Ein autonomer, öffentlicher Bus in der Seestadt Aspern
5. Von der Elektrischen zum elektrischen Busserl

5.5 Lange bevor der Maulwurf gräbt

Portraitzeichnung von Judith Frank

Wir stehen am Frankhplatz, 9. Wiener Gemeindebezirk. Neben dem Wind zischt uns auch der Autoverkehr um die Ohren. Schwierig, sein eigenes Wort zu verstehen. Also starten wir gleich los. Wir – das bin ich mit einer Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, die die geplante Streckenführung der U5 erkunden wollen. Warum führt die neue Trasse genau hier entlang? Wie tief liegt sie unter der Erde? Und sind während des Baus Erschütterungen zu spüren? Fragen wie diese bekomme ich viele gestellt. Auch heute während des „City Walks“, einem Informationsformat für Anrainerinnen und U-Bahn-Interessierte.

Kommunikation spielt in der Stadtentwicklung eine wesentliche Rolle, so auch beim aktuellen U-Bahn-Projekt, dem Linienkreuz U2xU5. Die Antworten sind scheinbar einfach, die Komplexität des milliardenschweren Vorhabens und des Planungsprozesses im Hintergrund jedoch ist enorm. Im Rahmen des sogenannten „Generellen Projekts“ ist die Stadtplanung für die Strategie- und Streckenplanung einer neuen U-Bahn-Linie verantwortlich, bevor diese an die Wiener Linien zur Detailplanung und zum Bau übergeben werden. Dabei gilt es eine Vielzahl an Parametern zu berücksichtigen: Streckenführung, Bodenbeschaffenheit, Kanäle, Gas- und Stromleitungen, Lage der Stationen, Schienenradien, Stationsabstände, Notausstiege, Verkehrs- und Kostenwirksamkeit, Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung, Eigentumsverhältnisse auf den betroffenen und benachbarten Grundstücken – und natürlich Hunderte Gesetze, Normen und Vorschriften.

Heute kann ich bereits die Version Nr. 16 des Planentwurfes der Station Michelbeuern/AKH präsentieren. Diese sieht ganz anders aus, als wir uns das in der Machbarkeitsuntersuchung noch überlegt hatten. Denn neue Rahmenbedingungen verlangen nach neuen Lösungen. Auch diese wird nicht die letzte Variante sein, das ist mir klar. Will man das Projekt bis zu einer zeitgemäßen Umsetzung reifen lassen, braucht es nicht nur fachliches Know-how, sondern auch einen langen Atem, jede Menge Kreativität und eine große Portion Sensibilität in der Kommunikation. Insgesamt wird die Mappe zur „Generellen Planung“ eines Tages mehr als 400 A3-Seiten umfassen.

Geschafft – wir sind am Elterleinplatz. Eine Mitarbeiterin des Bezirksmuseums erzählt uns ein wenig über die lokale Geschichte. Denn auch die Historie spielt bei der U-Bahn-Planung eine Rolle: Wenn der Bagger oder der „Maulwurf“ sich einmal durch den Untergrund frisst, können auch archäologische Fundstücke zu Tage treten. Die historische Alsbach-Einwölbung werden wir während des Baus sicher zu Gesicht bekommen. Spannend. Doch davor wollen noch Kosten geschätzt, Gutachten eingeholt, Pläne gezeichnet, Infoveranstaltungen abgehalten und zahlreiche Dienststellen kontaktiert werden. Wie gesagt, langer Atem für eine wohlgemerkt gute Sache.

Spatenstich des Projekts U-Bahn-Linie U2 und U5

Judith Frank,

geboren 1977 in Waidhofen an der Thaya, studierte Kulturtechnik und Wasserwirtschaft an der BOKU Wien und arbeitet seit 2009 für die Stadt Wien, seit 2014 in der MA 18 und zuständig für die Planung des öffentlichen Verkehrs.