Landesgesetzblatt für Wien

Jahrgang 2007Ausgegeben am 21. Februar 20079. Stück
9. Gesetz:Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz 1990 –WrJWG 1990; Änderung [CELEX-Nr.: 32005L0036]

9.
Gesetz, mit dem das Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz 1990 – WrJWG 1990
geändert wird

Der Wiener Landtag hat beschlossen:
Artikel I
Das Wiener Jugendwohlfahrtsgesetz 1990 – WrJWG 1990, LGBl. für Wien Nr. 36, in der Fassung des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 35/2001, wird wie folgt geändert:
1. § 1 Abs. 1 lautet:
„(1) Die öffentliche Jugendwohlfahrt hat
1. für die Betreuung von Schwangeren sowie von Säuglingen und deren Eltern vorzusorgen,
2. die Entwicklung Minderjähriger durch Beratungs- und Unterstützungsangebote zu fördern und durch Gewährung von Hilfen zur Erziehung (§§ 32 ff) zu sichern.“
2. § 3 samt Überschrift lautet:
Persönlicher Anwendungsbereich
§ 3. Öffentliche Jugendwohlfahrt ist allen Personen zu gewähren, die ihren Aufenthalt in Wien haben. Österreichischen Staatsbürgern, durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Begünstigten und Staatenlosen ist auch dann öffentliche Jugendwohlfahrt zu gewähren, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Wien haben und sich derzeit in einem anderen Bundesland oder im Ausland aufhalten.“
3. In § 4 Abs. 2 Z 3 wird die Wortfolge „Beaufsichtigung von Heimen und sonstigen Einrichtungen, die ganzjährig betrieben und“ durch die Wortfolge „Aufsicht über sozialpädagogische Einrichtungen, die ganzjährig betrieben werden und“ ersetzt.
4. In § 5 Abs. 2 wird die Wortfolge „sind die Wiener Behörden“ durch die Wortfolge „ist der Wiener Jugendwohlfahrtsträger“ ersetzt.
5. § 6 Abs. 3 bis 6 lauten:
„(3) Mit Aufgaben der Rechtsvertretung in Unterhalts- und Abstammungsangelegenheiten dürfen nur Bedienstete (Rechtsvertreterinnen) betraut werden, die die Voraussetzungen für die Verwendung als Fachbedienstete des Verwaltungsdienstes erfüllen. Sie haben nach entsprechender Ausbildung und praktischer Tätigkeit die erforderlichen Fachprüfungen abzulegen.
(4) Mit Aufgaben der Sozialarbeit dürfen nur folgende Personen betraut werden:
1. Absolventinnen einer in der Republik Österreich gültigen Ausbildung für Sozialarbeit,
2. Absolventinnen einer anerkannten gleichwertigen Ausbildung, die in einem anderen Staat erworben wurde.
(5) Psychologinnen, die in der Beratung oder Betreuung von Minderjährigen tätig sind, müssen eine postgraduale Ausbildung als Gesundheitspsychologin oder Klinische Psychologin oder eine anerkannte gleichwertige Ausbildung aufweisen.
(6) Mit Aufgaben der Sozialpädagogik dürfen nur folgende Personen betraut werden:
1. Absolventinnen einer in der Republik Österreich gültigen Ausbildung für Sozialpädagogik,
2. zur Betreuung von Minderjährigen mit besonderen Bedürfnissen neben Sozialpädagoginnen auch Absolventinnen einer in der Republik Österreich anerkannten Ausbildung zur diplomierten Sozialbetreuerin (diplomierte Behindertenpädagogin),
3. Absolventinnen einer anerkannten gleichwertigen Ausbildung, die in einem anderen Staat erworben wurde.
Personen, die eine solche Ausbildung nicht aufweisen, können für den Zeitraum von fünf Jahren beschäftigt werden, sofern sie sich berufsbegleitend der erforderlichen Ausbildung unterziehen.“
6. Dem § 6 wird folgender Abs. 10 angefügt:
„(10) Sozialarbeiterinnen und Sozialpädagoginnen, die zumindest fünf Jahre im Bereich der öffentlichen Jugendwohlfahrt tätig waren, können nach Absolvierung eines Fortbildungskurses im jeweils anderen Arbeitsbereich eingesetzt werden. Der Fortbildungskurs hat zumindest 300 Unterrichtseinheiten und 40 Stunden Praxis zu enthalten.“
7. Nach § 6 wird folgender § 6a samt Überschrift eingefügt:
Anerkennung von Ausbildungen
§ 6a. (1) Folgende Ausbildungen gemäß § 6 Abs. 4 Z 2 und § 6 Abs. 6 Z 3 werden vom Magistrat gemäß der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen anerkannt:
1. Ausbildungen, die in einem Mitgliedsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erworben wurden,
2. Ausbildungen eines anderen Landes, dessen Staatsangehörigen Österreich auf Grund eines Staatsvertrages im Rahmen der Europäischen Integration die selben Rechte für den Berufszugang zu gewähren hat wie österreichischen Staatsbürgern.
(2) Bestehen wesentliche Unterschiede in der Ausbildung, so hat die Antragstellerin die fehlende Qualifikation nach ihrer Wahl entweder durch einen höchstens 3-jährigen Anpassungslehrgang oder durch eine Eignungsprüfung nachzuweisen. Beim Nachweis von Rechtskenntnissen hat die Behörde die Art des Nachweises vorzuschreiben. Diese Ausgleichsmaßnahmen sind vorzuschreiben, es sei denn, die Unterschiede können durch die Berufspraxis ausgeglichen werden.
(3) Über einen Antrag ist innerhalb von vier Monaten zu entscheiden.
(4) Ausbildungen, die vom Magistrat nicht anerkannt werden können, sind nur dann gleichwertig, wenn sie von der zuständigen Behörde anerkannt (nostrifiziert) worden sind.“
8. In § 9 erster Satz entfällt das Wort „freien“.
9. In § 10 Abs. 2 wird vor dem Wort „Landesregierung“ das Wort „Wiener“ eingefügt.
10. §§ 12 bis 15 samt Überschriften lauten:
2. Hauptstück
Leistungen der Jugendwohlfahrt
1. Abschnitt
Soziale Dienste
Begriff
§ 12. Soziale Dienste sind Hilfen zur Deckung mehrfach auftretender Bedürfnisse werdender Eltern, Minderjähriger und deren Erziehungsberechtigten. Sie dienen der Entwicklung der Minderjährigen, der Förderung der Familie und der gewaltfreien Erziehung und haben vor allem auch die Aufgabe, präventiv zu wirken und somit zu verhindern, dass Hilfen zur Erziehung (§§ 32 ff) eingeleitet werden müssen.
Allgemeines
§ 13. (1) Der Magistrat hat vorzusorgen, dass die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendigen sozialen Dienste bereitgestellt werden. Auf regionale Verhältnisse, Bevölkerungsstrukturen und besondere Problemlagen ist Bedacht zu nehmen.
(2) Soziale Dienste, etwa niederschwellige Angebote (§ 14 Z 7), sind Minderjährigen insbesondere dann anzubieten, wenn dies für die Förderung des Wohles des Kindes zweckmäßiger und erfolgversprechender erscheint als die Gewährung von Hilfen zur Erziehung (§§ 32 ff).
(3) Bei der Durchführung der sozialen Dienste ist auf die Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der außerschulischen Jugenderziehung und mit anderen Einrichtungen zu achten, die ebenfalls Aufgaben der Betreuung und Förderung der Jugend wahrnehmen.
Arten der sozialen Dienste
§ 14. Insbesondere folgende soziale Dienste sind bereitzustellen:
1. Beratung für werdende Eltern und Erziehungsberechtigte mit Säuglingen, Kindern und Jugendlichen,
2. Beratung für Kinder und Jugendliche,
3. Unterbringung von Schwangeren, von Müttern/Vätern mit ihren Säuglingen und Kleinkindern in Krisenwohnungen und sonstigen Einrichtungen,
4. Bildung für werdende Eltern, Eltern und Erziehungsberechtigte zur Stärkung der Fähigkeit zur Pflege und Erziehung sowie zur Vorbeugung von Entwicklungsstörungen und Erziehungsschwierigkeiten sowie von physischer, psychischer und sexueller Gewalt,
5. Unterstützung bei der Führung des Haushaltes,
6. Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in sozialpädagogischen Einrichtungen,
7. Betreuung Minderjähriger durch niederschwellige Dienste, zB Streetwork und betreute Notschlafstellen,
8. Beratung für Familien in finanziellen Angelegenheiten,
9. prophylaktische Aktivitäten und Beratungsangebote im gesundheitlichen, pflegerischen, sozialen, rechtlichen und psychologischen Bereich,
10. muttersprachliche Beratungsdienste,
11. Verbindungsdienste zu medizinischen Einrichtungen,
12. vorbeugende und therapeutische Hilfen,
13. Förderung von Kindern mit besonderen Bedürfnissen in Familien.
Erholungsaktionen
§ 15. Zur Unterstützung von Eltern und Kindern sind Erholungsaktionen zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen sowie für Familien zu fördern.“
11. § 16 entfällt. Der bisherige § 19 erhält die Bezeichnung § 16. und ist zwischen § 15 und § 17 einzufügen.
12. § 17 samt Überschrift lautet:
Wirtschaftliche Hilfen
§ 17. Der Magistrat kann in berücksichtigungswürdigen Fällen zur Unterstützung von Jugendlichen und Familien praktische und wirtschaftliche Hilfen gewähren, auch wenn ein Leistungsanspruch aus dem Wiener Sozialhilfegesetz nicht besteht.“
13. § 18 entfällt.
14. § 20 samt Überschrift lautet:
Begriff
§ 20. Pflegekinder im Sinne dieses Gesetzes sind Minderjährige, die von anderen Personen gepflegt und erzogen werden als von
1. bis zum dritten Grad Verwandten oder Verschwägerten,
2. Wahleltern,
3. jenen, die vom Gericht mit der Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung betraut wurden oder
4. jenen, die im Rahmen der Tagesbetreuung tätig werden.“
15. § 21 Abs. 3 und 4 lauten:
„(3) Die Aufnahme eines Pflegekindes ist nach fachlichen Gesichtspunkten unter Einbeziehung aller beteiligten Personen vorzubereiten. Für Pflegeeltern, Pflegekinder sowie leibliche Eltern sind Beratungshilfen einzurichten.
(4) Pflegeplätze dürfen nur vom Magistrat oder den dafür zugelassenen Einrichtungen der freien Jugendwohlfahrt vermittelt werden. Zur Vermittlung können freie Jugendwohlfahrtsträger mit Bescheid zugelassen werden, wenn sie die Voraussetzungen des § 8 erfüllen und Hilfen zur Festigung des Pflegeverhältnisses anbieten können.“
16. In § 27 Abs. 6 wird die Wortfolge „Vormündern in deren Pflege und Erziehung sich das Kind befindet“ durch die Wortfolge „Personen, die vom Gericht mit der Obsorge im Bereich der Pflege und Erziehung betraut wurden“ ersetzt.
17. In § 27a Abs. 1 erster Satz entfallen die Worte „dem Vormund“.
18. Die Überschrift des 3. Abschnittes lautet:
Sozialpädagogische Einrichtungen für Minderjährige
19. Die Überschrift von § 28 lautet:
Bewilligung“
20. § 28 Abs. 1 lautet:
„(1) Sozialpädagogische Einrichtungen, die zur Übernahme von Minderjährigen in volle Erziehung bestimmt sind (§ 34), dürfen nur mit Bewilligung (Bescheid) der Landesregierung errichtet und betrieben werden. Jede Änderung der sozialpädagogischen Einrichtung, die eine Abweichung von dem der seinerzeitigen Bewilligung zu Grunde gelegten Zustand bewirkt, bedarf ebenfalls einer Bewilligung.“
21. § 28 Abs. 3 und 4 entfallen. Dem Abs. 2 werden folgende Abs. 3 bis 5 angefügt:
„(3) Die Landesregierung kann durch Verordnung Richtlinien für die Errichtung und den Betrieb von sozialpädagogischen Einrichtungen im Sinne des Abs. 1 erlassen. Die Behörde kann auf Antrag eine Nachsicht erteilen von:
1. einzelnen Anforderungen an die Raumanordnung und die Ausstattung: Die Nachsicht ist nur zu erteilen, wenn die Erfüllung dieser Anforderungen wirtschaftlich unzumutbar ist; dies ist insbesonders der Fall, wenn der mit der Erfüllung der Anforderung verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht. Die Landesregierung hat in der Verordnung jene Anforderungen festzulegen, von denen Nachsicht erteilt werden kann.
2. Anforderungen an das Personal: Die Nachsicht ist nur zu erteilen, wenn dies aus besonderen pädagogischen Gründen erforderlich ist. Diese Gründe sind in der Verordnung näher auszuführen.
Die Nachsicht gemäß Z 1 und 2 ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht mehr gegeben sind.
(4) Die Behörde kann die Bewilligung unter Erteilung von Auflagen, Bedingungen oder Befristungen erteilen, wenn dies zur Vermeidung einer Gefährdung des Wohls der Minderjährigen erforderlich ist.
(5) Ergibt sich nach der Bewilligung, dass die Minderjährigen trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht ausreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben. Sie hat sich dabei an den neuesten sozialpädagogischen Erkenntnissen, dem aktuellen Stand der Technik und den sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu orientieren. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem, wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht.“
22. Nach § 28 werden folgende §§ 28a und 28b mit Überschrift eingefügt:
Aufsicht und Widerruf der Bewilligung
§ 28a. Sozialpädagogische Einrichtungen unterliegen der Aufsicht der Landesregierung. Diese hat in geeigneten Zeitabständen, mindestens aber einmal jährlich zu überprüfen, ob die sozialpädagogischen Einrichtungen den vorgeschriebenen Erfordernissen entsprechen. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung nicht mehr vor, ist diese zu widerrufen.
Meldepflicht
§ 28b. Folgende Umstände sind der Landesregierung unverzüglich schriftlich zu melden:
1. jede Änderung des Trägers der sozialpädagogischen Einrichtung,
2. jeder Wechsel in der pädagogischen Leitung und
3. jede – auch nur vorübergehende – Schließung der sozialpädagogischen Einrichtung.“
23. Im § 30 Abs. 1 entfällt der letzte Satz.
24. Im § 32 wird die Verweisung auf „§ 12 Abs. 2“ durch „§ 13 Abs. 2“ ersetzt.
25. § 33 Abs. 2 Z 5 und 7 entfallen. § 33 Abs. 2 Z 6 erhält die Bezeichnung „5.“.
26. § 34 Abs. 1 lautet:
„(1) Volle Erziehung umfasst die Pflege und Erziehung der Minderjährigen in einer Pflegefamilie, bei Personen gemäß § 27 Abs. 6, in sozialpädagogischen Einrichtungen oder durch nicht ortsfeste Formen der Pädagogik, sofern der Jugendwohlfahrtsträger mit der Pflege und Erziehung zur Gänze betraut wurde.“
27. § 41 lautet:
§ 41. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 2.100,– zu bestrafen, wer
1. unbefugt oder entgeltlich Pflegeplätze oder die Annahme an Kindesstatt vermittelt,
2. ein Pflegekind unter 16 Jahren ohne die erforderliche Pflegebewilligung aufnimmt oder die Pflege fortsetzt, obwohl die Pflegebewilligung widerrufen wurde,
3. eine sozialpädagogische Einrichtung ohne die erforderliche Bewilligung errichtet oder betreibt oder eine genehmigungspflichtige Änderung ohne Bewilligung durchführt,
4. die nach diesem Gesetz vorgesehenen Aufsichten behindert.
(2) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 1.500,– zu bestrafen, wer
1. Gebote oder Verbote der gemäß § 28 Abs. 3 erlassenen Verordnung nicht befolgt,
2. gegen Auflagen, Bedingungen und Befristungen in Bescheiden, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen wurden, verstößt,
3. die Anzeige des Betriebes von Jugenderholungsheimen und Ferienlagern unterlässt.
(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu EUR 500,– zu bestrafen, wer gegen die Meldepflicht gemäß § 28b verstößt.
(4) Der Versuch ist strafbar.“
28. Dem § 43 wird folgender Abs. 9 angefügt:
„(9) Durch § 6a wird die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Amtsblatt Nr. L 255 vom 30. September 2005) umgesetzt.“
Artikel II
Dieses Gesetz tritt an dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Der Landeshauptmann:Der Landesamtsdirektor:
HäuplTheimer


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