Gemeinderat,
1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll
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Bürgerliche Kulturpolitik heißt letztendlich, ein System zu
vertreten und zu verteidigen, in dem die Grenzen der Freiheit der Kunst und der
künstlerischen Programmautonomie nicht von irgendwelchen Ideologien, nicht von
irgendwelchen Ideologieressorts, auch nicht von persönlichem Geschmack bestimmt
werden, sondern ausschließlich von der Rechtsstaatlichkeit.
Die Volkspartei, meine Damen und Herren, vertritt
dieses Weltbild und wird dafür auch in Zukunft mit Nachdruck eintreten. Ich
wünsche mir in diesem Sinne, dass wir diesen Weg finden mögen, weil ich glaube,
dass er in keinem Bereich von so großer Relevanz und Aktualität für unsere
Stadt ist wie gerade in jenem der Kultur. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als
nächster Redner ist Herr GR Dr Serles zum Wort gemeldet.
GR Dr Wilfried Serles
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Am heutigen Vormittag hat ein Redner der SPÖ die ÖVP
als depressiv charakterisiert. Ehrlich gesagt, davon war am Vormittag wenig zu
merken. Herr Dr Görg hat durchaus eine ambitionierte und engagierte Wortmeldung
abgegeben. Es war Herrn Dr Marboe vorbehalten, eine wirklich depressive Note in
diese Debatte einzubringen. Er hat sich selbst seinen kulturpolitischen
Abgesang gehalten. Herr Dr Marboe! Es wäre eigentlich besser gewesen, wenn Ihre
kulturpolitische Leistung von jemand anderem gewürdigt worden wäre, aber nicht
von Ihnen selbst! (Beifall bei der FPÖ. -
Zwischenruf des GR Gerhard Pfeiffer.)
Was meine Fraktion betrifft, Herr Dr Marboe, so sind
wir Ihnen völlig vorurteilsfrei begegnet. Im Laufe der Jahre haben sich
zahlreiche Reibungspunkte ergeben. Auch dem neuen Kulturstadtrat begegnet meine
Fraktion völlig vorurteilsfrei. Wir freuen uns auf die Kulturpolitik, auf die
kulturpolitische Diskussion und Auseinandersetzung mit Ihnen in den nächsten Jahren.
Doch zurück zum eigentlichen Thema und zum eigentlichen
Anlass des heutigen Tages, zur konstituierenden Sitzung des Gemeinderats und zu
dem, was diese konstituierende Sitzung notwendig gemacht hat, nämlich zu den
Wahlen vom 25. März dieses Jahres.
Manchmal hätten die Wähler am Tag nach der Wahl wohl
Wahlergebnisse gerne geändert. Ich gehe jede Wette mit Ihnen ein: So mancher
Wähler der SPÖ hätte es sich wahrscheinlich am Tag danach überlegt, für die SPÖ
zu stimmen, wenn er gewusst hätte, dass er damit der SPÖ zur absoluten Mehrheit
verhilft. (Beifall bei der FPÖ. - GR Christian Oxonitsch: Was Sie alles
wissen, das ist faszinierend! - GR Godwin Schuster: Aber die Freude war groß in
Wien!) Herr Kollege Schuster, ich räume durchaus ein, dass diese Überlegung
spekulativer Natur ist, und wir sind wahrscheinlich einer Meinung, dass
Wahlergebnisse nicht durch Spekulationen geändert werden können, sondern nur
durch einen neuerlichen demokratischen Wahlvorgang bei der nächsten Gemeinderatswahl.
Auf Grund der absoluten Mandatsmehrheit der SPÖ - und
das ist das einzig Positive, das ich diesem Ergebnis abgewinnen kann - ist
zumindest klar, wer die Verantwortung für die Politik der nächsten fünf Jahre
in Wien zu tragen hat: die SPÖ. (GR Godwin Schuster: Das haben wir früher
schon gehabt! - GR Christian Oxonitsch: Wir nehmen das gerne an!) Vermutlich
werden wir erleben, dass vieles von dem, was wir im Wahlkampf zu Recht
kritisiert haben, von der SPÖ in den nächsten Jahren sukzessive verwirklicht
wird. (GR Godwin Schuster: Wer war denn das? Das waren Frau Partik-Pablé und
Herr Haider! - Ruf bei der SPÖ: Das war die Spitzenkandidatin!)
Wir werden erleben - und der Herr Bürgermeister hat
das heute bereits angekündigt -, dass die SPÖ versuchen wird, das Wahlrecht für
Ausländer auf der Bezirksvertretungsebene einzuführen. Wir glauben, das ist der
falsche Weg. (GR Christian Oxonitsch: Wer hat denn das groß plakatiert? Das
hat jeder gewusst!) Wir glauben, das ist sachlich der falsche Weg und das
ist auch verfassungsrechtlich in hohem Maße bedenklich. Wir werden uns den
Entwurf, den Sie dazu vorlegen werden, ansehen, und ich wünsche Ihnen viel
Glück dabei, in diesem Gemeinderat dafür eine Zweidrittelmehrheit zu finden. (Zwischenruf des GR Johann Hatzl.)
Wir werden erleben, Herr Hatzl, dass Sie im Bereich
der Drogenpolitik falsche liberale Akzente setzen werden. Ich glaube, das ist
der falsche Weg.
Wir werden erleben, dass die SPÖ weiterhin den
Bürgern und dieser Stadt sukzessive ihre kulturelle Identität nehmen und durch
kulturelle Beliebigkeit ersetzen wird. Das ist aus unserer Sicht der falsche
Weg. (GR Christian Oxonitsch: Eine lebendige Stadt!)
Wir werden vor allem erleben, dass die SPÖ weiterhin
Tausende Millionen von Förderungsmitteln ausgeben wird, um sich und ihre Macht
in dieser Stadt damit zu erhalten - eine Politik, die wir rundweg ablehnen.
Wir werden auch erleben, dass das rote Parteibuch in
Wien weiterhin fröhliche Urstände feiern wird und so manche Postenbesetzung im
Magistrat eher durch das Parteibuch und weniger durch die persönliche
Qualifikation des Bewerbers entschieden werden wird. (GR Godwin Schuster:
Schauen Sie sich einmal an, wie die Blauen und die Schwarzen ihre Ministerien
besetzen! Schauen Sie, wie in Kärnten besetzt wird! Ist das die neue Politik,
von der Sie geredet haben?)
Wir werden viele dieser Fehlentwicklungen nicht
verhindern können. Die absolute Mandatsmehrheit der SPÖ wird es Ihnen
ermöglichen, viele Dinge hier im Alleingang zu beschließen.
Die nächsten Jahre in diesem Gemeinderat stehen für
uns daher auch im Zeichen des Widerstandes gegen diese Politik. (Beifall bei der FPÖ. - Heiterkeit und
Zwischenrufe bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)
Wir werden gegen diese Politik der SPÖ Widerstand leisten (GR
Mag Christoph Chorherr: Das müssen Sie selber machen!), aber, meine Damen
und
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