist der Parkschein
durch die Euro-Anpassung um 8 Prozent billiger geworden. Der allgemeine
Verbraucherpreisindex ist um 25 Prozent gestiegen. Der Einzelfahrschein
ist um 35 Prozent gestiegen, ohne dass wir eine Erhöhung der
"Öffis" haben. Ich nehme als Beispiel ein Ticket, das vielleicht
Touristen interessiert, das 72-Stunden-Ticket: Dieses ist gar um
47 Prozent gestiegen! Also, alle "Öffi"-Tarife sind in den
letzten zehn Jahren stärker angewachsen, als die allgemeine Inflationsrate. Da
ist es schon interessant, ob es jetzt zu einer Erhöhung kommt, ob die Erhöhungen
von 50 oder 70 Prozent bei den "Öffis" kommen oder nicht kommen.
Es ist sehr wohl interessant, wenn wir in den nächsten Wochen im Finanzausschuss
möglicherweise einen sehr wichtigen Beschluss fassen, der erstmals eine
Beauftragung, einen Vertrag zwischen der Stadt Wien und den WIENER LINIEN vorsieht,
in dem es immerhin darum geht - ich beziehe mich auf den Entwurf, so wie er
jetzt aussieht und auch diskutiert wird -, dass die WIENER LINIEN auf, nach
derzeitigem Stand, acht Jahre - so steht es im Vertrag -
4 Milliarden S jährlich erhalten sollen, also jedenfalls
32 Milliarden S. So sieht es der derzeitige Entwurf vor, wobei Herr
StR Rieder gesagt hat, er möchte sich das noch einmal überlegen, er wird darüber
nachdenken, welche Möglichkeiten es da gibt, dass die WIENER LINIEN ihrerseits
berechtigt sind, im – ich zitiere - "betriebswirtschaftlich notwendigen
Ausmaß 'Öffi'-Tarif-Erhöhungen vorzunehmen".
Dazu kann ich nur sagen: So einen Vertrag
würde ich mir auch wünschen! Ich bin Monopolbetrieb, bekomme
32 Milliarden S von der Stadt in einem Zeitraum von acht Jahren - und
um diesen Betrag sind nicht Infrastrukturinvestitionen von noch einmal
1,5 Milliarden S vorgesehen - und kann im betriebswirtschaftlich
notwendigen Ausmaß Tarife erhöhen! - Und dann sagt der Herr Bürgermeister:
Bitte, kritisiert doch nicht uns dafür, dass das so stark steigt! Bitte, da
sind der Herr Grois und der Herr Skyba und die Aufsichtsräte dafür
verantwortlich. - Die Aufsichtsräte der Wiener Stadtwerke, die hier sicherlich
allen bekannt sind, sind hochpolitische Funktionen!
So
geht das nicht! Diese Diskussion finde ich wichtig und man sollte sie auch im
allgemeinen Kontext sehen. Weil das keine geheimnisvolle Sitzung war, kann ich
durchaus ein bisschen daraus erzählen:
Der Herr
Stadtrat hat gesagt - und das leuchtet auf den ersten Blick ja durchaus ein -:
Bitte, wir wollen nicht, dass es zu Rückverlagerungen kommt, weil wir dann den
Stabilitätspakt und die Stabilitätskriterien im Maastricht-Bereich nicht
einhalten können.
Aber da muss
ich schon nach der allgemeinen Bedeutung der Wirtschaftspolitik der Stadt Wien
fragen, wenn auch für den Sozialdemokraten Rieder der zentrale Stern die
Maastricht-Kriterien sind und man dann vielleicht sogar so weit geht, dass man
sagt: Bitte, wir müssen das einhalten, Tariferhöhungen dürfen und können wir
nicht mehr beeinflussen. - Ist es schon so weit gekommen, dass man in
wesentlichen Bereichen der Stadt einen solchen Standpunkt einnimmt? - Und ich
sage noch einmal: Wenn etwas die Wiener Bevölkerung zu Recht interessiert, dann
sind das die Fragen: Was kostet der Straßenbahnfahrschein? Was kostet die
Jahreskarte? Wo fahren welche Linien? - Dieses Interesse geht bis hin zu
Details wie der Frage - ich erinnere an die Diskussion, bei der es darum ging;
aber bei Pressekonferenzen ist sicherlich auch der Herr Bürgermeister selbst
schon danach gefragt worden -, ob jetzt der Aufzug bei der U-Bahn-Station in
der Taubstummengasse in der Mitte oder auf der Seite ist. (Berichterstatter VBgm Dr Sepp Rieder: In der Mitte!) Das sind
Fragen, die dort im lokalen Bereich von maßgeblichem Interesse sind. Die
Antwort darauf kann einfach nicht darin bestehen, dass man sagt: Bitte wir
haben ein ausgegliedertes Unternehmen, das ist eine autonome Entscheidung im
Rahmen von allgemeinen Richtlinien auf Basis eines bisher 17-seitigen Vertrags,
wonach die einzige Beauftragung darin besteht, dass die Linien, die es in Wien
gibt, aufgezählt werden; aber so eine Frage wie zum Beispiel - und ich nenne
das jetzt bewusst in der wirtschaftspolitischen Generaldebatte, nicht um hier
die Verkehrsdebatte vorwegzunehmen -, ob eine Linie 5 jetzt am Abend oder
in der Nacht fährt oder nicht, das ist eben eine Entscheidung eines
ausgegliederten Unternehmens; darauf haben wir keinen Einfluss und auf die
Tarife auch nicht. - Das ist eine Politik, die aus unserer Sicht so grundsätzlich
nicht geht!
Es wird darum
gehen - und ich nenne das jetzt hier, weil es vielleicht eine der
wesentlichsten Entscheidungen der nächsten Wochen sein wird, wenn der
Finanzausschuss in seiner Sommersitzung diese Ausgliederung beziehungsweise
diese Beauftragung des ausgegliederten Unternehmens diskutiert -, dass erstens
eine - lassen Sie es mich weich sagen - Mitgestaltungsmöglichkeit bei den
Tarifen der Stadt Wien erhalten bleiben muss. Und zweitens: Die wesentlichsten
Eckpunkte der Qualitäten des öffentlichen Verkehrs sind nicht eine Frage der
Maastricht-Kriterien, sondern sie sind eine kommunalpolitische Aufgabe. Deshalb
nenne ich das hier als Allererstes, und ich erwarte mir auch, dass in Bezug auf
die Tariferhöhungen des öffentlichen Verkehrs vom Stadtrat noch klare Aussagen
getätigt werden.
Ein zweiter Bereich,
der auch sehr wesentlich ist und der leider in der öffentlichen Debatte derzeit
keine Rolle spielt, betrifft die desaströse Situation der österreichischen
Energiewirtschaft, konkret: der österreichischen Stromwirtschaft. Wir haben das
hier schon Dutzende Male diskutiert: Durch einen - und ich sage es bewusst -
idiotischen Föderalismus ist es bisher nicht gelungen, zu einer Kooperation der
Elektrizitätswirtschaftsunternehmen Verbund, WIENSTROM, EVN, KELAG, BEWAG zu
kommen, sondern es treten internationale Großkonzerne wie die RWE oder die EdF
auf
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