Gemeinderat,
2. Sitzung vom 23.5.2001, Wörtliches Protokoll
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holt und damit quasi
eine virtuelle Gegenregierung macht. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht
vorstellen, dass es so sein kann. Das ist nicht die Mission für Public Netbase
gewesen und es ist auch nicht für die Kunsthalle der wesentliche Auftrag. (Zwischenruf
des GR Günter Kenesei.)
Lieber Kollege
Kenesei! Wenn Sie wirklich ehrlich der Auffassung sind, dass es die wesentliche
Aufgabe einer Kulturinstitution ist, Parteipolitik zu machen, und zwar die
Ihrer eigenen Partei, nämlich die der grünen Partei, und nichts anderes, wenn
das Ihr Verständnis von Kulturpolitik ist, dann bin ich sehr froh darüber, dass
Sie nicht im Kulturausschuss sitzen. (Beifall
bei der ÖVP. - GR Günter Kenesei: Was ist mit dem Verein "Zukunft
Wien"?) Über den Verein "Zukunft Wien" können wir heute
gerne diskutieren, ich bin bestens auch darauf vorbereitet. Offensichtlich
macht er aber keine Parteipolitik, weil sonst würde nicht ein neuer Stadtrat,
der bekannterweise den Sozialdemokraten angehört, einen ÖVP-parteipolitischen
Verein weiterführen. Also, ich glaube, soviel Machtverständnis und soviel
politische Intelligenz trauen Sie den Sozialdemokraten hoffentlich schon zu.
Ich möchte
noch zur Kunsthalle ein paar Worte sagen. Das Entscheidende kann also nicht
sein, dass Teile des Museumsquartiers die Aufgabe einer politischen Opposition
erfüllen. Das ist auch keine gescheite Positionierung, sage ich sehr klar. Die
Zufriedenheit mit der Bundesregierung ist zwar eine sehr große, aber es kann
durchaus einmal in den nächsten 10, 15, 20 Jahren eine andere
Bundesregierung geben. Was ist denn dann mit all den Institutionen, die jetzt
als ihre Hauptaufgabe den Kampf gegen die blau-schwarze Bundesregierung sehen?
Was ist denn dann mit denen? Schließen sie dann alle mangels eines Gegners?
Oder werden sie dann zur Propagandainstitution einer anderen, vielleicht einer
rot-grünen Regierung? - Das ist doch nicht gescheit. Das kann doch nicht der
Sinn einer Kulturinitiative sein, sich selbst von einer Bundesregierung und dem
Kampf gegen eine spezifische Bundesregierung abhängig zu machen. Das führt sich
doch alles ad absurdum.
Was ist die
Aufgabe der Kunsthalle? - Die Aufgabe der Kunsthalle ist es selbstverständlich,
moderne, zeitgenössische Kunst in einer Art und Weise in diese Stadt zu
bringen, wo es für neue Zielgruppen interessant ist, provokative Kunst
innerhalb der Räume dort zu machen. Aber das sage ich auch sehr deutlich: Ein
bissel habe ich den Eindruck, dass hier schon die Letztphase des Peymann vor
sich geht, der Großartiges am Burgtheater am Beginn geleistet hat; am Schluss
hat der Skandal leider dann meistens eher in den Interviews und nicht mehr auf
der Bühne des Burgtheaters stattgefunden. Und ich wünsche mir bei der
Kunsthalle, dass die Aufregung, die Empörung, die Spannung, die Dramatik in der
Kunsthalle stattfindet, aber bitte nicht unbedingt nur in sehr provokanten Interviews
außerhalb. Das ist sicher nicht die Art und Weise von zeitgenössischer
Kulturpolitik, wie wir uns das alle wünschen.
Was wir uns
wünschen, ist zweifelsohne ein spannendes Museumsquartier, in dem es eine tolle
Auseinandersetzung gibt zwischen Zeitgenössischem, zwischen Tradition, zwischen
Moderne, wo die Künstler große Möglichkeiten haben, sich neu zu präsentieren.
Was wir nicht
wollen, ist, jetzt eine Nutzung festzuschreiben für die nächsten
100 Jahre, an der sich nichts ändern kann, egal, was auf der Welt passiert
und welche neuen Entwicklungen es gibt. Wir wollen ja offen sein dafür, dass
auch neue Dinge kommen und dass auch neue Initiativen dort Einzug halten. Ich
sage einmal dazu: Ich halte es auch nicht für gescheit, dass wir die gesamte
Debatte über das Museumsquartier auf 5 Prozent der Nutzung reduzieren. Wir
sollten das Gesamte sehen, wir sollten es als etwas Positives sehen und es nach
außen transportieren.
Und ich sage
es ganz ehrlich: Ich habe auch kein Problem damit, wenn der eine oder andere
neue Tourist in diese Stadt kommt, angelockt durch das Museumsquartier. Wir
freuen uns über jeden Touristen. Ich sehe das nicht als etwas Negatives, ich
sehe das als etwas Positives, wenn sie zu uns kommen.
Ich gebe zu,
wahrscheinlich stimme ich mit Ihnen sehr überein, was die architektonische
Qualität betrifft, das ist gar keine Frage, aber eines muss man auch sehen -
weil Sie ja das Guggenheim-Museum in Bilbao genannt haben -: Das Tolle ist,
Wien ist halt insgesamt Gott sei Dank eine sehr, sehr spannende Stadt, in der
es sehr viele interessante Gebäude gibt. Daher freuen wir uns darüber, dass wir
eine zusätzliche Attraktion haben, warum möglichst viele Leute,
Kunstinteressierte und an der Stadt Wien Interessierte in Zukunft in diese
Stadt kommen werden. Ich bin mir auch ganz sicher, dass es tagtäglich für die
Wienerinnen und Wiener genug Anreiz geben wird, in dieses tolle neue
Museumsquartier zu gehen, und darüber sollten wir uns freuen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender
GR Günther Reiter: Danke schön. - Zum Wort gemeldet ist Herr GR
Mag Ebinger. Ich erteile es ihm.
GR Mag Gerald Ebinger
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr
geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!
Als neues
Mitglied im Kulturausschuss war eines der ersten Dinge, die ich auf meinem
Schreibtisch vorgefunden habe, die Einladung zur Eröffnung des Museumsquartiers
am 29. Juni 2001.
Heute steht auf der
Tagesordnung eine außerplanmäßige Ausgabe für das Tanzhaus, der wir zustimmen,
in der Höhe von 17,5 Millionen S. Dieser Tagesordnungspunkt ist
irgendwie zu einer allgemeinen Diskussion über das Museumsquartier geraten,
außer vielleicht bei der Frau Kollegin Ringler, weil ihr ging es offenbar nur
um ihren kleinen Bereich, um das Weiterbestehen dieses Vereins. Wenn man sich
vor Augen führt, dass das Museumsquartier 60 000 Quadratmeter hat -
ich weiß, die Architektur ist von uns immer kritisiert worden -, so sind es
eben
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