Musterarbeit für die Sanierung der Rathausfassade
Bereits bei der Erstellung der Musterarbeit für die Fassadensanierung im Jahr 2010 arbeitete die zuständige Abteilung Bau- und Gebäudemanagement (MA 34) intensiv mit dem Bundesdenkmalamt (BDA) zusammen. Das BDA hat bei der Restaurierung anderer Monumentalbauten in Wien wie der Votivkirche, dem Kunst- und Naturhistorischen Museum oder der Staatsoper viele Erfahrungen gesammelt. Diese konnten bereits in der Vorprojektphase berücksichtigt werden.
Entscheidung für Musterarbeit
Mit dem BDA, seinen Werkstätten und naturwissenschaftlichen Labors wurde einvernehmlich entschieden, als Erstes eine repräsentative Musterfläche zu restaurieren. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollten anschließend in das auf den im Vorfeld getätigten Untersuchungen aufbauende Restaurierungskonzept eingearbeitet werden. Dadurch würde ein praxistauglicher Masterplan für die Restaurierung der Natursteinfassaden entstehen.
Durch die Musterarbeit konnten die Kenntnisse der vorhandenen Schäden und Schadensbilder vertieft und die Methoden der Reinigung, Restaurierung und Konservierung hinsichtlich Praxistauglichkeit und Wirkungsgrad getestet und verfeinert werden. Diese Erkenntnisse ermöglichten es erst, ein nachhaltiges Restaurierungskonzept (Masterplan) und in weiterer Folge einen möglichst realistischen Budgetkostenrahmen zu erstellen.
Auswahl des Fassadenabschnitts
Als Musterfläche wurde der Eckrisalit (Risalit: ein auf gesamter Fassadenhöhe vorspringender Gebäudeteil) an der Ecke Lichtenfelsgasse/Friedrich-Schmidt-Platz ausgewählt. Der Fassadenabschnitt wurde bewusst so ausgewählt: Die Südseite des Eckrisalits ist großer Hitze ausgesetzt, die Westseite starker Witterung.
Vorbereitende Untersuchungen
In der Projektvorbereitung wurden im Bereich der Musterfläche auf Basis grundsätzlicher Untersuchungen die Gesteinsarten bestimmt und die Schadensbilder sowie der Schadensgrad erhoben. Die Untersuchungen wurden durch labortechnische Analysen und Auswertungen ergänzt. Darauf aufbauend wurden danach in Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt und den beigezogenen Fachleuten die entsprechenden Sanierungsmaßnahmen projektiert und planlich dargestellt.
Zusätzlich wurde eine geomikrobiologische Untersuchung an der Universität für Bodenkultur in Auftrag gegeben. Das Ergebnis zeigte, dass nur einzelne Bereiche der Fassade von sichtbaren Organismen wie Moosen, Algen, Flechten oder Mikroorganismen bewachsen sind. Insbesondere sind horizontale Bauelemente wie Gesimse, Balkone oder Balustraden betroffen. Die Empfehlung lautete, die Fassade zusätzlich mit Wirkstoffen gegen diese (Mikro)-Organismen zu behandeln.
Restaurierziele
- Schmutz und Krusten sollen mit den substanzschonendsten Reinigungsmethoden entfernt werden.
- Geschwächte Gesteine und Fugensysteme sollen optimal konserviert werden.
- Formverluste sollen im Einklang mit dem Gesamtbauwerk durch Steinvierungen (Auswechslungen), Steinergänzungen, Abformungen und Kunststeinauftragungen behoben werden.
- Überdachungen aus Blei und Titanzinkblech sowie Schutzüberzüge (Kalkschlemmen, Hydrophobierungen [hydrophob bedeutet wasserabweisend], Imprägnierungen) sollen die Fassade lang anhaltend und vorbeugend vor Umwelteinflüssen schützen.
Durch die Maßnahmen sollte der Charakter der Natursteinfassade von circa 1883 erhalten beziehungsweise der ursprünglichen Gesamterscheinung wieder angeglichen werden.
Wichtige Erkenntnisse für Hauptsanierung
Die Restaurierungsarbeiten an der Musterfläche dauerten von Mai bis Dezember 2010. Bei der Arbeit wurden wichtige Erfahrungen für die Gesamtsanierung gesammelt. Bei der Musterfläche wurde zum Beispiel ein hoher Verwitterungsgrad im Bereich der Wimpergen (giebelartige Bekrönung über Portalen und Fenstern) festgestellt. Weiters stellte sich heraus, dass die Verschmutzung von oben nach unten zunimmt. Es ist zu erwarten, dass an den übrigen Flächen des Rathauses dieselben Schadensbilder auftreten.
Eine Ausnahme stellt die Hauptfassade des Wiener Rathauses dar. Die Schäden beziehungsweise der Schadensgrad an den Natursteinbauteilen unterscheiden sich hier erheblich. Durch die Feingliedrigkeit der Zierteile, die reichhaltige Gliederung und Ausschmückung sowie die exponierte Lage (Türme freistehend circa 75 Meter beziehungsweise 100 Meter hoch) ist der Schadensgrad erheblich höher und diffiziler.
Stadt Wien | Bau- und Gebäudemanagement
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