Mitschrift
"Warum", fragt das Pferd.
"Dann wäre ich frei", sage ich.
"Aber das bist du", sagt das Pferd, "deine Gedanken gehören dir allein."
Roswitha Zink, Therapeutin: "Therapie heißt knallhart: Verändere dich, weil du passt nicht in die Gesellschaft. Und da finde ich es total schön, die Pferde stellen erstens diesen Anspruch nicht in der Form. Die sagen nur, wenn du mit mir reden willst, musst du es ein bisschen anders machen."
Elf Pferde und sechs Therapeutinnen wollen Menschen, die in ihrem Leben besondere Herausforderungen zu meistern haben, unterstützen. Equotherapie, die Therapie mit Pferden, beruht auf der besonderen Begabung dieser Tiere, nonverbale Körperimpulse zu erkennen und der Therapeutin rückzumelden.
Roswitha Zink, e.motion Therapeutin: "Das ist der Tamino. Er kann sehr gut Körpersprache lesen. Er reagiert sofort. Wenn ich auf ihn zugehe, geht er rückwärts. Wenn ich ihm aber Raum gebe, dann folgt er mir und sagt: 'Dann komme ich mit dir.' Das heißt, etwas was wir auch mit unseren Kindern sehr stark machen, eben über Körpersprache zu arbeiten. Und das ist für schwerst mehrfach Behinderte in einer zarten körpersprachlichen Annäherung, zum Beispiel über die Nüstern oder über die Nase. Einfach nur Annährung, Rückzug, was bedeutet das? Das ist für jemand schwerst mehrfach Behinderten ein Medium, überhaupt zu kommunizieren, was er selten hat."
Bislang waren Therapiestunden wetterabhängig. Die Arbeit in Baucontainern und im Freien hat den Betrieb im Winter gänzlich unmöglich gemacht. Die neue, kürzlich eröffnete Reithalle ermöglicht jetzt einen ganzjährigen Betrieb. Die Stadt Wien übernimmt die laufenden Betriebskosten für die Halle und stellt das Gelände zur Verfügung. Rund 300 Kinder haben somit die Möglichkeit auf einen Therapieplatz.
Roswitha Zink, e.motion Therapeutin: "Alle Kinder, die zu uns kommen, haben eine schwierigere Vergangenheit als andere Kinder, aus verschiedensten Gründen. Wenn unsere Kinder das erste Mal kommen, denkt jeder: 'Na ja, sie sitzen dann am Pferd, sie ziehen links am Zügel, rechts am Zügel.' Das kommt bei uns aber nie vor. Bei uns heißt es dann: 'Hey, probier mal, dass dieses Pferd mit dir mitkommt.' Dann muss ich ihn einfach mit dem ganzen Körper einladen und sagen: 'Hey, komm mit, wir gehen gemeinsam.' Und das ist einfach etwas, was für viele Kinder wirklich ganz ungewöhnlich ist, das zu lernen. Aber auch, wann reißt eine Kommunikation und warum reißt sie ab? Wie drehe ich mich weg von ihm, dass er einfach abreißt, dass er geht und sagt: 'Die Kommunikation ist jetzt zu Ende.' Und mache ich das dauernd oder schaffe ich es gar nicht. Es gibt viele Kinder, die schaffen es nicht, sich zu verabschieden. Da pickt das Pferd immer enger dran, je mehr sie gehen wollen. Manchmal ist irrsinnig viel schaffbar und manchmal kann man eine Kleinigkeit verändern und das ist vielleicht schon ganz viel für denjenigen."
"Was ist mit dir", fragt das Pferd.
"Ich fühle mich verloren", sage ich.
Das Pferd stupst mich. "Aber du bist doch hier", sagt es.
Wir sehen uns an.
Archiv-Video vom 01.12.2009:
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Equotherapie: Therapie mit Pferden
Elf Pferde und sechs Therapeutinnen wollen Menschen, die in ihrem Leben besondere Herausforderungen zu meistern haben, unterstützen. Equotherapie, die Therapie mit Pferden, beruht auf der besonderen Begabung dieser Tiere, nonverbale Körperimpulse zu erkennen und der Therapeutin rückzumelden.
Länge: 2 Min. 57 Sek.
Produktionsdatum: 2008
Erstausstrahlung: 09.05.2008
Copyright: Stadt Wien