2. Ziele und Handlungsfelder der eHealth Strategie der Stadt Wien

2.8 DiGA und DiPA („App auf Rezept“) / Digitaler Gesundheitspfad

In Deutschland sind die digitalen Gesundheits- und Pflegeanwendungen DiGA und DiPA wichtige Bausteine zur digitalen Modernisierung der Gesundheitsversorgung und Pflege. Sie sind Bestandteil der zukünftigen eHealth-Infrastruktur und sollen eng mit anderen digitalen Elementen wie z. B. der elektronischen Patientenakte (ePA) zusammenspielen.

Als Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) werden (Medizin-)Produkte mit gesundheitsbezogener Zweckbestimmung bezeichnet, deren Hauptfunktion wesentlich auf digitalen Technologien beruht (z.B. „Gesundheits-Apps“). Sie haben im wesentlichen folgende Eigenschaften

  • Medizinprodukt mit niedriger Risikoklasse (I oder IIa nach MDR - Medical Device Regulation)

  • Die Hauptfunktion der DiGA beruht auf digitalen Technologien.

  • Der medizinische Zweck wird wesentlich durch die digitale Hauptfunktion erreicht.

  • Die DiGA unterstützt die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten oder die Erkennung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen.

  • Die DiGA wird von Patient*innen oder gemeinsam von Leistungserbringer*innen und Patient*innen genutzt.

In Deutschland können DiGA im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden, zur Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis wurde ein zügiger „Fast-Track“ definiert

  • Die Bewertungszeit beträgt höchstens drei Monate nach Eingang des vollständigen Antrags.

  • Kernpunkt ist ein Nachweis der positiven Versorgungseffekte, z.B. Studien (Tinnitus-App: Subjektive Belastung einer Kontroll- und Interventionsgruppe über 9 Monate).

  • Das Institut überprüft lediglich die Plausibilität der Herstellerangaben.

  • Ein Antrag auf Prüfung niedrigschwellig kann online gestellt werden.

Mit Stand Juli 2022 werden 34 DiGA im Verzeichnis aufgeführt, z.B. in den Bereichen digitales Diabetesmanagement, Tinnitus, Reizdarm und Multiple Sklerose.

Vom deutschen Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) wird auch eine neue Kategorie an mHealth Anwendungen beschrieben, die „Digitale Pflegeanwendungen“ (DiPA). Sie eröffnen vielfältige Möglichkeiten, um den Gesundheitszustand von Pflegebedürftigen zu stabilisieren oder zu verbessern oder auch die Kommunikation mit Angehörigen und Pflegefachkräften zu verbessern.

DiPA sind „digitale Helfer“, die von Pflegebedürftigen oder in der Interaktion von Pflegebedürftigen mit Angehörigen, sonstigen ehrenamtlich Pflegenden oder ambulanten Pflegeeinrichtungen genutzt werden können. Wie bei digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) wird ein Leitfaden und das Antragsportal veröffentlicht. Die Verordnung zur Erstattungsfähigkeit digitaler Pflegeanwendungen (DiPA) befindet sich derzeit in der Erarbeitung.

Auch in Österreich werden DiGA und DiPA diskutiert. Als Grundlage für eine Kostenübernahme durch die öffentliche Hand wird ein Nachweis der Wirksamkeit gefordert. Die Erbringung dieses Nachweises ist aufwändig und zeit- und kostenintensiv. Daher wird vorgeschlagen, zusätzlich zu den erstattungsfähigen DiGA und DiPA auch nicht erstattungsfähige Gesundheits- und Pflegeanwendungen zu ermöglichen, bei welchen kein Nachweis der Wirksamkeit erforderlich ist. Die Prüfung beschränkt sich bei diesen nicht erstattungsfähigen Anwendungen insbesondere darauf, dass sie vertrauenswürdig und sicher sind.

In Österreich gibt es Überlegungen zu einem „Digitalen Gesundheitspfad“ (DGP). Der DGP ist die Idee einer digitalen österreichischen Gesundheits-Plattform, auf der alle Bürger*innen und Anbieter von Produkten und Leistungen im Gesundheitswesen aufeinandertreffen . Der DGP stellt somit auch eine ideale digitale Drehscheibe für zertifizierte und qualitätsgesicherte eHealth Angebote für alle Aspekte der Gesundheitsversorgung in Österreich dar, einschließlich DiGA und DiPA. Relevante Stakeholder des Gesundheitswesens haben beim Konzept mitgearbeitet und können vom DGP profitieren.

  • Hochsicherer, digitaler Kommunikationsraum und Informationsschnittstelle für Bürger*innen, Angehörige und Gesundheitsdienstleister

  • Bedienerfreundliche interaktive Benutzeroberfläche mit umfangreichen (zertifizierten) Zusatzfunktionalitäten

  • Persönliches, offenes und rechtsicheres Gesundheits-Cockpit mit klaren Regeln und Standards

  • Der persönliche Digitale Gesundheitspfad führt zu einer verbesserten und effizienteren Versorgung bei gleichzeitig nachhaltiger Kostendämpfung

  • Die Plattform selbst soll in öffentlichem Eigentum bleiben, aber Anwendungen von privaten Anbieter*innen können eingebunden werden

  • Die Plattform beinhaltet die ELGA als wesentliche Kernkomponente

Um die geprüften, vertrauenswürdigen und sicheren Anwendungen als solche zu kennzeichnen, wird ein eHealth Gütesiegel angedacht. Dadurch erkennen sowohl die Patient*innen als auch die Leistungserbringer (z.B. Ärzt*innen) Anwendungen, denen sie vertrauen können. Dies ist aufgrund der großen Anzahl bestehender sowie täglich neu hinzukommender Anwendungen besonders wichtig. Die Zertifizierung der eHealth Anwendungen wird ein großer Vorteil des DGP sein, die Zertifizierungen sollten in angemessener Zeit durchgeführt werden. Dazu wird in bestimmten Bereichen ein Selfassessment angedacht, das durch die Plattformbetreiber geprüft werden kann. Die Nutzung und eventuell die Weitergabe von Daten der Anwendungen wird bei Einwilligung der Nutzer*innen möglich sein.

Der Digitalen Gesundheitspfad hat so das Potential sich zu einer österreichischen Plattform für DiGA- und DiPA Anwendungen zu entwickeln. Wien unterstützt diese Initiative, eine unabhängige, österreichweite Gesundheitsplattform aufzubauen.