Landesgesetzblatt für Wien
Jahrgang 2004 | Ausgegeben am 5. April 2004 | 13. Stück |
13. Kundmachung: | Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich (Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG) |
13.
Kundmachung des Landeshauptmannes von Wien betreffend die
Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß
Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden
Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber,
Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen
Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich
(Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG)
Der Wiener Landtag hat am 4. März 2004 den Abschluss
nachstehender Vereinbarung gemäß § 139 Abs. 2 der
Wiener Stadtverfassung genehmigt:
Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern
gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen zur
vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige
Fremde (Asylwerber, Asylberechtigte, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder
faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich
(Grundversorgungsvereinbarung – Art. 15a B-VG)
Der Bund, vertreten durch die Bundesregierung, und die Länder
Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg,
Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien, jeweils vertreten durch den
Landeshauptmann, – im folgenden Vertragspartner genannt – kommen
überein, gemäß Artikel 15a B-VG die nachstehende
Vereinbarung zu schließen:
Artikel 1
Zielsetzung
(1) Ziel der Vereinbarung ist die bundesweite Vereinheitlichung der
Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und
schutzbedürftige Fremde, die im Bundesgebiet sind, im Rahmen der
bestehenden verfassungsrechtlichen Kompetenzbereiche. Die Grundversorgung soll
bundesweit einheitlich sein, partnerschaftlich durchgeführt werden, eine
regionale Überbelastung vermeiden und Rechtssicherheit für die
betroffenen Fremden schaffen.
(2) Bei der Erreichung des Ziels gemäß Abs. 1 ist auf die
europarechtlichen Normen, insbesondere auf die Richtlinie 2003/9/EG des Rates
zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern in den
Mitgliedstaaten und die Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001
über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden
Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur
Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der
Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die
Mitgliedstaaten, Bedacht zu nehmen.
(3) Die Vertragspartner errichten ein Betreuungsinformationssystem.
Datenschutzrechtliche Auftraggeber des Betreuungsinformationssystems sind die
jeweils zuständigen Organe der Vertragspartner. Das
Betreuungsinformationssystem wird als Informationsverbundsystem
(§§ 4 Z 13, 50 DSG 2000) geführt.
(4) Die durch diese Vereinbarung begünstigten Fremden werden im Sinne
einer jährlichen Gesamtbetrachtung unter Bedachtnahme auf das
Verhältnis der Wohnbevölkerung in den Bundesländern betreut.
Wohnbevölkerung im Sinne dieser Vereinbarung ist die für den
jeweiligen Finanzausgleich ermittelte Gesamtbevölkerung Österreichs
und die Bevölkerungszahl des jeweiligen Bundeslandes (zuletzt:
Volkszählung 2001).
(5) Diese Vereinbarung begründet keinen Rechtsanspruch für Fremde
gemäß Artikel 2.
Artikel 2
Begriffsbestimmungen/Zielgruppe
(1) Zielgruppe dieser Vereinbarung sind – unbeschadet der
Bestimmungen des Bundesbetreuungsgesetzes, BGBl. I Nr. 101/2003
– hilfs- und schutzbedürftige Fremde, die
unterstützungswürdig sind. Hilfsbedürftig ist, wer den
Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden
unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen
Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht
ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
Schutzbedürftig sind
1. Fremde, die einen Asylantrag gestellt haben (Asylwerber), über den
noch nicht rechtskräftig abgesprochen ist,
2. Fremde ohne Aufenthaltsrecht, über deren Asylantrag
rechtskräftig negativ abgesprochen wurde, die aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind,
3. Fremde mit Aufenthaltsrecht gemäß § 8 in
Verbindung mit § 15 AsylG, § 10 Abs. 4 FrG oder einer
Verordnung gemäß § 29 FrG,
4. Fremde ohne Aufenthaltsrecht, die aus rechtlichen oder
tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar sind,
5. Fremde, die auf Grund der §§ 4, 4a, 5, 5a und 6 der
Asylgesetznovelle 2003, BGBl. I Nr. 101/2003, nach einer – wenn
auch nicht rechtskräftigen – Entscheidung der Asylbehörde
entweder in Schubhaft genommen werden können oder auf die die Bestimmungen
des § 66 FrG anzuwenden sind oder deren vorübergehende
Grundversorgung bis zur Effektuierung der Außerlandesbringung nach der
Entscheidung der Asylbehörde von den Ländern sichergestellt ist
und
6. Fremde, denen ab 1. Mai 2004 Asyl in Österreich gewährt
wird (Asylberechtigte), während der ersten vier Monate nach
Asylgewährung.
(2) Die Unterstützung für Fremde, die angehalten werden, ruht
für die Dauer der Anhaltung.
(3) Die Unterstützung endet jedenfalls mit dem Verlassen des
Bundesgebietes, soweit Österreich nicht durch internationale Normen zur
Rückübernahme verpflichtet ist.
(4) Die Unterstützungswürdigkeit des Fremden kann unter
Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 2 eingeschränkt werden oder
verloren gehen, wenn er wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt
worden ist, die einen Ausschlussgrund gemäß § 13 AsylG
darstellen kann.
Artikel 3
Aufgaben des Bundes
(1) Der Bund führt Betreuungseinrichtungen (Betreuungsstellen,
Erstaufnahmestellen) für Asylwerber. Der Bund stellt vor Neuerrichtung oder
Schließung von Bundesbetreuungsstellen das Einvernehmen mit dem jeweiligen
Bundesland her. Der Bund sorgt für die Erstaufnahme der
Asylwerber.
(2) Der Bund richtet eine Koordinationsstelle ein. Deren Aufgaben
sind:
1. Zuteilung der Asylwerber auf die Länder unter Bedachtnahme auf den
Aufteilungsschlüssel (Art. 1 Abs. 4),
2. Transporte (zu den Erstaufnahmestellen und von den Erstaufnahmestellen
in die Länder),
3. An-, Ab- und Ummeldung bei der Krankenversicherung, soweit die
betreuten Fremden durch den Bund aufgenommen werden oder sich in
Betreuungseinrichtungen des Bundes befinden,
4. administrative Abwicklung, vierteljährliche Erstellung einer
Übersicht über die finanziellen Aufwendungen aller Vertragspartner
(gegliedert nach Vertragspartnern) sowie Verrechnung mit den
Ländern,
5. bei Bedarf und über Ersuchen der Länder Unterstützung
bei der Umverteilung von Fremden gemäß Art. 2 Abs. 1
Z 4 auf einzelne Bundesländer und
6. die Koordination und Durchführung von Maßnahmen betreffend
Rückkehrprogramme.
(3) Der Bund informiert die Länder laufend und zeitgerecht über
asylverfahrensrelevante Verfügungen.
(4) Schaffung von Vorsorgekapazitäten für die Bewältigung
von Unterbringungsengpässen in den Ländern.
(5) Der Bund kann sich zur Erfüllung seiner Aufgaben gemäß
der Abs. 1 (ausgenommen die Erstaufnahmestelle), Abs. 2 Z 2,
Z 3 und Z 6 hinsichtlich der Maßnahmen zur Durchführung der
Rückkehrprogramme sowie Abs. 4 humanitärer, kirchlicher oder
privater Einrichtungen oder Institutionen der freien Wohlfahrtspflege
bedienen.
Artikel 4
Aufgaben der Länder
(1) Die Aufgaben der Länder sind:
1. Versorgung der von der Koordinationsstelle zugewiesenen
Asylwerber,
2. Entscheidung über die Aufnahme Fremder gemäß
Art. 2 Abs. 1 Z 2 bis 4 und 6 in die Betreuung,
3. Entscheidung über die Entlassung betreuter Fremder; bei
Asylwerbern ist die Entscheidung im Einvernehmen mit dem Bundesasylamt zu
treffen,
4. Schaffung und Erhaltung der zur Versorgung der Fremden erforderlichen
Infrastruktur,
5. An-, Um- und Abmeldung bei der Krankenversicherung, soweit die
betreuten Fremden von den Ländern aufgenommen werden oder von Einrichtungen
des Landes betreut werden,
6. die Einbringung der aktuellen Daten über die Auslastung der
Kapazitäten in den Informationsverbund zum ehestmöglichen
Zeitpunkt,
7. Unterstützung des Bundesasylamtes bei Führung von
Asylverfahren etwa durch Zustellung von Ladungen und Entscheidungen an den
Asylwerber und Information und Erinnerung des Unterkunftgebers und des
Asylwerbers an verfahrensrelevante Termine,
8. Verarbeitung von zur Durchführung von Rückkehraktionen
erforderlichen personenbezogenen Daten von Asylwerbern über Ersuchen des
Bundes und
9. die aktuelle Meldung über von der Koordinationsstelle zugeteilte
Asylwerber, die sich dem Asylverfahren entzogen haben, an diese zum
ehestmöglichen Zeitpunkt.
(2) Bei der Versorgung der in die Betreuung aufgenommenen Fremden und der
Schaffung und Erhaltung der nötigen Infrastruktur gemäß
Abs. 1 Z 4 können sich die Länder humanitärer,
kirchlicher oder privater Einrichtungen oder Institutionen der freien
Wohlfahrtspflege bedienen.
(3) Die Länder können im Einvernehmen mit der Koordinationsstelle
bei unverhältnismäßiger Mehrbelastung einzelner Länder
für die Übernahme einer Anzahl von Fremden durch ein anderes Land
Sorge tragen. Sind hiefür Transporte erforderlich, sorgt das abgebende Land
für den Transport.
Artikel 5
Bund-Länder Koordinationsrat
(1) Der Koordinationsrat setzt sich aus den Vertretern der Vertragspartner
zusammen, die sich partnerschaftlich und gleichberechtigt
gegenüberstehen.
(2) Der Koordinationsrat tritt auf Verlangen eines Mitgliedes zusammen und
widmet sich der partnerschaftlichen Lösung von Problemen, die sich aus
aktuellen Anlassfällen, der Auslegung dieser Vereinbarung, der
Kostenverrechnung und deren Prüfung sowie auf Grund
außergewöhnlicher Ereignisse ergeben. Darüber hinaus tauschen
die Partner im Koordinationsrat Informationen aus und tragen zu einem
gemeinsamen Meinungsbildungsprozess bei.
(3) Der Koordinationsrat erarbeitet
1. notwendige Anpassungen betreffend die jeweiligen
Kostenhöchstsätze;
2. periodische Analysen betreffend die Umsetzung dieser Vereinbarung,
erstmals zum Stichtag 1. Mai 2005. Die Analyse ist jeweils längstens
innerhalb von drei Monaten nach Stichtag den Vertragspartnern vorzulegen. Die
Abstände, in denen die Analyse erfolgt, werden vom Koordinationsrat
festgelegt;
3. Empfehlungen für Änderungen dieser Vereinbarung.
Artikel 6
Grundversorgung
(1) Die Grundversorgung umfasst:
1. Unterbringung in geeigneten Unterkünften unter Achtung der
Menschenwürde und unter Beachtung der Familieneinheit,
2. Versorgung mit angemessener Verpflegung,
3. Gewährung eines monatlichen Taschengeldes für Personen in
organisierten Unterkünften und für unbegleitete minderjährige
Fremde, ausgenommen bei individueller Unterbringung gemäß Art. 9
Z 2,
4. Durchführung einer medizinischen Untersuchung im Bedarfsfall bei
der Erstaufnahme nach den Vorgaben der gesundheitsbehördlichen
Aufsicht,
5. Sicherung der Krankenversorgung im Sinne des ASVG durch Bezahlung der
Krankenversicherungsbeiträge,
6. Gewährung allenfalls darüber hinausgehender notwendiger,
durch die Krankenversicherung nicht abgedeckter Leistungen nach
Einzelfallprüfung,
7. Maßnahmen für pflegebedürftige Personen,
8. Information, Beratung und soziale Betreuung der Fremden durch
geeignetes Personal unter Einbeziehung von Dolmetschern zu deren Orientierung in
Österreich und zur freiwilligen Rückkehr,
9. Übernahme von Transportkosten bei Überstellungen und
behördlichen Ladungen,
10. Übernahme der für den Schulbesuch erforderlichen Fahrtkosten
und Bereitstellung des Schulbedarfs für Schüler,
11. Maßnahmen zur Strukturierung des Tagesablaufes im
Bedarfsfall,
12. Gewährung von Sach- oder Geldleistungen zur Erlangung der
notwendigen Bekleidung,
13. Kostenübernahme eines ortsüblichen Begräbnisses oder
eines Rückführungsbetrages in derselben Höhe und
14. Gewährung von Rückkehrberatung, von Reisekosten sowie einer
einmaligen Überbrückungshilfe bei freiwilliger Rückkehr in das
Herkunftsland in besonderen Fällen.
(2) Die Grundversorgung kann, wenn damit die Bedürfnisse des Fremden
ausreichend befriedigt werden, auch in Teilleistungen gewährt
werden.
(3) Fremden, die die Aufrechterhaltung der Ordnung in einer Unterkunft
durch ihr Verhalten fortgesetzt und nachhaltig gefährden, kann die
Grundversorgung gemäß Abs. 1 unter Berücksichtigung von
Art. 1 Abs. 2 eingeschränkt oder eingestellt werden. Das gleiche
gilt im Anwendungsfall des § 38a SPG.
(4) Durch die Einschränkung oder Einstellung der Leistungen darf die
medizinische Notversorgung des Fremden nicht gefährdet werden.
(5) Fremde gemäß Art. 2 Abs. 1 können mit ihrem
Einverständnis zu Hilfstätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang
mit der Unterbringung und Betreuung stehen, herangezogen werden.
Artikel 7
Sonderbestimmungen für unbegleitete
minderjährige Fremde
(1) Die Vertragspartner kommen überein, dass unbegleitete
minderjährige Fremde einer über Art. 6 hinausgehenden
Grundversorgung bedürfen. Diese werden durch Maßnahmen zur
Erstabklärung und Stabilisierung unterstützt, die der psychischen
Festigung und dem Schaffen einer Vertrauensbasis dienen sollen. Im Bedarfsfall
ist darüber hinaus sozialpädagogische und psychologische
Unterstützung zu gewähren. Die Unterbringung hat in einer Wohngruppe,
einem Wohnheim, in einer sonstigen geeigneten organisierten Unterkunft, in
betreutem Wohnen oder in individueller Unterbringung zu erfolgen.
(2) Wohngruppen sind für unbegleitete minderjährige Fremde mit
besonders hohem Betreuungsbedarf einzurichten. Wohnheime sind für nicht
selbstversorgungsfähige unbegleitete minderjährige Fremde
einzurichten. Betreutes Wohnen ist für Betreute einzurichten, die in der
Lage sind, sich unter Anleitung selbst zu versorgen.
(3) Darüber hinaus umfasst die Betreuung unbegleiteter
minderjähriger Fremder
1. eine an deren Bedürfnisse angepasste Tagesstrukturierung (Bildung,
Freizeit, Sport, Gruppen- und Einzelaktivitäten, Arbeit im Haushalt)
und
2. die Bearbeitung von Fragen zu Alter, Identität, Herkunft und
Aufenthalt der Familienangehörigen,
3. die Abklärung der Zukunftsperspektiven in Zusammenwirken mit den
Behörden,
4. gegebenenfalls die Ermöglichung der Familienzusammenführung
und
5. gegebenenfalls die Erarbeitung eines Integrationsplanes sowie
Maßnahmen zur Durchführung von Schul-, Ausbildungs- und
Berufsvorbereitungsaktivitäten unter Nutzung der bestehenden Angebote mit
dem Ziel der Selbsterhaltungsfähigkeit.
Artikel 8
Sonderbestimmungen für
Massenfluchtbewegungen
(1) Massenfluchtbewegungen sind Ereignisse, die eine Verordnung nach
§ 29 FrG rechtfertigen.
(2) Im Falle einer Massenfluchtbewegung obliegt die Abstimmung der zu
treffenden Maßnahmen der Koordinationsstelle gemäß Art. 3.
Diese entscheidet über die
1. Unterbringung der Fremden in den geführten Betreuungseinrichtungen
der Vertragspartner, soweit Kapazitäten frei sind,
2. Bereitstellung von weiteren Unterkünften und die Unterbringung der
Fremden in diesen.
(3) Die Koordinationsstelle arbeitet zur Erfüllung der Aufgaben nach
diesem Artikel mit dem Koordinationsrat zusammen.
(4) Im Falle einer Massenfluchtbewegung kann die Grundversorgung dieser
Fremden beschränkt werden. Die Befriedigung der Grundbedürfnisse darf
nicht gefährdet sein, auf Art. 8 EMRK ist Bedacht zu nehmen.
Artikel 9
Kostenhöchstsätze
Die Kostenhöchstsätze für die Erfüllung der Aufgaben
nach den Art. 6, 7 und 8 betragen inklusive aller Steuern und
Abgaben:
1. für die Unterbringung und Verpflegung in einer organisierten
Unterkunft pro Person und Tag € 17,—
2. für die Verpflegung bei individueller Unterbringung pro Person und
Monat
für Erwachsene € 180,—
für Minderjährige € 80,—
für unbegleitete Minderjährige € 180,—
3. für die Miete bei individueller Unterbringung pro Monat
für eine Einzelperson € 110,—
für Familien (ab zwei Personen)
gesamt € 220,—
4. für Taschengeld pro Person und Monat € 40,—
5. für Überbrückungshilfe bei Rückkehr, einmalig pro
Person € 370,—
6. für die Sonderunterbringung für pflegebedürftige
Personen, pro Person und Monat € 2 480,—
7. für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung unbegleiteter
minderjähriger Fremder pro Person und Tag
in Wohngruppen (mit Betreuungsschlüssel
1 : 10) € 75,—
in Wohnheimen (mit Betreuungsschlüssel
1 : 15) € 60,—
in betreutem Wohnen (mit Betreuungsschlüssel 1 : 20), oder
in sonstigen geeigneten Unterkünften € 37,—
8. für die Krankenversicherung maximal in Höhe des
gemäß §§ 9 und 51 ASVG jeweils festgesetzten
Beitragssatzes (derzeit 7,3% inklusive Zusatzbetrag);
9. für Information, Beratung und soziale Betreuung (exklusive
Dolmetscherkosten) nach einem maximalen Betreuerschlüssel von
1 : 170
10. für die zum Schulbesuch erforderlichen Fahrtkosten – bis zu
einer Kostentragung nach dem Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) – die
Tarifsätze der jeweiligen Verkehrsunternehmen;
11. für Schulbedarf pro Kind und Jahr € 200,—
12. für Freizeitaktivitäten in organisierten Quartieren pro
Person/Monat € 10,—
13. für Deutschkurse für unbegleitete minderjährige Fremde
mit maximal 200 Unterrichtseinheiten und pro Einheit pro
Person € 3,63
14. für notwendige Bekleidungshilfe jährlich pro
Person € 150,—
15. für Rückreise nach den Kostenhöchstsätzen der
Internationalen Organisation für Migration (IOM) und
16. für Kosten gemäß Art. 2 Abs. 1 Z 5 pro
Person und Tag maximal der gemäß § 10 Abs. 2 FrG-DV
jeweils festgelegte Betrag.
Artikel 10
Kosten
(1) Die Gesamtkosten die in Durchführung der Maßnahmen dieser
Vereinbarung entstehen, werden zwischen Bund und Ländern im Verhältnis
sechs zu vier aufgeteilt, ausgenommen die Kosten gemäß Art. 11
Abs. 4 erster Satz. Die Verrechnung erfolgt auf Grund der tatsächlich
geleisteten Beträge, maximal jedoch bis zum Erreichen der in Art. 9
normierten Kostenhöchstsätze.
(2) Die auf die einzelnen Länder gemäß Abs. 1
entfallenden Kosten werden zwischen den Ländern nach der
Wohnbevölkerung (Art. 1 Abs. 4) ausgeglichen.
(3) Die Vertragspartner legen entstehende Kosten aus und verrechnen
vierteljährlich bis zum Ablauf des darauf folgenden Quartals nach den
Abs. 1 und 2.
(4) Der Bund kann, über Ersuchen auch nur eines Landes, erwachsende
Kosten bevorschussen. Die Verrechnung erfolgt gemäß
Abs. 3.
(5) Die Vertragspartner stellen sich gegenseitig alle für die
Kostenabrechnung relevanten Daten über Verlangen zur
Verfügung.
(6) Nähere Durchführungsbestimmungen für die Abrechnung
legen die Vertragspartner im Einvernehmen fest.
Artikel 11
Kostentragung bei Asylwerbern
(1) Die Kosten für die Grundversorgung von Asylwerbern (Art. 2
Abs. 1 Z 1), die ihren Asylantrag ab dem 1. Mai 2004 in erster
Instanz beim Bundesasylamt (Erstaufnahmestelle) einbringen, werden für die
Dauer des Verfahrens in erster und zweiter Instanz, längstens für
12 Monate gemäß Art. 10 zwischen Bund und Ländern
aufgeteilt.
(2) Die Kosten für die Grundversorgung von Asylwerbern (Art. 2
Abs. 1 Z 1), deren Verfahren am 30. April 2004 in erster Instanz
beim Bundesasylamt anhängig sind, werden für die Dauer des Verfahrens
in erster und zweiter Instanz, längstens bis 30. April 2005
gemäß Art. 10 zwischen Bund und Ländern
aufgeteilt.
(3) Die Kosten für die Grundversorgung von Asylwerbern (Art. 2
Abs. 1 Z 1), deren Verfahren am 30. April 2004 in zweiter Instanz
beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, werden für die
Dauer des Verfahrens, längstens bis 31. Oktober 2004 gemäß
Art. 10 zwischen Bund und Ländern aufgeteilt.
(4) Die Kosten für die Grundversorgung Fremder gemäß der
Abs. 1 bis 3, deren Asylverfahren bis zur rechtskräftigen materiellen
Entscheidung länger als den oben genannten Zeitraum dauern, trägt der
Bund alleine. Nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens kommt die
Kostentragung gemäß Art. 10 zur Anwendung.
Artikel 12
Kostenverschiebungen durch legistische Maßnahmen,
Abwicklung der Schülerfreifahrt
(1) Werden durch künftige Gesetze oder Verordnungen des Bundes trotz
gegebenem Finanzierungsschlüssel von 60 : 40 faktische
finanzielle Kostenverschiebungen zu Lasten der Länder mit speziellem Bezug
auf den Regelungsbereich der vorliegenden Art. 15a B-VG Vereinbarung
verursacht, so hat der Bund hiefür den Ländern vollen Kostenersatz zu
leisten. Rechtsvorschriften, die zur Umsetzung des Rechtes der Europäischen
Union zwingend erforderlich sind, sind von der Kostenersatzpflicht
ausgenommen.
(2) Werden durch künftige Gesetze oder Verordnungen eines Landes trotz
gegebenem Finanzierungsschlüssel von 60 : 40 faktische
finanzielle Kostenverschiebungen zu Lasten des Bundes mit speziellem Bezug auf
den Regelungsbereich der vorliegenden Art. 15a B-VG Vereinbarung
verursacht, so hat das jeweilige Land dem Bund hiefür vollen Kostenersatz
zu leisten. Rechtsvorschriften, die zur Umsetzung des Rechtes der
Europäischen Union zwingend erforderlich sind, sind von der
Kostenersatzpflicht ausgenommen.
(3) Erzielen sämtliche Vertragspartner eine Einigung über die
Kostentragung, entfällt die Kostentragungspflicht gemäß
Abs. 1 und 2.
(4) Der Bund übernimmt vorläufig die zentrale Abwicklung der
Schülerfreifahrten. Die Kosten der Schülerfreifahrt unterliegen dem
Kostenteilungsschlüssel gemäß Art. 10 Abs. 1 der
genannten Vereinbarung.
Artikel 13
Datenaustausch
Die Vertragspartner sowie von diesen beauftragte Organisationen erhalten
Zugriff auf den zu schaffenden Informationsverbund. Bei jedem Zugriff muss
nachvollziehbar sein, welcher Bedienstete auf Informationen zugegriffen hat. Der
Zugriff ist nur zu Zwecken der Durchführung der Artikel 6, 7, 8, 10
und 11 zulässig. Die Vertragspartner schulen die Zugriffsberechtigten in
geeigneter Weise.
Artikel 14
Sprachliche Gleichstellung
Soweit in dieser Vereinbarung auf natürliche Personen bezogene
Bezeichnungen nur in der männlichen Form angeführt sind, beziehen sie
sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise. Bei der Anwendung der
Bezeichnung auf bestimmte natürliche Personen ist die jeweils
geschlechtsspezifische Form zu verwenden.
Artikel 15
Dauer
(1) Diese Vereinbarung wird auf unbefristete Zeit abgeschlossen. Die
Vertragspartner verzichten für die Dauer von zwei Jahren nach
In-Kraft-Treten dieser Vereinbarung auf eine Kündigung.
(2) Sollte ein Vertragspartner nach Ablauf dieser Frist die Vereinbarung
aufkündigen, wird diese Kündigung frühestens 18 Monate nach
Zustellung der Kündigung an alle anderen Vertragspartner wirksam.
(3) Die Kündigung gemäß Abs. 2 hat schriftlich zu
erfolgen.
Artikel 16
Übergangsbestimmungen und
In-Kraft-Treten
(1) Der Bund setzt Maßnahmen zur Beschleunigung von Asylverfahren und
zur Aufenthaltsbeendigung von Fremden ohne Aufenthaltstitel, soweit dies
rechtlich und faktisch möglich ist.
(2) Die Vertragspartner übernehmen mit In-Kraft-Treten dieser
Vereinbarung die von ihnen jeweils betreuten und zur Zielgruppe gehörenden
Personen in diese Grundversorgung.
(3) Diese Vereinbarung tritt am 1. Mai 2004 in Kraft.
Der Landeshauptmann:
Häupl
Medieninhaber: Land Wien – Herstellung:
WIENER ZEITUNG DIGITALE PUBLIKATIONEN GMBH, 1040 Wien
LGBl. für Wien ist erhältlich in der
Drucksortenstelle der Stadthauptkasse, 1010 Wien, Rathaus, Stiege 7,
Hochparterre und kann bei der MA 53 – Presse-
und
Informationsdienst der Stadt Wien, Rathaus, 1082 Wien, Telefon: (01) 4000-81026 DW bestellt bzw. abonniert werden.
Informationsdienst der Stadt Wien, Rathaus, 1082 Wien, Telefon: (01) 4000-81026 DW bestellt bzw. abonniert werden.
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