Landesgesetzblatt für Wien
Jahrgang 2006 | Ausgegeben am 24. November 2006 | 53. Stück |
53. Kundmachung: | Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen den Ländern Niederösterreich und Wien zur Errichtung und zum Betrieb eines Biosphärenparks Wienerwald |
53.
Kundmachung des Landeshauptmannes von Wien betreffend
dieVereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen den Ländern
Niederösterreich und Wien zur Errichtung und zum Betrieb eines
Biosphärenparks Wienerwald
Die Länder Niederösterreich und Wien, jeweils vertreten durch den
Landeshauptmann, – im folgenden Vertragsparteien genannt – geleitet
von dem Wunsch, den einzigartigen Landschafts- und Kulturraum im Gebiet des
Wienerwaldes als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum zu erhalten und zu
einer Modellregion für nachhaltiges Handeln zu entwickeln, sind
übereingekommen, gemäß Artikel 15a B-VG nachstehende
Vereinbarung abzuschließen:
Artikel I
Gegenstand der Vereinbarung
Gegenstand der Vereinbarung ist die Errichtung und der Betrieb des
Biosphärenparks Wienerwald.
Artikel II
Fläche des Biosphärenparks
Wienerwald
(1) In Niederösterreich umfasst der Biosphärenpark Wienerwald im
Sinne dieser Vereinbarung die Fläche des Landschaftsschutzgebietes
Wienerwald gemäß § 2 Abs. 18 der NÖ Verordnung
über die Landschaftsschutzgebiete, LGBl. 5500/35-4.
(2) In Wien umfasst der Biosphärenpark Wienerwald im Sinne dieser
Vereinbarung Teile der Wiener Gemeindebezirke 13, 14, 16, 17, 18, 19 und
23.
Artikel III
Zielsetzung
(1) Der Biosphärenpark Wienerwald ist so zu errichten und zu
betreiben, dass
1. seine internationale Anerkennung durch die UNESCO erlangt und dauerhaft
aufrechterhalten wird;
2. er ein Instrument zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und
nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen darstellt;
3. er eine Modellregion zur Verwirklichung folgender Ziele auf regionaler
Ebene darstellt:
a) Schutz: Beitrag zur Erhaltung von Landschaften, Ökosystemen, Arten
und genetischer Vielfalt;
b) Entwicklung: Förderung einer ökologisch, ökonomisch und
soziokulturell nachhaltigen Entwicklung;
c) Bildung und Forschung: Unterstützung und Förderung von
Umweltbildung und -ausbildung, Forschung und Monitoring;
4. die Vertragsparteien als Träger von Privatrechten auf die
Zielsetzungen der Wienerwalddeklaration (Anlage) Bedacht nehmen.
(2) Die Verfolgung der in Abs. 1 genannten Ziele erfolgt unter
Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit,
Zweckmäßigkeit und weitest möglicher Koordinierung zwischen den
Ländern Niederösterreich und Wien.
Artikel IV
Zonierung
(1) Das Gebiet des Biosphärenparks Wienerwald soll die in
Art. III Abs. 1 angeführten Ziele durch eine entsprechende
Einteilung in die folgenden Zonen erfüllen:
a) Kernzonen: Gebiete, die dem langfristigen Schutz von
Lebensräumen, Tier- und Pflanzenarten dienen, und die eine ausreichende
Größe und Qualität zur Erfüllung der Schutzziele aufweisen.
Der Schutz der Kernzonen kann insbesondere durch Erklärung zu
Schutzgebieten nach den jeweiligen Naturschutzgesetzen oder durch vertragliche
Maßnahmen, die einen ausreichenden Schutz gewährleisten,
erfolgen.
b) Pflegezonen: Gebiete, die folgende Funktionen
erfüllen:
1. Abpufferung von Kernzonen, oder funktionale Verbindung von Kernzonen,
und
2. Erreichung der Ziele gemäß Art. III Abs. 1 in der
Kulturlandschaft durch gezielte Nutzung, unabhängig von
Kernzonen.
In Pflegezonen sind nur Aktivitäten zulässig, die mit den oben
genannten Zielen vereinbar sind. Es sind entsprechende Mechanismen zur Lenkung
der menschlichen Nutzung und Aktivitäten in Pflegezonen zu
entwickeln.
c) Entwicklungszonen: Gebiet des Biosphärenparks, das weder
als Kernzone noch als Pflegezone ausgewiesen ist. In der Entwicklungszone sind
Vorgehensweisen zur ökologisch, ökonomisch und soziokulturell
nachhaltigen Entwicklung und schonenden Nutzung natürlicher Ressourcen auf
regionaler Ebene zu entwickeln und umzusetzen.
(2) Die Vertragsparteien schaffen die rechtlichen Voraussetzungen, dass die
Zonen die angeführten Funktionen erfüllen können. In den
entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften werden alle Flächen des
Biosphärenparks Wienerwald einer Zone zugeordnet. Die Gesamtzonierung durch
die Vertragsparteien muss den Zielsetzungen gemäß Art. III
entsprechen.
Artikel V
Biosphärenpark Wienerwald Management
(1) Zur Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben des Biosphärenparks
Wienerwald ist die gemeinnützige „Biosphärenpark Wienerwald
Management Gesellschaft m.b.H.“, im Folgenden kurz Gesellschaft genannt,
vom Verein „Niederösterreich – Wien Gemeinsame
Entwicklungsräume“ zu gründen. Es ist sicher zu stellen, dass
der Verein „Niederösterreich – Wien Gemeinsame
Entwicklungsräume“ von den Vertragsparteien je zur Hälfte
finanziert wird.
(2) Im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft ist
das Merkmal der Gemeinnützigkeit zu verankern; für den Fall der
Auflösung der Gesellschaft ist fest zu legen, dass deren Vermögen
für gemeinnützige Zwecke im Sinne der BAO verwendet wird.
(3) Der Gesellschaft obliegt die Erfüllung der Aufgaben und
Verpflichtungen, die sich aus dieser Vereinbarung, aus den gesetzlichen Vorgaben
und aus dem Gesellschaftsvertrag unter Wahrung der Grundsätze der
Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit ergeben.
(4) Aufgaben der Gesellschaft sind insbesondere:
1. der Betrieb und die Weiterentwicklung des Biosphärenparks
Wienerwald im Sinne der Zielsetzungen gemäß Artikel III
Abs. 1;
2. die offizielle Repräsentation des Biosphärenparks Wienerwald,
insbesondere die Kontaktpflege mit den Stellen der UNESCO, dem nationalen MAB
Komitee, in- und ausländischen Biosphärenreservaten und anderen
nationalen und internationalen Institutionen sowie den
Gebietskörperschaften;
3. die Erstellung eines Leitbildes für den Biosphärenpark
Wienerwald unter Berücksichtigung vorhandener Stadt- und
Regionalentwicklungspläne;
4. die Mitarbeit an bzw. die Erstellung von weiter führenden
Konzepten (zB: Tourismus, Offenland) sowie die laufende Kontrolle ihrer
Umsetzung und Einhaltung;
5. die Koordinierung des Naturraummanagements und erforderlichenfalls die
Erstellung von Konzepten dazu;
6. die Koordinierung und Dokumentation der wissenschaftlichen Forschung
und der laufenden Umweltbeobachtung (Monitoring);
7. die Initiierung, Unterstützung und die Durchführung von
Projekten im Sinne der Zielsetzungen gemäß Artikel III
Abs. 1;
8. die Koordinierung bzw. Durchführung von Informations- und
Öffentlichkeitsarbeit;
9. der Aufbau und die Betreuung von Partizipationsinstrumenten und
-prozessen;
10. die Entwicklung und Koordination der biosphärenparkbezogenen
Bildungsarbeit sowie der Besucherinformation und -betreuung;
11. die Erstellung eines Konzeptes zur Kennzeichnung des
Biosphärenparks Wienerwald;
12. die Erstellung eines Konzeptes zur Verwendung und Verwertung der zu
AZ. AM 3547/2004, Register Nr. 219 690, des Österreichischen
Patentamtes registrierten Wort-Bildmarke.
(5) Zur Umsetzung der in Abs. 4 genannten Aufgaben hat die
Gesellschaft:
1. ein Jahresprogramm und einen entsprechenden Wirtschafts- und Finanzplan
jährlich bis spätestens 30. September für das darauf
folgende Jahr zu erstellen, welche der einstimmigen Beschlussfassung durch die
Generalversammlung bedürfen;
2. bis 30. Juni jedes Geschäftsjahres einen Rechnungsabschluss
und Geschäftsbericht über das abgelaufene Jahr der Generalversammlung
zur Beschlussfassung vorzulegen;
3. bis zum 30. April jedes Geschäftsjahres einen Bericht
über die im laufenden Jahresprogramm durchgeführten und vorgesehenen
Maßnahmen sowie deren Kosten zu erstellen.
Artikel VI
Finanzierung und Anlauf der
Geschäftstätigkeit
(1) Es ist sicherzustellen, dass der Gesellschaft vom Verein in den zwei
ersten Jahren ihrer Tätigkeit ein Betrag von EUR 600 000,– (zu
je 50% von den Ländern Niederösterreich und Wien finanziert) für
den laufenden Betrieb zur Verfügung gestellt wird. Nach Ablauf von zwei
Jahren ist vom Verein, nach einer entsprechenden Evaluierung der Kosten für
den laufenden Betrieb durch die Gesellschaft, erforderlichenfalls ein Betrag von
EUR 800 000,– (zu je 50% von den Ländern Niederösterreich
und Wien finanziert) für den laufenden Betrieb zur Verfügung zu
stellen. Allfällige begründete Erhöhungen im Sach- und
Personalaufwand der Gesellschaft können nur durch einen einstimmigen
Beschluss der Vertragsparteien herbeigeführt werden.
(2) Seitens der Gesellschaft sind sämtliche
Förderungsmöglichkeiten zur Erreichung der Ziele des
Biosphärenparks im höchstmöglichen Ausmaß
anzustreben.
(3) Die Vertragsparteien verpflichten sich ungeachtet der Kostenteilung in
Abs. 1, geeignete Maßnahmen zur Umsetzung einer notwendigen
Infrastruktur innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zu treffen und die
dafür notwendige Finanzierung sicher zu stellen.
(4) Die Gesellschaft soll ihre Tätigkeit spätestens am
1. Jänner 2007 aufnehmen.
(5) Bei der Besorgung der Aufgaben der Gesellschaft ist der
größtmögliche Grad an Kostendeckung anzustreben.
Artikel VII
Beiräte
(1) Zur Beratung und Unterstützung der Gesellschaft können
folgende Beiräte eingerichtet werden:
a) Regionsbeirat,
b) Partizipationsbeirat,
c) Wissenschaftlicher Beirat.
(2) Dem Regionsbeirat obliegt die Wahrung regionaler Interessen. Mitglieder
dieses Beirates sind die BürgermeisterInnen der NÖ
Biosphärenpark-Wienerwald-Gemeinden und die BezirksvorsteherInnen der im
Art. II Abs. 2 genannten Wiener Gemeindebezirke.
(3) Zur Wahrung der sonst durch den Biosphärenpark berührten
Interessen kann ein Partizipationsbeirat eingerichtet werden; diesem
gehören jedenfalls VertreterInnen der Grundeigentümer, der
öffentlich-rechtlichen Interessenvertretungen (Kammern) und der
Umweltorganisationen an.
(4) Zur fachlichen Beratung kann ein Wissenschaftlicher Beirat eingerichtet
werden. Der Wissenschaftliche Beirat besteht aus höchstens 10 Mitgliedern.
Ihm gehören jedenfalls Fachleute aus den Gebieten der Zoologie, der
Botanik, der Land- und Forstwirtschaft, der Raum- und Landschaftsplanung sowie
der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an. Voraussetzung für die
Bestellung ist eine nachgewiesene Qualifikation in diesen Fachgebieten. Die
Funktionsperiode beträgt fünf Jahre. Eine vorzeitige Abberufung ist
mit Begründung zulässig.
(5) Die Beiräte geben sich selbst eine Geschäftsordnung und haben
bei Bedarf Sitzungen abzuhalten. Auf Verlangen einer Vertragspartei ist
jedenfalls eine Sitzung einzuberufen. Für die Tätigkeit in den
Beiräten gebührt kein Entgelt. Die Gesellschaft führt die
Verwaltungsgeschäfte der Beiräte und hat das Recht an den Sitzungen
der Beiräte teilzunehmen.
(6) Die Bestellung und Abberufung der Mitglieder des Wissenschaftlichen
Beirates und des Partizipationsbeirates erfolgt auf Vorschlag der
Vertragsparteien einstimmig in der Generalversammlung der
Gesellschaft.
Artikel VIII
Schlichtungsverfahren
Bei Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung von oder den
Verstoß gegen Vertragsbestimmungen ist jede Vertragspartei bereit, eine
gütliche Einigung herbeizuführen.
Artikel IX
Überprüfung der Leistungen
Die Vertragsparteien kommen überein, fünf Jahre nach
In-Kraft-Treten die Regelungen der gegenständlichen Vereinbarung einer
Überprüfung zu unterziehen und allfällige Änderungen
einvernehmlich festzulegen.
Artikel X
Geltungsdauer, Kündigung
(1) Diese Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Sie kann von
den Vertragsparteien frühestens zehn Jahre nach ihrem In-Kraft-Treten
schriftlich gekündigt werden.
(2) Eine Kündigung wird sechs Monate nach ihrem Einlangen bei der
anderen Vertragspartei wirksam. Auf zivilrechtliche Verpflichtungen einer
Vertragspartei oder der Gesellschaft, die vor einer Kündigung im Sinne der
vorliegenden Vereinbarung eingegangen wurden, werden ungeachtet der
Kündigung die Bestimmungen der vorliegenden Vereinbarung von den
Vertragsparteien bis zur Beendigung der zivilrechtlichen Verpflichtung,
längstens aber zehn Jahre, weiter angewandt. Im Falle einer Kündigung
werden die Vertragsparteien die ihnen offenstehenden Möglichkeiten zur
Lösung von zivilrechtlichen Verpflichtungen wahrnehmen.
Artikel XI
Hinterlegung, Mitteilungen
Diese Vereinbarung wird in zwei Urschriften ausgefertigt. Je eine Urschrift
wird beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung sowie beim
Magistrat der Stadt Wien als Amt der Wiener Landesregierung hinterlegt. An diese
Stellen sind auch alle die Vereinbarung betreffenden Erklärungen und
Mitteilungen schriftlich zu richten.
Artikel XII
In-Kraft-Treten
Die Vereinbarung tritt nach Ablauf des Tages in Kraft, an dem die nach den
Landesverfassungen erforderlichen Voraussetzungen für das In-Kraft-Treten
erfüllt sind.
Der Landeshauptmann:
Häupl
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3
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