Mitschrift
Ich find jetzt Wien ... eher so dörflich. Für eine Stadt ist das eigentlich ein Pipifax! * schwungvolle Musik * * entspannte Musik * Es ist eine reine Einkaufsstraße. Ja, find ich schon! Ein Geschäft neben dem anderen. Mariahilfer Straße ist Shopping. - Einkaufen! Kaufen, kaufen, kaufen! Sonst für nix. Es ist bisher auf der Mariahilfer Straße nicht der Platz gewesen, um sich tatsächlich aufzuhalten. Man ist hier sehr gestresst entlanggegangen, hat versucht, die Geschäfte zu erreichen, die man halt besuchen wollte. Einfach weil's laut war, stressig. Und ich glaub, dass es jetzt, wo die Straße ein Ort geworden ist, wo man auch zum Beispiel einfach draußen sitzen kann, und sich dabei unterhalten kann, weil's ruhiger ist, leichter wird, in Kontakt zu treten. Es lebt hier einfach! - Da tut sich am meisten. Weil vorher wurde diese Fußgängerzone, die rechts und links war, durchgeschnitten von den Autos. Mittlerweile ist es sehr gut möglich, dass da mehr Kontakt entstehen kann. Fernab vom Konsum! * schwungvolle Musik * Die Mariahilfer Straße, wie sie jetzt ist, ist angenehm. Man wohnt hier, man kann leben auf der Straße. Eine gute Atmosphäre! All diejenigen, die vorher irrsinnig geschimpft haben, sind jetzt hier! Weil's einfach so schön ist! Ich freu mich so, dass ich auf diesem Mariahilfer-Straßen-Boulevard lebe. Ich find, dass die Mariahilfer Straße was für die Bewohner Wiens ist. Für die Jungen, für die Schüler, für die Studenten. Für die Arbeitenden, aber auch für die Alten, die halt noch immer in alten Zinshäusern wohnen. Wenn ich auf der Mariahilfer Straße gehe, würde ich mich eher dem Flaneur zuordnen. Also bin ich 'n Touri, der mal 'n bisschen guckt. Die Zielgruppe ist, wie ich schon sagte, eher so ... als so die Golffahrer der Gesellschaft. Nicht so wie diese ... Heißt sie Kärntner Straße? * schwungvolle Musik * Das ist unpackbar unsympathisch, wenn man da mit dem Fahrrad fährt oder als Fußgänger auch ... Das geht nicht: Fahrräder und Fußgänger in der Fußgängerzone. Schwierig! Mich stören die Radfahrer nicht, die hier fahren. Man achtet ja, man schaut ja. Und dementsprechend: alles gut! Ich seh hauptsächlich Vorteile. Aber ich lehne den Autoverkehr in der Stadt auch ab. Das ist ein Grund, warum ich gern in der Stadt wohn. Am Land hat man so wenig Möglichkeiten - vor allem ohne Auto. Ich brauch viel Freiraum, schon. Ich möchte hingehen können, wohin ich möchte. Ich brauche weite Flächen. In der Stadt einen Freiraum für uns Menschen? Also, in der Stadt brauch ich keinen Freiraum! Ich brauch so viel Freiraum, wie mir zur Verfügung gestellt wird. Wenn Parks entstehen, dann nutz ich sie. Wenn sie nicht da sind, kann ich sie nicht nutzen. Da ist es nicht so schlimm, aber im zehnten Bezirk ist alles eintönig. Man wird leicht depressiv! * schwermütige Musik * Wir versuchen, dieser Kommerzialisierung, diesen Schanigärten, Kiosken, Maroni- und Punschständen was entgegenzusetzen. Nämlich konsumfreie Zonen, Aufenthaltsbereiche, wo die Leute sich einfach hinsetzen können, auch Leute, die sich's nicht leisten können, dauernd Kaffee zu kaufen. Die haben auch Anspruch auf öffentliches Leben und Raum. Was ich unangenehm finde, sind Leute, die nach Geld fragen. So eine Bande. Das ist nicht so ideal, finde ich. Das gibt irgendwie ein ungutes Gefühl. Sollte man sich was überlegen, wie man das Problem handhabt. Nein! - Nein! Nein! Um Gottes Willen! Wieso sollte ich eine Gruppe an Menschen ausschließen? Ich glaube nicht, dass es für eine Gruppe geschaffen wurde, sondern für die Allgemeinheit. Ich glaube, das macht Stadt aus: Dass man Gruppen hat, über die man sich freut und Gruppen, die man halt nicht so gern sehen will. Das ist wie Salz und Pfeffer, Geschmack braucht man! Nur nette Menschen zu sehen ist auch nix! Die Mariahilfer Straße war schon immer für jede Gruppe gedacht. Das ist doch das Schöne hier! * schwungvolle Musik * Ein öffentlicher Raum sollte wirklich öffentlich sein und nicht durchkoordiniert und durchstrukturiert. Weil hier sehen wir Flächen, die benutzbar sind und benutzt werden sollen. Es schreit hier nach Benutzung! Ich brauche nicht das Durchdesignte, Durchgestylte bis ins letzte Eck, das Renovierte. Ich mag's auch gern, wenn was nicht perfekt ist. Ich brauch Ordnung, um mich wohlzufühlen. Vielleicht bin ich da eine spezielle Art von Mensch. Es gibt sicher auch Leute, die sich wohlfühlen im Chaos. Aber vor allem mit Menschenmassen, die hier doch unterwegs sind, ist eine Ordnung wichtig. Ich bin immer dafür, so wenig Regeln wie möglich aufzustellen. Ach, etwas wild? Ja! Find ich schon, ist in Ordnung. Als öffentlicher Raum kann's schon mal etwas unordentlich sein. Es spielt sich ein, weil du musst zwangsläufig Rücksicht nehmen. Das find ich gut! Man kann vielfältig sein, wie man möchte. Man kann Veranstaltungen machen, die bringen Vielfalt. Aber ich glaube, je klarer und einfacher das Konzept, desto besser kann man's für alle Gruppen nutzen. Wir haben so viele Ansprüche von verschiedenen Nutzergruppen. Der Raum kann heute nicht mehr spezifisch sein. Wo ich sag: Der ist nur für alte Leute. Da dürfen sich nur die alten Leute hinsetzen und der andere Raum ist nur für Kinder, ein dritter für Jugendliche. Der Raum muss so sein, dass ihn alle Gruppen zu unterschiedlichen Zeiten nutzen können, das vorfinden, was sie brauchen. Menschen, Menschen, junge, alte. Verschiedene Nationen, verschiedene Rassen. Aber irgendwie gehören alle dazu. * schwungvolle Musik *
Archiv-Video vom 07.08.2015:
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Querstadt im Detail - MAHÜ 3
Der Umbau der Mariahilfer Straße - eine Zäsur für die Stadt, die BewohnerInnen, aber auch für den Umgang mit der urbanen Struktur Wiens im Allgemeinen. Urbanität ist Kommunikation, ist Dialog und zwar ständig - wir begleiten diesen Prozess. In 8 Episoden treffen wir AnrainerInnen, PolitikerInnen, PlanerInnen, BauarbeiterInnen, PassantInnen und Geschäftsleute und sehen Veränderung Geschichte werden.
Länge: 7 Min. 53 Sek.
Produktionsdatum: 2015
Erstausstrahlung: 07.08.2015
Copyright: querstadt