Subsidiaritätsrüge
Bestimmungen laut EU Vertrag
In den Protokollen Nr. 1 und 2 zum Vertrag von Lissabon werden die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union sowie Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit geregelt.
Die an das Europäische Parlament (EP) und den Rat gerichteten Entwürfe von Gesetzgebungsakten der Europäischen Kommission werden den nationalen Parlamenten zugeleitet.
Die nationalen Parlamente haben die Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Frist eine begründete Stellungnahme zur Übereinstimmung eines Entwurfs eines Gesetzgebungsaktes mit dem Subsidiaritätsprinzip an das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission zu richten.
Die Frist beträgt acht Wochen und beginnt zu laufen, sobald der Rechtsvorschlag in allen Amtssprachen vorliegt.
Verpflichtende Überprüfung durch die EK - "Gelbe Karte"
Die nationalen Parlamente können eine begründete Stellungnahme an die oben genannten EU-Institutionen richten und darlegen, warum der Entwurf nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist.
Jedes nationale Parlament hat zwei Stimmen, wobei bei Zweikammersystemen jede Kammer eine Stimme hat. In Österreich sind dies der Nationalrat und der Bundesrat. Wenn von einem Drittel beziehungsweise im Bereich Justiz und Inneres von einem Viertel (zumindest 18 Stimmen beziehungsweise 14 Stimmen) der nationalen Parlamente aller EU-Mitgliedstaaten Stellungnahmen einlangen, ist eine Pflicht zur Überprüfung des Vorschlags gegeben.
Nach Abschluss der Überprüfung kann der Entwurf beibehalten, geändert oder zurückgezogen werden.
Verpflichtende Stellungnahme der EK - "Orange Karte"
Wenn von mehr als der Hälfte der Stimmen aller Mitgliedstaaten Stellungnahmen einlangen, ist eine Pflicht zur Überprüfung des Entwurfs gegeben. Nach Abschluss der Überprüfung kann der Entwurf beibehalten, geändert oder zurückgezogen werden.
Wenn am Entwurf festgehalten wird, so hat die Europäische Kommission verpflichtend zu begründen, weshalb der Vorschlag mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht. Sind danach 55 Prozent der Mitglieder im Rat beziehungsweise die Mehrheit der Abgeordneten im EP der Meinung, dass durch den Legislativvorschlag das Subsidiaritätsprinzip verletzt wird, so wird dieser nicht weiter geprüft.
Stadt Wien | Europäische Angelegenheiten
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