«  1  »

 

Gemeinderat, 1. Sitzung vom 27.4.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 65

 

Bürgerliche Kulturpolitik heißt letztendlich, ein System zu vertreten und zu verteidigen, in dem die Grenzen der Freiheit der Kunst und der künstlerischen Programmautonomie nicht von irgendwelchen Ideologien, nicht von irgendwelchen Ideologieressorts, auch nicht von persönlichem Geschmack bestimmt werden, sondern ausschließlich von der Rechtsstaatlichkeit.

 

Die Volkspartei, meine Damen und Herren, vertritt dieses Weltbild und wird dafür auch in Zukunft mit Nachdruck eintreten. Ich wünsche mir in diesem Sinne, dass wir diesen Weg finden mögen, weil ich glaube, dass er in keinem Bereich von so großer Relevanz und Aktualität für unsere Stadt ist wie gerade in jenem der Kultur. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)  

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als nächster Redner ist Herr GR Dr Serles zum Wort gemeldet.

 

GR Dr Wilfried Serles (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Am heutigen Vormittag hat ein Redner der SPÖ die ÖVP als depressiv charakterisiert. Ehrlich gesagt, davon war am Vormittag wenig zu merken. Herr Dr Görg hat durchaus eine ambitionierte und engagierte Wortmeldung abgegeben. Es war Herrn Dr Marboe vorbehalten, eine wirklich depressive Note in diese Debatte einzubringen. Er hat sich selbst seinen kulturpolitischen Abgesang gehalten. Herr Dr Marboe! Es wäre eigentlich besser gewesen, wenn Ihre kulturpolitische Leistung von jemand anderem gewürdigt worden wäre, aber nicht von Ihnen selbst! (Beifall bei der FPÖ. - Zwischenruf des GR Gerhard Pfeiffer.)  

 

Was meine Fraktion betrifft, Herr Dr Marboe, so sind wir Ihnen völlig vorurteilsfrei begegnet. Im Laufe der Jahre haben sich zahlreiche Reibungspunkte ergeben. Auch dem neuen Kulturstadtrat begegnet meine Fraktion völlig vorurteilsfrei. Wir freuen uns auf die Kulturpolitik, auf die kulturpolitische Diskussion und Auseinandersetzung mit Ihnen in den nächsten Jahren.

 

Doch zurück zum eigentlichen Thema und zum eigentlichen Anlass des heutigen Tages, zur konstituierenden Sitzung des Gemeinderats und zu dem, was diese konstituierende Sitzung notwendig gemacht hat, nämlich zu den Wahlen vom 25. März dieses Jahres.

 

Manchmal hätten die Wähler am Tag nach der Wahl wohl Wahlergebnisse gerne geändert. Ich gehe jede Wette mit Ihnen ein: So mancher Wähler der SPÖ hätte es sich wahrscheinlich am Tag danach überlegt, für die SPÖ zu stimmen, wenn er gewusst hätte, dass er damit der SPÖ zur absoluten Mehrheit verhilft. (Beifall bei der FPÖ. - GR Christian Oxonitsch: Was Sie alles wissen, das ist faszinierend! - GR Godwin Schuster: Aber die Freude war groß in Wien!) Herr Kollege Schuster, ich räume durchaus ein, dass diese Überlegung spekulativer Natur ist, und wir sind wahrscheinlich einer Meinung, dass Wahlergebnisse nicht durch Spekulationen geändert werden können, sondern nur durch einen neuerlichen demokratischen Wahlvorgang bei der nächsten Gemeinderatswahl.

 

Auf Grund der absoluten Mandatsmehrheit der SPÖ - und das ist das einzig Positive, das ich diesem Ergebnis abgewinnen kann - ist zumindest klar, wer die Verantwortung für die Politik der nächsten fünf Jahre in Wien zu tragen hat: die SPÖ. (GR Godwin Schuster: Das haben wir früher schon gehabt! - GR Christian Oxonitsch: Wir nehmen das gerne an!) Vermutlich werden wir erleben, dass vieles von dem, was wir im Wahlkampf zu Recht kritisiert haben, von der SPÖ in den nächsten Jahren sukzessive verwirklicht wird. (GR Godwin Schuster: Wer war denn das? Das waren Frau Partik-Pablé und Herr Haider! - Ruf bei der SPÖ: Das war die Spitzenkandidatin!)

 

Wir werden erleben - und der Herr Bürgermeister hat das heute bereits angekündigt -, dass die SPÖ versuchen wird, das Wahlrecht für Ausländer auf der Bezirksvertretungsebene einzuführen. Wir glauben, das ist der falsche Weg. (GR Christian Oxonitsch: Wer hat denn das groß plakatiert? Das hat jeder gewusst!) Wir glauben, das ist sachlich der falsche Weg und das ist auch verfassungsrechtlich in hohem Maße bedenklich. Wir werden uns den Entwurf, den Sie dazu vorlegen werden, ansehen, und ich wünsche Ihnen viel Glück dabei, in diesem Gemeinderat dafür eine Zweidrittelmehrheit zu finden. (Zwischenruf des GR Johann Hatzl.)

 

Wir werden erleben, Herr Hatzl, dass Sie im Bereich der Drogenpolitik falsche liberale Akzente setzen werden. Ich glaube, das ist der falsche Weg.

 

Wir werden erleben, dass die SPÖ weiterhin den Bürgern und dieser Stadt sukzessive ihre kulturelle Identität nehmen und durch kulturelle Beliebigkeit ersetzen wird. Das ist aus unserer Sicht der falsche Weg. (GR Christian Oxonitsch: Eine lebendige Stadt!)

 

Wir werden vor allem erleben, dass die SPÖ weiterhin Tausende Millionen von Förderungsmitteln ausgeben wird, um sich und ihre Macht in dieser Stadt damit zu erhalten - eine Politik, die wir rundweg ablehnen.

 

Wir werden auch erleben, dass das rote Parteibuch in Wien weiterhin fröhliche Urstände feiern wird und so manche Postenbesetzung im Magistrat eher durch das Parteibuch und weniger durch die persönliche Qualifikation des Bewerbers entschieden werden wird. (GR Godwin Schuster: Schauen Sie sich einmal an, wie die Blauen und die Schwarzen ihre Ministerien besetzen! Schauen Sie, wie in Kärnten besetzt wird! Ist das die neue Politik, von der Sie geredet haben?)

 

Wir werden viele dieser Fehlentwicklungen nicht verhindern können. Die absolute Mandatsmehrheit der SPÖ wird es Ihnen ermöglichen, viele Dinge hier im Alleingang zu beschließen.

 

Die nächsten Jahre in diesem Gemeinderat stehen für uns daher auch im Zeichen des Widerstandes gegen diese Politik. (Beifall bei der FPÖ. - Heiterkeit und Zwischenrufe bei der SPÖ und bei den GRÜNEN.)

 

Wir werden gegen diese Politik der SPÖ Widerstand leisten (GR Mag Christoph Chorherr: Das müssen Sie selber machen!), aber, meine Damen und

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular