Ihre aktuelle Position:
  1. wien.at
  2. Video

Mitschrift

Montag 5.44 Uhr, Wien, 23. Bezirk - Florian Nitsche macht sich auf den Weg zur Arbeit. Ziel: Wien, 1. Bezirk, Strecke: circa zwölf Kilometer, Fahrzeit: 31 Minuten, Verkehrsmittel: Fahrrad.

Bewegung ist gesund und wirkt sich positiv auf unser gesamtes Sein aus. Das ist nichts Neues. Allerdings, wer mit dem Rad zur Arbeit fährt, ist im Durchschnitt 1,3 Tage weniger krank im Jahr. Und während die einen mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, ist für die anderen das Fahrradfahren bereits die Arbeit. Jeder hat sein eigenes Tempo, seinen eigenen Stil und seine eigenen Grenzen.

Igl, Hermes-Fahrradbote: "Wir stoßen auf unsere Grenzen? Das ist eine gute Frage. Ich denke, wir haben ein Problem, wenn… Nein, eigentlich wüsste ich gerade nicht, wo wir auf unsere Grenzen stoßen."


Fahrradbote Igl legt täglich - je nach Dienstplan - zwischen 40 und 120 Kilometer in Wien zurück. Bei einer Geschwindigkeit von bis zu 50 Kilometern pro Stunde im Ortsgebiet liefern die Hermesboten unter allen Bedingungen.

Igl, Hermes-Fahrradbote: "Das war vom 21. - irgendwo bei der Scheitgasse da oben - war das eine Rolle, die hätte nicht so groß sein dürfen und ich habe sie, glaube ich, an den Schwarzenbergplatz bringen sollen. Das heißt, irgendwie Donauinsel mit zwei Metern auf dem Rücken und entsprechenden Kilos, bei starkem Wind hat man da Riesenspaß damit."

Fahrradboten, ein Umzugsunternehmen, eine Kaffeerösterei oder die Bäckerei Kornradl im 7. Bezirk: Sie alle verwenden das Fahrrad als Dienstfahrzeug.

Dieter Smolle, Bäckerei Kornradl: "Also wenn ich mit meinem Fahrrad und Fahrradhänger zum Ausfahren komme, dann ist das so, dass die Kundschaften vorbestellen, zwei bis drei Tage vorher. Ausliefern kann ich dann in der Mittagspause oder am Abend, nachdem ich ein Ein-Mann-Betrieb bin."

Auch Bäcker Kornradl radelt mit 50 Sachen durch Wien, bei den Autofahrern ist das nicht immer gerne gesehen.

Dieter Smolle, Bäckerei Kornradl: "Wenn man mich überholen will, dann muss man 70 fahren und in der Stadt ist das ja nicht möglich. Die Autofahrer sind so…wie soll ich sagen? Die wollen mich unbedingt überholen und die sind frustriert, dass ich fast schneller fahre als mit dem Auto."

Derzeit bewältigen die Wienerinnen und Wiener rund sechs Prozent ihrer Fahrstrecken mit dem Fahrrad. Bis zum Jahr 2015 soll bereits jede zehnte Fahrt geradelt werden. Dazu braucht es allerdings eine angepasste Infrastruktur.

Alec Hager, Radlobby Radagentur Wien: "Die Praterstraße ist definitiv ein Nadelöhr. Jeder, der mit dem Rad fährt, weiß: Die beiden Richtungsradwege sind relativ schmal, parkende Autos daneben, viele Fußgänger queren - es ist nicht ideal, das ist klar. Momentan ist hier, glaube ich, noch nichts geplant. Das heißt aber nicht, dass man a) das Problem nicht kennt und b) nicht daran arbeitet."

Alles auf einmal geht nicht. In Wien gibt es derzeit rund 1.200 Kilometer Fahrradanlagen - das heißt, man könnte von Wien bis Rom radeln, würde man jeden Radweg nutzen. Den ersten Wiener Radweg gibt es bereits seit 1956, seither wird ständig ausgebaut. Allein für 2012 sind 20 Großprojekte geplant.

Christian Rupp, Radagentur Wien: "Hier sieht man die Großprojekte, die 2012 in Wien gebaut werden. Der Ausbau des äußeren Ringradwegs ist ein ganz wichtiger Punkt und ein ganz wichtiges Gebiet ist natürlich auch rund um den Hauptbahnhof, auch hier wird es neue Radwege geben. Landstraßer Hauptstraße wird auch einiges neu gebaut. Also das sind die Regionen, wo 2012 sehr viel gemacht wird."

6.01 Uhr, Wien, Bahnhof Meidling - Halbzeit.

Florian Nitsche: "Die größte Herausforderung ist es, nicht zu viele Strafvergehen zu verüben. Und sich dann gegen den ein oder anderen vielleicht ein bisschen, sag ich einmal, aggressiveren Autofahrer durchzusetzen. Deswegen fahre ich so früh - also ich fahre um 6 Uhr weg - damit ich eigentlich möglichst wenige Leute habe, denen ich auf der Straße, insbesondere Autofahrer, begegne."

Die Hälfte aller Fahrten mit dem Auto ist derzeit noch kürzer als fünf Kilometer, eine Strecke die meist mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Verkehr schneller und umweltfreundlicher zurückzulegen ist. Radfahrer versus Autofahrer: Diese Konfrontation ist vielleicht irgendwann Schnee von gestern. Eine Mobilitätswende ist in Sicht, die unter anderem die Rechte aller Verkehrsteilnehmer neu aufteilen soll. Beim Radfahren stößt Rechtsanwalt Johannes Pepelnik, der sich unter anderem auf Fahrradrecht spezialisiert hat, dennoch immer wieder auf interessante Fälle.

Johannes Pepelnik, Pepelnik & Karl Rechtsanwälte: "Das war eine Botenfahrerin, die zu Anlieferzeiten in der Kärtner Straße/Gürtel ein Paket abgegeben hat und dafür gestraft wurde, dass in der Fußgängerzone Fahrrad fährt. Jetzt ist das ein bisschen absurd, weil ein 20-Tonner die dortigen Geschäfte beliefern darf und in die Kärntner Straße hineinfahren darf und die Radfahrerin, die einen Botendienst erledigt, aber nicht."

Aber auch ein Rechtsanwalt kann nicht alle Fälle gewinnen.

Johannes Pepelnik, Pepelnik & Karl Rechtsanwälte: "Ich glaube nicht, dass das dann soweit geht, dass ich tagsüber in der Kärntner Straße fahren darf mit der Begründung: Ich trage mein Geld zum Citybike und öffentlicher Verkehr. Wien war im Jahr 2003 eines der ersten Public-Bike-Systems. Derzeit gibt es in Wien 95 Citybike-Stationen, zwischen zwei Stationen liegen derzeit 700 bis 800 Meter.

Alec Hager, Radlobby in die Schule oder in den Kindergarten? Da gibt es so einen Teufelskreis, dass man das Gefühl hat, die Kinder sind unsicher, weil da sind so viele Autos, also bringe ich mein Kind auch mit dem Auto in die Schule, weil dann ist es sicher. Das kann man einfach durchbrechen indem man sagt: Okay, ich fahre mal mit dem Kinderanhänger, ich fahre mit dem Kindersitz in den Kindergarten. Später, wenn das Kind selber fahren kann, nehme ich es halt schon mit dem Fahrrad mit. So werden auch Kinder ganz einfach daran gewöhnt, dass man in der Stadt Radfahren kann und können dann, sobald sie die Radfahrprüfung gemacht haben, durchaus auch alleine Radfahren auf gewissen Routen."

Christian Rupp, Radagentur Wien: "Ein Tipp, den man geben kann, ist sicher, so wie auch beim Zu-Fuß-Gehen zum Beispiel beim Schulweg: mit den Kindern einmal eine gewisse Strecke, die sie oft zurücklegen sollen, ausprobieren. Vorher schon eine sehr sichere Strecke suchen, dass man vielleicht einmal drei Minuten länger fährt, dafür auf einem sicheren Radweg mit einer sicheren Überfahrt über die Straße."

6.15 Uhr, Wien, Kärntner Straße, kurz vor dem Ziel. Zusammenfassend:

Florian Nitsche: "Heute war eigentlich ein gemütlicher Tag. Der Wind war nicht so schlimm, war nicht so störend. Das ist nämlich auch immer eine Komponente, wenn der Wind zu stark ist, dann ist es immer ein bisschen anstrengender. Wenig Verkehr. Gut."

Alec Hager, Radlobby IG: "Radfahren kann fast jeder. Radfahren ist die am wenigsten kraftaufwändige und krafteffizienteste Fortbewegungsart. Und das Schöne daran ist, dass man nicht unbedingt super fit sein muss, wenn man damit anfängt. Aber wenn man jeden Tag ins Büro radelt, wird man automatisch viel, viel fitter als man es vorher war."

Das Fahrrad als Freizeit-, Alltags-, Arbeits- oder Sportgerät. Jeder hat andere Gründe, die eine oder andere Strecke einspurig und ohne Motor zurückzulegen.

Johannes Pepelnik, Pepelnik & Karl Rechtsanwälte: "Von hier zum Handelsgericht oder zum Bezirksgericht, das sind genau die Entfernungen, die super sind. Was ich daran auch mag ist, dass ich dabei auch telefonieren kann, ohne dass mir - wie in der U-Bahn - sehr viele Leute an den Lippen hängen."

Igl, Hermes-Fahrradbote: "Ich glaube, wir sind keine Tour de France-Fahrer, aber Wien-Rundfahrt, das schaffen wir ganz gut, das machen wir jeden Tag."

Florian Nitsche: "Jetzt gehe ich mich duschen, rasieren, ich habe alles in der Arbeit und dann: starten."

Archiv-Video vom 06.06.2012:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

wien.at-TV - Reportage vom 8. Juni 2012 - Radfahren in Wien

Radfahren ist nicht nur eine beliebte Freizeitbeschäftigung - das Fahrrad als Transportmittel ist aus dem Alltagsverkehr nicht mehr wegzudenken. In Wien soll der Radverkehrsanteil am gesamten Verkehrsaufkommen von fünf auf zehn Prozent verdoppelt werden und zwar bis 2015.

Länge: 14 Min. 30 Sek.
Produktionsdatum: 2012
Erstausstrahlung: 08.06.2012
Copyright: Stadt Wien

Aktuelle Videos

wien.at TV Kanäle