Gemeinderat,
2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll
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wollen, die Hand zu erheben. - Dieser Antrag ist einstimmig angenommen.
Wir kommen jetzt zur
Abstimmung über den Beschluss- und Resolutionsantrag der GRÜNEN, betreffend Sicherstellung
der kulturellen Vielfalt im Museumsquartier.
Wer sich dafür ausspricht, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. -
Das ist mit Mehrheit angenommen.
Es gelangt nunmehr die Postnummer 28 (PrZ 39/01-M07) der Tagesordnung
zur Verhandlung. Sie betrifft eine Subvention an den Wiener Film Fonds.
Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GR Elisabeth Vitouch, die
Verhandlung einzuleiten. - Bitte.
Berichterstatterin GR Elisabeth Vitouch:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Ich ersuche um Zustimmung zu diesem Akt.
Vorsitzender GR Günther Reiter:
Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich
erteile es ihm.
GR Mag Christoph Chorherr
(Grüner Klub im Rathaus): Herr Vorsitzender!
Meine Damen und Herren! Herr Kulturstadtrat!
Es wurde heute schon einige Male angesprochen: Es ist in diesen Tagen
besonders schön, über den österreichischen Film zu sprechen, weil es für alle
Filminteressierten, die zwar gewusst haben, dass es sehr qualitätsvolle, auch
international organisierte Produktionen gibt, schon überraschend war, wie groß
die Zustimmung in Cannes für Michael Hanekes Film war. Und gerade weil dort so
ein internationaler Erfolg gegeben ist, sollten wir uns ein bisschen genauer
mit der Stellung des Films in Österreich auseinander setzen, denn die
Rahmenbedingungen sind schlecht.
Die Pressekonferenzen und Auseinandersetzungen der letzten Monate und Jahre
und auch Publikationen haben gezeigt, dass dem Film in kaum einem anderen
europäischen Land so wenig öffentliche Unterstützung und so wenig
Rahmenbedingungen gegeben werden, wie bei uns, insbesondere wird dem
Zusammenhang zwischen Wirtschaftspolitik und Filmpolitik, der zum Beispiel in
Deutschland ganz klar erkannt wurde, nicht Rechnung getragen. Insofern muss man
leider sagen, dass dieser tolle Erfolg von Haneke nicht wegen der
österreichischen Politik, sondern trotz österreichischer Politik gelungen ist,
wiewohl ich der Korrektheit halber durchaus sagen möchte, dass die Position,
die Wien in den letzten Jahren hier eingenommen hat, durchaus eine abweichende
war, denn hier sind die vielen Förderungen aufgestockt worden. Ich stehe auch
nicht an, hier noch einmal den ehemaligen Kulturstadtrat Marboe durchaus
positiv zu erwähnen, der sich sehr bemüht hat, diesem widrigen Klima für den
gesamten Film in Österreich entsprechend gegenzusteuern.
Ich mache nur eine Kleinigkeit Richtung FPÖ, ich tue es selten, aber man
soll nicht alle Aussagen vergessen. Ich zitiere die heute abwesende
Kultursprecherin der FPÖ, die zum Thema "Der österreichische Film liegt im
Koma" - sie hat damit Haneke gemeint - gesagt hat: "Belichtetes
Celluloid macht noch keinen Film und wirtschaftliche Misserfolge legitimieren
diese Produkte noch lange nicht als Kunst. Es gibt nur zwei Arten von Filmen:
Erfolgreiche und erfolglose", so Unterreiner. Dann sagte sie in Richtung
Haneke: "Wer zwei Flops produziert, soll nach hinten gereiht werden. Diese
Art der Qualitätsüberprüfung ist die einzig objektive Kontrolle. So kann es
nicht passieren, dass Haneke-Filme, die nach spätestens zwei Tagen wegen
Desinteresse des Publikums abgesetzt werden müssen, regelmäßig gefördert
werden."
Wir sollten das nicht vergessen, wenn Frau Unterreiner wieder da
herauskommt und kulturpolitisch und filmpolitisch tätig ist!
Es ist heute, glaube ich, niemand von der FPÖ gemeldet. Das ist gut so und
zeigt einen gewissen ersten Schritt, Dinge zu lernen. Man kann aber auch einmal
nach Cannes fahren! (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Ich möchte ein bisschen auch in Richtung ÖVP - und jetzt nicht in Richtung
Marboe, sondern weil, glaube ich, nach mir der Herr Salcher spricht - schon
fragen, wieso eine durchaus breiter erkannte Notwendigkeit des österreichischen
Films - und ich sage es noch einmal in diese Richtung - maßgeblich auch
unterstützt wurde, nämlich vom Herrn Marboe und auch von der ÖVP, und warum so
gänzlich konträr unter einem schwarzen Kanzler und dem schwarzen Kunstminister
mit dem Film umgegangen wurde? - Da wurde im Bereich des ÖFI drastisch gekürzt,
und ich erspare Ihnen jetzt, weil Sie das ja wissen, Kollege Salcher, die
Ausführungen von Filmproduzenten, die sich bei Morak anstellen, wenn sie
überhaupt dorthin kommen und quasi demütig etwas argumentieren müssen, das kulturpolitisch
aber auch wirtschaftspolitisch auf der Hand liegt.
Jetzt möchte ich hier nur eine einzige wirtschaftspolitische Argumentation
bringen. Hier habe ich vor mir eine Auswertung der wirtschaftspolitischen
Effekte von vier Haneke-Produktionen in Wien liegen:
Für die vier Produktionen
"Die 71 Fragmente der Chronologie des Zufalls" 1993,
"Das Schloss" 1995, "Funnygame" 1996 und
"Die Klavierspielerin" 2000, alle von der Wega-Film produziert,
wurden Wirtschaftsförderungsfondsmittel in der Höhe von 25 Millionen S
gegeben und allein die direkten wirtschaftspolitischen Wien-Effekte - also gar
nicht mit einem Multiplikator im nachhinein gerechnet - sind bei
53 Millionen, also bei mehr als dem Doppelten, gelegen! Wenn es schon
keinen kulturpolitischen Grund gibt - auf den komme ich aber dann noch -, dann
gibt es relevante wirtschaftspolitische Dinge, dass man neben vielem anderen -
Fleischerförderungen, die schon notwendig sind, Rauchfangkehrerförderungen,
alles notwendige Dinge -, wo die Wiener Wirtschaftskammer da herauskommt und
gelegentlich durchaus richtig argumentiert, auch sagt: "Hallo, auch Film
hat etwas Wirtschaftspolitisches und sollte aus diesem Grund unterstützt
werden."
Darum würde ich mir jetzt in einer ersten Conclusio
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