Landesgesetzblatt für Wien
Jahrgang 2006 | Ausgegeben am 14. Februar 2006 | 10. Stück |
10. Gesetz: | Bauordnung für Wien; Änderung [CELEX-Nrn.: 396L0082, 32001L0042 und 32003L0105] |
10.
Gesetz, mit dem die Bauordnung für Wien
geändert wird
Der Wiener Landtag hat beschlossen:
Artikel I
Die Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, zuletzt
geändert durch das Gesetz LGBl. für Wien Nr. 41/2005, wird wie
folgt geändert:
1. § 1 Abs. 1 lautet:
„(1) Die Flächenwidmungspläne und die Bebauungspläne
dienen der geordneten und nachhaltigen Gestaltung und Entwicklung des
Stadtgebietes. Sie sind Verordnungen. Ihre Festsetzung und Abänderung sowie
die zusammenfassende Erklärung, wie Umwelterwägungen, insbesondere der
Umweltbericht (§ 2 Abs. 1c), die Stellungnahmen zu
Umweltauswirkungen sowie die Ergebnisse von Konsultationen nach § 2
Abs. 3a, berücksichtigt wurden, beschließt der Gemeinderat. Jede
Beschlussfassung ist im Amtsblatt der Stadt Wien kundzumachen. Danach kann
jedermann gegen Ersatz der Vervielfältigungskosten die Ausfolgung der
Beschlüsse und der dazugehörigen Planbeilagen sowie weiters
gegebenenfalls der Erklärung über die Berücksichtigung der
Umwelterwägungen verlangen.“
2. Im § 1 Abs. 4 wird vor dem ersten Satz folgender Satz
eingefügt:
„Die Gemeinde hat die Auswirkungen der Flächenwidmungspläne
und Bebauungspläne zu überwachen, soweit im Rahmen der
Umweltprüfung erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt festgestellt
wurden.“
3. § 1 Abs. 5 lautet:
„(5) Von jenen Teilen der Industriegebiete bzw. Sondergebiete, in
denen Betriebe zulässig sind, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie
96/82/EG des Rates vom 9.12.1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren
Unfällen mit gefährlichen Stoffen fallen, müssen
Erholungsgebiete, Gartensiedlungsgebiete, Wohngebiete, gemischte Baugebiete mit
Ausnahme der Betriebsbaugebiete, Parkschutzgebiete, der Wald- und
Wiesengürtel und Grundflächen für öffentliche Zwecke sowie
Bauten, die öffentlichen Zwecken dienen, soweit entfernt sein, dass ein
angemessener Schutzabstand zur Verhütung schwerer Unfälle mit
gefährlichen Stoffen und zur Begrenzung der Unfallfolgen für Mensch
und Umwelt gewahrt bleibt.“
4. Im § 2 werden nach Abs. 1 folgende Abs. 1a, 1b,
1c und 1d eingefügt:
„(1a) Die Entwürfe für Flächenwidmungspläne und
Bebauungspläne sind vom Magistrat einer Umweltprüfung zu unterziehen,
wenn
1. durch sie der Rahmen für ein Vorhaben geschaffen wird, welches
gemäß dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl.
Nr. 697/1993, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. 14/2005, einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen
ist, oder
2. bei ihrer Verwirklichung Europaschutzgebiete (§ 22 des Wiener
Naturschutzgesetzes) erheblich beeinträchtigt werden.
(1b) Entwürfe für Flächenwidmungspläne und
Bebauungspläne, für die nicht bereits eine Pflicht zur
Umweltprüfung nach Abs. 1a besteht, sind nur dann einer
Umweltprüfung zu unterziehen, wenn sie voraussichtlich im Sinne der
Kriterien des Anhangs II der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der
Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme erhebliche
Umweltauswirkungen haben. Dies hat der Magistrat unter Beiziehung der Wiener
Umweltanwaltschaft zu beurteilen. Bei dieser Beurteilung sind auch jene
Auswirkungen zu berücksichtigen, die bei Verwirklichung des bisher
bestehenden Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes eingetreten
wären.
(1c) Auf Grund der Ergebnisse der Umweltprüfung nach Abs. 1a und
1b hat der Magistrat einen dem Anhang I der Richtlinie 2001/42/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die
Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme
entsprechenden Umweltbericht zu erstellen, in dem die voraussichtlichen
erheblichen Umweltauswirkungen, die die Verwirklichung der
Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne hat, einschließlich
der Ergebnisse der Prüfung von möglichen, vernünftigen
Alternativen, die die Ziele und den geographischen Anwendungsbereich des
jeweiligen Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes berücksichtigen,
darzustellen und zu bewerten sind.
(1d) Bei der einheitlichen Festlegung des Umfanges und des
Detaillierungsgrades der in den Umweltbericht aufzunehmenden Informationen ist
die Wiener Umweltanwaltschaft anzuhören.“
5. Im § 2 wird nach Abs. 3 folgender Abs. 3a
eingefügt:
„(3a) Hat der Entwurf eines Flächenwidmungsplanes oder
Bebauungsplanes voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt eines
anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder stellt ein
Mitgliedstaat, der voraussichtlich erheblich betroffen sein wird, ein
entsprechendes Verlangen, ist diesem Mitgliedstaat der Entwurf vor der
Beschlussfassung gemeinsam mit dem Umweltbericht (Abs. 1c) zu
übermitteln. Auf Verlangen des Mitgliedstaates sind über die
voraussichtlichen grenzüberschreitenden Umweltauswirkungen sowie über
die geplanten Maßnahmen zu deren Verminderung oder Vermeidung
Konsultationen in vereinbarter Dauer zu führen; dabei ist durch die
Weitergabe aller erforderlichen Informationen sicherzustellen, dass die
Umweltbehörden sowie die Öffentlichkeit des betroffenen
Mitgliedstaates Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten
können.“
6. Im § 2 Abs. 5 wird nach dem Wort
„Stadtgestaltung“ die Wendung „sowie des
Umweltberichtes nach Abs. 1c oder einer Begründung für eine
Entscheidung, keine Umweltprüfung nach Abs. 1b
durchzuführen,“ eingefügt.
7. § 2 Abs. 7 zweiter Satz lautet:
„Ferner hat der Magistrat über das Verhältnis des
vorgelegten Entwurfes zum Umweltbericht (Abs. 1c) und zu
Planungsvorstellungen zu berichten, welche in Beschlüssen des Gemeinderates
dargelegt sind.“
8. § 5 Abs. 4 lit. a lautet:
„a) Schutzzonen, Wohnzonen sowie Zonen für
Großbauvorhaben; Grundflächen, auf denen ein städtebaulicher
Schwerpunkt gesetzt werden soll; Bestimmungen über die Zulässigkeit
von Hochhäusern;“
9. Dem § 5 Abs. 4 lit. m wird folgender Halbsatz
angefügt:
„Bestimmungen über das Ausmaß des Schutzabstandes von
jenen Teilen der Industriegebiete bzw. Sondergebiete, in denen Betriebe
zulässig sind, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/82/EG des
Rates vom 9. Dezember 1996 zur Beherrschung der Gefahren bei schweren
Unfällen mit gefährlichen Stoffen fallen (§ 1
Abs. 5);“
10. Nach § 7e wird folgender § 7f samt
Überschrift eingefügt:
„Hochhäuser
§ 7f. (1) Hochhäuser sind Gebäude, deren
oberster Abschluss einschließlich aller Dachaufbauten gemäß
§ 81 Abs. 6 und 7 mehr als 35 m über dem tiefsten Punkt
des anschließenden Geländes beziehungsweise der festgesetzten
Höhenlage der anschließenden Verkehrsfläche liegt.
(2) Sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt, sind Hochhäuser
nur im Wohngebiet und gemischten Baugebiet in der Bauklasse VI sowie im
Industriegebiet, im Sondergebiet und in Strukturgebieten auf Grundflächen,
für die im Bebauungsplan ein oberster Abschluss gemäß
Abs. 1 in einer Höhe von mehr als 35 m festgesetzt ist,
zulässig.“
11. § 120 samt Überschrift lautet:
„Gebäude mit besonderen brandschutztechnischen
Anforderungen
§ 120. (1) Gebäude mit besonderen
brandschutztechnischen Anforderungen sind jene Gebäude, bei denen die
Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Aufenthaltsraumes mehr als
22 m über dem tiefsten Punkt des anschließenden Geländes
beziehungsweise der festgesetzten Höhenlage der anschließenden
Verkehrsfläche liegt.
(2) Die ersten vier Hauptgeschosse sind in Brandabschnitte von
höchstens 1200 m², alle weiteren Hauptgeschosse sowie Dachgeschosse
von höchstens 800 m² Geschossfläche zu unterteilen, wobei die
Flächen der Stiegenhäuser samt Schleusen und Aufzugsschächten
außer Betracht bleiben.
(3) Türen, die in notwendige Verbindungswege sowie in
Stiegenhäuser oder Schleusen münden, müssen feuerhemmend und
selbstzufallend sein.
(4) Fensterbrüstungen sind mit einer Mindesthöhe von 1 m
herzustellen. Sofern Loggien und Balkone mindestens 1,50 m tief sind und
eine feuerhemmende Brüstung mit einer Mindesthöhe von 1,10 m
haben, müssen in den hinter Loggien und Balkonen gelegenen Teilen der
Außenwand Fensterbrüstungen nicht hergestellt werden.
(5) Ausreichend be- und entlüftete Schleusen mit feuerhemmenden und
selbstzufallenden Türen müssen im Zuge folgender Verbindungswege
vorgesehen werden:
1. zwischen Kellergeschoss und Erdgeschoss;
2. zwischen Garagen einerseits und dem Stiegenhaus oder den Aufzügen
andererseits;
3. zwischen dem Gebäudeinneren und Transformatorenräumen,
Niederspannungsräumen, Räumen für die Lagerung von
Dieselkraftstoff, Räumen für Stromerzeugungsaggregate oder
Müllsammelräumen.
(6) Der Stiegenlauf ist baulich so zu gestalten, dass flüchtende
Personen nicht den Ausgang verfehlen.
(7) Stiegenstufen in notwendigen Verbindungswegen müssen eine
geschlossene Untersicht bilden und dürfen nicht freitragend hergestellt
sein. Spitzstufen sind bei notwendigen Stiegen unzulässig.
(8) Stiegenhäuser sind hinsichtlich ihrer Anordnung, ihrer Anzahl,
ihrer Verbindung untereinander und ihrer Lüftung so auszuführen, dass
sie unter Berücksichtigung der besonderen im Gebäude herrschenden
Verhältnisse im Gefahrenfalle dessen sicheres Verlassen
gewährleisten.
(9) Für jeden Brandabschnitt ist mindestens ein Aufzug vorzusehen,
dessen Benutzbarkeit auch im Brandfall für
Brandbekämpfungsmaßnahmen gewährleistet ist (Feuerwehraufzug).
Dieser darf mehreren Brandabschnitten zugeordnet werden, falls der Zugang
unmittelbar aus den angrenzenden Brandabschnitten erfolgt.
(10) Die Verwendung von Gas als Energieträger innerhalb der einzelnen
Wohnungen oder Betriebseinheiten ist unzulässig.
(11) Es ist eine automatische Brandmeldeanlage vorzusehen, die über
eine Übertragungseinrichtung eine Alarmierung der Feuerwehr und der
Benützer des Gebäudes gewährleisten muss.
(12) Es ist eine automatische Löschanlage (Sprinkler u. dgl.)
vorzusehen, sofern eine wirkungsvolle Brandbekämpfung von außen nicht
möglich ist. Weiters ist eine nasse Lösch-Wassersteigleitung,
erforderlichenfalls einschließlich einer Wasserdruckerhöhungsanlage,
einzurichten, wobei in jedem Geschoss mindestens ein Wandhydrant so anzubringen
ist, dass eine wirkungsvolle Brandbekämpfung gewährleistet
ist.
(13) Es ist eine vom allgemeinen Stromnetz unabhängige Stromquelle
vorzusehen. Diese Stromquelle muss sich bei Netzausfall selbsttätig
einschalten und an gesicherter Stelle händisch einschaltbar sein. An diese
Stromquelle sind alle für das sichere Verlassen des Gebäudes im
Gefahrenfalle, insbesondere auch durch behinderte Personen, für die
Brandbekämpfung und für die kurzfristige Aufrechterhaltung der
Betriebsfähigkeit unbedingt notwendiger Anlagen erforderlichen elektrischen
Einrichtungen anzuschließen.
(14) Soweit den Erfordernissen der Sicherheit, der Festigkeit, der
Gesundheit und des Brandschutzes insgesamt gleichwertig Rechnung getragen wird,
sind Abweichungen von den Bestimmungen der Abs. 2 bis 13
zulässig.
(15) Die Baubewilligung kann von erhöhten baulichen,
sicherheitstechnischen und betrieblichen Anforderungen sowie von der
Ausführung entsprechender Zufahrten abhängig gemacht werden, soweit
dies wegen der besonderen Lage des Einzelfalles im Hinblick auf die
örtlichen Gegebenheiten sowie infolge der Lage, der Bauart, des Umfanges
und der Art der Benützung des Gebäudes oder aus Gründen des
Brandschutzes und der Sicherheit der im Gebäude anwesenden Personen
(Benützer und Besucher) erforderlich ist. Soweit sicherheitstechnische
Anforderungen, insbesondere Betriebsvorschriften, in den Bauplänen nicht
dargestellt werden können, sind sie durch Auflagen vorzuschreiben. In der
Bewilligung ist die periodische Überprüfung der sicherheitstechnischen
Einrichtungen durch hiezu Befugte vorzuschreiben.“
Artikel II
In-Kraft-Treten und
Übergangsbestimmung
(1) Dieses Gesetz tritt sechs Monate nach seiner Kundmachung in
Kraft.
(2) Für im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bereits
anhängige Verfahren gelten die bisherigen gesetzlichen
Bestimmungen.
(3) Auf Flächenwidmungspläne und Bebauungspläne, die im
Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes bereits in Geltung stehen oder
zur öffentlichen Einsicht aufliegen, sind die Art. I Z 1, 4, 5, 6
und 7 sowie Z 10 hinsichtlich § 7f Abs. 2 nicht
anzuwenden.
Artikel III
Umsetzung von Gemeinschaftsrecht
(1) Art. I Z 1, 2, 4, 5, 6 und 7 dienen der Umsetzung der
Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom
27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter
Pläne und Programme.
(2) Art. I Z 3 dient der Umsetzung der Richtlinie 2003/105/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2003 zur
Änderung der Richtlinie 96/82/EG des Rates zur Beherrschung der Gefahren
bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen.
Artikel IV
Notifizierung
Art. I Z 11 dieses Gesetzes wurde gemäß den
Bestimmungen der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet
der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die
Dienste der Informationsgesellschaft in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 der
Europäischen Kommission notifiziert (Notifikationsnummer
2005/56/A).
Der Landeshauptmann: | Der Landesamtsdirektor: |
Häupl | Theimer |
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