Definition, Trends und Handlungsfelder - Fachkonzept "Mittelpunkte des städtischen Lebens - Polyzentrales Wien"
Das Fachkonzept vertieft die im Stadtentwicklungsplan STEP 2025 formulierten räumlichen Ziele zur Weiter- und Neuentwicklung der städtischen Zentren.
Was sind städtische Zentren?
Zentren sind jene Orte im Stadtgefüge, in denen sich das urbane Leben bündelt und verdichtet. Sie sind multifunktionale Räume in der Stadt und Orte der Orientierung und Kultur. Sie bieten eine große Vielfalt von
- Funktionen und Nutzungen (Einzelhandel, Gewerbe, Kultur, Soziales, öffentlicher Raum, Arbeitsplätze et cetera),
- Versorgungs- und Konsumangeboten sowie
- Begegnungs- und Austauschmöglichkeiten.
Das Fachkonzept: Was es ist - Was es nicht ist
- Das Fachkonzept zielt auf die Stärkung der polyzentralen Stadt ab. Das heißt einerseits die vielfältigen, kleinräumigen und größeren städtischen Zentren zu stärken und weiterzuentwickeln, andererseits aber auch die Entstehung neuer Zentren im Zuge der Stadtentwicklung zu steuern.
- Das Fachkonzept leistet zweierlei: Es identifiziert jene Orte in der Stadt, die eine Zentrenfunktion haben beziehungsweise aufbauen sollen und beschreibt die Agenden und Handlungsfelder, die bei der Aufwertung und Etablierung dieser Stadträume zum Tragen kommen.
- Die Steuerung und Regulierung des großflächigen Einzelhandels, vor allem in der Peripherie der Stadt, ist ein wichtiges Ziel des Fachkonzepts. Strukturell besteht hier ein direkter Einfluss auf die gewachsenen, vollwertigen und integrierten Zentren.
- Das Fachkonzept Zentren stellt kein vollständiges, in sich abgeschlossenes Einzelhandelskonzept dar. Aus stadtplanerischer Sicht ist der Einzelhandel nur einer von vielen Aspekten von lebendigen Zentren. Im Fokus steht eine erfolgreiche Zentrenentwicklung und die integrative Verschränkung verschiedener räumlicher Planungsstrategien. Es geht darum, viele Funktionen zu bündeln und damit urbane Standorte mit hoher Attraktivität zu schaffen.
Trends und Herausforderungen für die Zentrenentwicklung
Der Klimawandel und Trends wie die Veränderungen im Einzelhandel oder die zunehmende Mobilitätsvielfalt wirken auf die Wiener Zentren. Das Fachkonzept nimmt strategische Weichenstellungen angesichts dieser Herausforderungen vor:
- Demografische, soziale und ökonomische Veränderungen
- Anpassung an den Klimawandel
- Die Entstehung neuer Zentren
- Einzelhandel im Wandel
- Steigende Bedeutung des öffentlichen Raums und des Grätzels
- Klimaschutz
- Veränderte Mobilität und Mobilitätsvielfalt
Ein räumliches Leitbild für Wiens polyzentrale Zentrenentwicklung
Wien hat funktionierende Zentren, starke Metropolzentren mit der City und der Mariahilfer Straße, Hauptzentren wie die Favoritenstraße, die Landstraße oder die Meidlinger Hauptstraße und Quartierszentren, die eine wesentliche Rolle für funktionierende Grätzl und die lokale Versorgung spielen.
Diese "Polyzentralität", die Vielfalt von Zentren vor dem Hintergrund künftiger Herausforderungen zu erhalten und zu stärken, ist eine wesentliche Zielsetzung der Wiener Stadtplanung. Die städtischen Zentren sind im räumlichen Leitbild "Polyzentrale Stadtstruktur" dargestellt.
Agenden und Handlungsfelder
Städtische Zentren bieten eine hohe Dichte und große Vielfalt an kommerziellen wie nicht-kommerziellen Angeboten und sozialen, kulturellen, medizinischen und gesundheitsbezogenen Einrichtungen. Sie sind die Mittelpunkte des urbanen Lebens und somit viel mehr als nur Orte des Einzelhandels.
Das Fachkonzept legt sowohl die Weiterentwicklung und Stärkung bestehender Zentren als auch die Planung und Etablierung neuer Zentren im Zuge der Stadterweiterung als Ziele fest. Diese Ziele können nur dann erreicht werden, wenn der großflächige Einzelhandel stärker gesteuert wird, um die städtischen Zentren zu unterstützen.
Dadurch wird verhindert, dass große Einzelhändler, Einkaufs- oder Fachmarktzentren Kaufkraft und Aktivitäten aus vollwertigen städtischen Zentren an stadtstrukturell ungeeignete Standorte abziehen - mit negativen räumlichen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Effekten.
Das Fachkonzept "Mittelpunkte des städtischen Lebens - Polyzentrales Wien" behandelt daher 3 Agenden und 2 weitere Schlüsselaspekte der Zentrenentwicklung:
- Agenda 1: Bestehende städtische Zentren - Weiterentwicklung und Standortverbesserung
Die Vielfalt der Wiener Zentren soll erhalten und gestärkt werden. Es werden Prozesse und Vorgehensweisen definiert, um gemeinsam mit privaten und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren sowie Bürgerinnen und Bürgern Aufwertungsmaßnahmen umzusetzen. Die Handlungsfelder sind:- Erarbeitung von Entwicklungsleitbildern
- Ansprechpersonen vor Ort und Umsetzungspartnerschaften für die Weiterentwicklung städtischer Zentren
- Innovative Immobilienkonzepte ermöglichen und für die Entwicklung städtischer Zentren nutzen
- Fokussierte Vergabe von Fördermitteln
- Leerstandsvermittlung von Erdgeschoßlokalen in städtischen Zentren – privat und öffentlich
- Sicherstellung einer qualitätsvollen und attraktiven Erdgeschoßzone bei Neubauten
- Agenda 2: Neue Zentren - Entwicklung und Etablierung
Die Entwicklung neuer Stadtquartiere wird dazu genutzt, um dort, wo eine Tragfähigkeit gegeben ist, neue städtische Zentren zu etablieren. Kooperative Entwicklungsprozesse werden initiiert, in denen die Stadt Wien, Bauträger, Bezirke, Anrainerinnen und Anrainer, künftige Nutzerinnen und Nutzer und Wirtschaftstreibende gemeinsam an der baulichen und funktionalen Ausgestaltung arbeiten. Die Handlungsfelder sind:- Entwicklungsleitlinien für ein neues Zentrum
- Städtebauliche Vorgaben und räumliche Festlegungen in allen Planungsphasen
- Erdgeschoßzonen-Konzept
- Qualitätssicherung bei der Entwicklung neuer Zentren
- Erdgeschoßzonen-Management
- Strategien zur Aktivierung potenzieller Nutzerinnen und Nutzer
- Entwicklung eines breiten Nutzungsmix - sozial, öffentlich, nicht-kommerziell, kommerziell
- Agenda 3: Großflächiger Einzelhandel - Steuerung und Regulierung
Es werden Festlegungen getroffen, wo großflächiger Einzelhandel grundsätzlich möglich beziehungsweise grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die Prüfverfahren im Sinne einer starken öffentlichen Steuerung werden nachjustiert. Die Handlungsfelder sind:- Änderungen der Bauordnung für Wien:
- Herabsetzung des Schwellenwerts für Einkaufszentren auf 1.600 Quadratmeter
- Begleitende städtebauliche Vorgaben für Einkaufszentren (Mehrgeschoßigkeit von Einkaufszentren, Anordnung der Stellplätze)
- Differenzierte Typisierung von Einkaufszentren zur Steuerung des Warensortiments
- Zeitliche Befristung der Bebauungsbestimmungen für Einkaufszentren
- Präzisierung der Kumulationsbestimmungen (zum Beispiel PKW-Abstellplätze) mit der Zielsetzung, eine attraktive Erdgeschoßzone zu ermöglichen
- Festlegung einer Ausschlusszone für Einkaufszentren
- Anpassung und Vereinheitlichung der Raumverträglichkeitsprüfung (RVP)
- Leitfaden für die Raumverträglichkeitserklärung (RVE): 1,5 MB PDF
- Änderungen der Bauordnung für Wien:
Darüber hinaus behandelt das Fachkonzept 2 weitere Aspekte der Zentrenentwicklung, die einen starken Querschnittscharakter haben: "Öffentliche Einrichtungen als Impulsgeber für die Zentrenentwicklung" sowie "Umweltschonende Mobilität und attraktiver öffentlicher Raum". Diese Schlüsselaspekte haben sowohl bei der Weiterentwicklung bestehender Zentren als auch bei der Etablierung neuer Zentren eine maßgebliche Bedeutung.
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