ExpertInnen-Kommission zur Weiterentwicklung der Parkraumbewirtschaftung

In vier Sitzungen haben sich im Herbst 2012 VerkehrsplanerInnen, RaumplanerInnen, MedizinerInnen, KlimaexpertInnen, VertreterInnen der Bezirke und des Gemeinderats sowie der AutofahrerInnen-Klubs ARBÖ und ÖAMTC sowie des VCÖ darüber auseinandergesetzt, wie eine verbesserte Ausgestaltung der Parkraumbewirtschaftung in Wien aussehen könnte.

Hintereinander parkende Autos

Diese Runde hatte das Ziel, gemeinsame Standpunkte auszuloten und Empfehlungen zu formulieren, die das bestehende Modell zur Parkraumbewirtschaftung ergänzen oder ersetzen sollen. Die teilnehmenden Organisationen haben teilweise andere und/oder darüber hinausführende Vorschläge eingebracht. Die folgenden Empfehlungen sind somit jene, die auf größtmöglichem Konsens basieren.

In der ersten Sitzung waren die Grundlagen wie ökologische Auswirkungen des motorisierten Individualverkehr auf Luftqualität und Klimabilanz ein Schwerpunktthema. In den weiteren Sitzungen wurden Themen wie öffentlicher Verkehr, der Garagenbau und Verkehrsplanung Wien/Niederösterreich besprochen.

Die vierte Sitzung der Kommission hat am 17. Dezember 2012 getagt und sich auf grundsätzliche Empfehlungen geeinigt. Für bestimmte offene Punkte hat es vertiefende Untersuchungen gegeben. Seit 5. Juni 2013 liegen abschließende Empfehlungen vor.

Zielsetzung

  • Verkehrslenkung zugunsten eines umweltfreundlichen Modal Split
  • Reduktion des Stellplatzdrucks und des Stellplatzsuchverkehrs
  • Verbesserungen für die Luftqualität (Feinstaub und Ozon), die Lärmbelastung und die Klimaschutzbilanz

Empfehlungen

  • Grundsätzlich gibt es Einigkeit in der Kommission über die bezirksweise Bewirtschaftung. Die Einführung eines einheitlichen Parkpickerls für ganz Wien wurde abgelehnt.
  • Ebenso wurde der Vorschlag eines "Westpickerls" erörtert und verworfen. Die jeweiligen Zonen sollen etwa gleiche Größe haben. Betreffend einer weit über die Bezirksgrenzen hinausgehenden Zone gibt es schwerwiegende rechtliche Bedenken. Auch würde eine große Zone zusätzliche Verkehrsströme begünstigen.
  • Bedarfsgerechte Überlappungszonen und optimierte Zonengrenzen sind laut Aussage der Expertinnen und Experten beim vorhandenen System möglich. Voraussetzung, Überlappungszonen einzurichten, ist eine entsprechende Einigung beziehungsweise Vereinbarung zwischen den jeweiligen zwei betroffenen Bezirken. Solche Überlappungszonen dürfen einzelne Bezirksteile erfassen, können jedoch nicht auf das gesamte Gebiet zweier Bezirke erstreckt werden.
  • Die Parkraumbewirtschaftung wird in Abstimmung mit den Bezirken für all jene Gebiete empfohlen, in denen Parkprobleme bestehen.
  • Der öffentliche Raum wird in der Stadt vielfältig genutzt. Erstrebenswert erscheint eine Auslastung von maximal 80 Prozent der verfügbaren Plätze innerhalb eines Gebietes. Maßnahmen der Parkraumbewirtschaftung zielen darauf ab, zumindest diesen Wert zu erreichen.
  • Die Ausdehnung der Gratisparkzeit auf 15 Minuten wurde empfohlen. Die Stadt Wien hat daher bereits im Juni 2013 eine dementsprechende Änderung beschlossen. Ab 1. September 2013 wird die Möglichkeit bestehen, das Fahrzeug 15 Minuten gratis auf Kurzparkplätzen abzustellen. Ein Parkschein ist weiterhin erforderlich. Für das Abstellen bis zu 15 Minuten kann auch der bisher gültige 10-Minuten-Parkschein hinterlegt werden. Ein Tausch der vorhandenen Gratisparkscheine ist daher nicht notwendig.
  • Zeitgleich wird die Berufsgruppe der Hebammen von der Kurzparkregelung ausgenommen.
  • Beibehalten wird die Tarifgestaltung beim Parkpickerl für die Bewohnerinnen und Bewohner. Für das Kurzparken wurde eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die die Auswirkungen einer preislichen Staffelung je nach Nähe zum Zentrum untersuchte.
  • Die Untersuchung "Vorher-Nachher-Analyse der Erhöhung der Parkgebühren in Wien am 1. März 2012" hat gezeigt, dass in den verschiedenen Bezirken unterschiedlich auf die Erhöhung der Parkgebühren am 1. März 2012 reagiert wurde. Die Studie legt somit offen, dass man mit einer Preisstaffelung Effekte erreichen kann. Allerdings ist dies nicht die einzig denkbare Maßnahme. Es wurde vereinbart, eine weitere Untersuchung zu beauftragen, welche die Langzeitauswirkungen dieser Erhöhung untersucht. Erst danach soll die Stadt Wien eine abschließende Entscheidung in diesem Zusammenhang treffen.
  • Es wurde eine Untersuchung in Auftrag gegeben, ob die derzeit geltende maximale Parkdauer in Kurzparkzonen von zwei beziehungsweise drei Stunden beibehalten wird beziehungsweise ob diese in bestimmten Gebieten gänzlich entfallen soll. Eine dementsprechende Studie ist derzeit in Arbeit. Das Ergebnis der Studie soll abgewartet werden, bevor dazu eine Empfehlung abgegeben wird.
  • Ebenfalls wurde untersucht, ob auch BesitzerInnen/MieterInnen von Garagenstellplätzen ein Pickerl für ihren Bezirk erwerben können. Die rechtliche Prüfung hat ergeben, dass ein Entfall des Garagenkriteriums erfolgen kann.
  • In der Rechtsgrundlage für die Gebietsverordnungen, Paragraf 43 Absatz 2a Z 1 StVO, heißt es, dass Gebiete bestimmt werden können, "deren Bewohner die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für ein zeitlich uneingeschränktes Parken in nahegelegenen Kurzparkzonen … beantragen können". Die Gebietsverordnungen nehmen diese Abgrenzung idR bezirksweise zuzüglich Überlappungszonen vor. Als nahegelegen im Sinne der Gebietsverordnung sind daher nicht nur das Grätzel rund um den Wohnort zu verstehen, sondern alle Kurzparkzonen in dem definierten Gebiet.
  • Einer Bewohnerin beziehungsweise einem Bewohner steht jedoch ein Garagenplatz allenfalls nur unmittelbar beim Wohnort zur Verfügung, also in seinem Grätzel, nicht jedoch in den übrigen Teilen des Gebietes, also im restlichen Bezirk. Passend hierzu lautet es auch in Paragraf 45 Absatz 4 StVO, dass die Antragstellerin beziehungsweise der Antragsteller ein persönliches Interesse nachweisen muss, "in der Nähe dieses Wohnsitzes" das Fahrzeug abstellen zu müssen. Die Formulierung "in der Nähe dieses Wohnsitzes" eröffnet ebenfalls die Möglichkeit wie die Bestimmung "nahegelegene Kurzparkzonen" in Paragraf 43 Absatz 2a Z 1 StVO, dass der Zweck der Ausnahmebewilligung beziehungsweise der Fahrzeugabstellung nicht nur auf den unmittelbarsten Nahebereich zum Wohnsitz limitiert ist, sondern dass im Sinne der Gebietsabgrenzung in den Gebietsverordnungen auch in anderen Bezirksteilen, zum Beispiel zwecks Aufsuchen von Nahversorgungseinrichtungen, Behörden und Freizeitstätten, das Fahrzeug abgestellt werden darf.
  • In Zusammenhang mit Garagen wurde empfohlen, den weiteren Ausbau von Wohnsammelgaragen nach strategischen Kriterien weiterzuführen, bei gleichzeitiger Reduktion von Oberflächenstellplätzen beim Neubau von Garagen.
  • Es sollen in den jeweiligen Projekten bereits frühzeitig sinnvolle Stellen definiert werden, an denen Oberflächenstellplätze reduziert werden sollen. Ziel ist eine Reduktion der Oberflächenstellplätze im Ausmaß von mindestens einem Drittel der in der Garage befindlichen Anzahl der Parkplätze.
  • Zusätzlich wurde empfohlen, die Errichtung von Park and Ride-Projekten in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland nach strategischen Kriterien zu priorisieren, entsprechend der Stärke der Verkehrsströme und der aktuell verfügbaren Kapazitäten. In einer PGO-Studie wurden die Korridore Mödling, St. Pölten und Stockerau näher untersucht und Potentiale für mögliche P&R-Nutzerinnen und -Nutzer festgestellt. Umlandgemeinden in Niederösterreich werden aufgefordert, zusätzlich weitere P&R-Anlagen zu schaffen, damit ein Umstieg der Pendlerinnen und Pendler bereits in der Nähe von deren Wohnort erfolgen kann. Weiters sollen auch in Wien P&R-Anlagen an strategischen Punkten erweitert beziehungsweise neu gebaut werden.
  • Eine eindeutige Empfehlung gab die Kommission im Hinblick auf den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in Wien beziehungsweise in der Ostregion ab. Insbesondere eine Intervallverdichtung der S-Bahn und regelmäßigere Zugsfolgen werden als prioritär gesehen.
  • Ebenfalls empfohlen wurde die Forcierung von FußgängerInnen-freundlichen Shared Space Lösungen und Begegnungszonen.
  • Ob es zu einer Änderung im Bereich der Geschäftsstraßenregelung kommen soll, wird eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Stadt Wien und der WKW ausarbeiten. Auch hier wird die Empfehlung dieser Gruppe abgewartet, bevor konkrete Schritte eingeleitet werden.
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