Landesgesetzblatt für Wien
Jahrgang 2002 | Ausgegeben am 6. Februar 2002 | 2. Stück |
2. Verordnung: | Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren [CELEX-Nr.: 398L0058] |
2.
Verordnung der Wiener Landesregierung über die
Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren
Auf Grund der §§ 11 Abs. 5 und 6 des Wiener Tierschutz-
und Tierhaltegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 39/1987, zuletzt
geändert durch das Gesetz LGBl. für Wien Nr. 11/2001, wird
verordnet:
Allgemeines
§ 1. (1) Landwirtschaftliche Nutztiere, ausgenommen
Fische, Reptilien und Amphibien, sind nach Maßgabe dieser Verordnung so zu
halten oder zu züchten, dass den Tieren keine unnötigen Schmerzen,
Leiden oder Schäden zugefügt werden, wobei die Tierart, der Grad ihrer
Entwicklung, die Anpassung und Domestikation sowie ihre physiologischen und
ethologischen Bedürfnisse entsprechend den praktischen Erfahrungen und
wissenschaftlichen Erkenntnissen zu berücksichtigen sind.
(2) Als landwirtschaftliche Nutztiere gelten alle Wirbeltiere, die zur
Erzeugung von Nahrungsmitteln, Wolle, Häuten, Fellen, Eiern, Samen,
Embryonen oder zu anderen landwirtschaftlichen Zwecken gehalten oder
gezüchtet werden.
Personal
§ 2. (1) Die für die Betreuung von
landwirtschaftlichen Nutztieren verantwortlichen Personen müssen über
die hiefür notwendigen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten
verfügen.
(2) Der Halter der landwirtschaftlichen Nutztiere hat dafür zu sorgen,
dass genügend Personal für die Betreuung solcher Tiere vorhanden
ist.
Kontrollen
§ 3. (1) Werden landwirtschaftliche Nutztiere in
Haltungssystemen gehalten, bei denen ihr Wohlergehen von der
regelmäßigen menschlichen Versorgung abhängig ist, so
müssen alle Tiere mindestens einmal täglich auf ihren
Gesundheitszustand hin kontrolliert werden. Ist eine derartige Kontrolle auf
Grund des Haltungssystems nicht durchführbar, so sind in
regelmäßigen Abständen entsprechende Untersuchungen vorzunehmen,
um jedwede Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Tiere
hintanzuhalten.
(2) Für die Kontrolle des Gesundheitszustandes der Tiere muss eine
ausreichende Beleuchtung zur Verfügung stehen. Darüber hinaus muss
für die Überprüfung der technischen Einrichtungen ein
ungehinderter Zugang zu diesen wie auch eine ausreichende Beleuchtung
gewährleistet sein.
(3) Weist ein Tier Anzeichen einer Krankheit oder Verletzung auf, so muss
es unverzüglich ordnungsgemäß versorgt werden. Spricht ein Tier
auf diese Maßnahme nicht an, so ist so rasch wie möglich ein Tierarzt
hinzuzuziehen. Erforderlichenfalls sind die kranken oder verletzten Tiere
gesondert in angemessenen Unterkünften unterzubringen und die
Unterkünfte gegebenenfalls mit trockener und geeigneter Einstreu zu
versehen.
Aufzeichnungen
§ 4. (1) Der Halter der Tiere oder ein von ihm
Beauftragter ist verpflichtet, über alle veterinärmedizinischen
Behandlungen und über die Zahl der bei jeder Kontrolle vorgefundenen toten
Tiere Aufzeichnungen zu führen.
(2) Aufzeichnungen gemäß Abs. 1 sind mindestens drei Jahre
lang aufzubewahren und zur jederzeitigen Einsichtnahme für
Behördenorgane bereitzuhalten.
(3) Aufzeichnungen gemäß Abs. 1 können unterbleiben,
wenn bereits nach anderen Rechtsvorschriften gleichwertige Informationen zu
dokumentieren sind.
Bewegungsfreiheit
§ 5. (1) Landwirtschaftliche Nutztiere müssen
entsprechend ihres art- und altersspezifischen Bewegungsbedürfnisses
gehalten werden, sodass den Tieren keine unnötigen Leiden oder Schäden
zugefügt werden. Allen Tieren muss entsprechend ihren physiologischen und
ethologischen Bedürfnissen genügend Raum für ein arttypisches
Ruhe-, Nahrungsaufnahme-, Ausscheide- und Komfortverhalten zur Verfügung
stehen.
(2) Eine dauernde Anbindehaltung ist verboten.
(3) Werden Tiere vorübergehend in Anbindehaltung gehalten, so
müssen die Anbindevorrichtungen so beschaffen sein, dass es dadurch nicht
zu Verletzungen oder Verhaltensstörungen kommen kann.
(4) Seile, Ketten, Halsbänder oder ähnliche Anbindevorrichtungen
sind mindestens einmal täglich zu kontrollieren und den
Körpermaßen der Tiere anzupassen.
Gebäude und Unterkünfte
§ 6. (1) Für den Bau von Stallungen wie auch von
Stalleinrichtungen dürfen nur Materialien verwendet werden, die den Tieren
keine gesundheitlichen Schäden zufügen.
(2) Stallungen und Stalleinrichtungen müssen reinig- und
desinfizierbar sein. Stalleinrichtungen sind darüber hinaus
regelmäßig zu warten.
(3) Stallungen und Stalleinrichtungen sind so auszuführen, dass sich
die Tiere dadurch weder verletzen noch sonstige Schäden erleiden
können.
(4) Das Stallklima hat den physiologischen Anforderungen der in den
Stallungen gehaltenen Tierarten zu entsprechen.
(5) Die Luftzirkulation, der Staubgehalt der Luft, die Temperatur, die
relative Luftfeuchtigkeit und die Schadgaskonzentration müssen in einem
Bereich gehalten werden, in dem sie für die Tiere keine
Gesundheitsgefährdung darstellen.
(6) Zur Sicherstellung der physiologischen und ethologischen
Bedürfnisse der landwirtschaftlichen Nutztiere muss eine ausreichende
natürliche Beleuchtung vorhanden sein. Die Tiere dürfen nicht dauernd
im Dunkeln oder unter Dauerlicht gehalten werden. Reicht der natürliche
Lichteinfall nicht aus, um die physiologischen und ethologischen
Bedürfnisse der Tiere zu decken, muss eine geeignete
künstliche
Beleuchtung vorgesehen werden. Bei künstlicher Beleuchtung sind die Lichtphasen den natürlichen
Tag-/Nachtschwankungen anzupassen.
Beleuchtung vorgesehen werden. Bei künstlicher Beleuchtung sind die Lichtphasen den natürlichen
Tag-/Nachtschwankungen anzupassen.
Haltung im Freien
§ 7. (1) Landwirtschaftlichen Nutztieren, die im Freien
gehalten werden, muss ein Schutz vor widrigen Witterungsbedingungen zur
Verfügung stehen. Sie sind überdies vor Gefahren für ihre
Gesundheit zu schützen.
(2) Bei einer Auslauf- oder Weidehaltung sind geeignete Maßnahmen zum
Schutz der Tiere gegen Raubtiere zu treffen.
Automatische oder sonstige mechanische
Anlagen
§ 8. (1) Sämtliche automatische oder sonstige
mechanische Anlagen, von denen Gesundheit und Wohlbefinden der Tiere
abhängen, müssen mindestens einmal täglich auf ihre einwandfreie
Funktion überprüft werden. Werden hiebei Mängel festgestellt, so
sind sie unverzüglich zu beheben. Ist dies nicht möglich, so sind
andere geeignete Vorkehrungen zum Schutz der Gesundheit und des Wohlbefindens
der Tiere bis zur Behebung des Defektes zu treffen.
(2) Erfolgt die Belüftung der Haltungseinrichtungen über eine
Lüftungsanlage, so sind geeignete Ersatzvorrichtungen vorzusehen, die bei
Ausfall der Anlage einen für die Erhaltung von Gesundheit und Wohlergehen
der Tiere ausreichenden Luftaustausch gewährleisten. Darüber hinaus
muss eine Alarmvorrichtung eingebaut sein, die den Ausfall der
Lüftungsanlage akustisch und optisch meldet. Die Alarmvorrichtung ist
regelmäßig auf ihre Funktionstauglichkeit zu
überprüfen.
Fütterung und Tränkung
§ 9. (1) Landwirtschaftliche Nutztiere müssen eine
gesunde, altersgemäße und artgerechte Nahrung erhalten, die ihnen in
einer dermaßen ausreichenden Menge zur Verfügung zu stellen ist, dass
sie gesund bleiben und ihren Nährstoffbedarf decken können. Die Art
des Fütterns und Tränkens darf nur so erfolgen, dass die Tiere Futter
und Flüssigkeit in arttypischer Weise aufnehmen können. Futter und
Flüssigkeitsration dürfen den Tieren keine unnötigen Leiden oder
Schäden verursachen und keine Stoffe enthalten, die ihnen unnötige
Leiden oder Schäden zufügen.
(2) Die Tiere müssen in Abständen, die ihren physiologischen
Bedürfnissen entsprechen, Zugang zu Nahrung haben.
(3) Landwirtschaftliche Nutztiere müssen Zugang zu einer ausreichenden
Menge Wasser von angemessener Qualität haben oder in der Lage sein, ihren
Flüssigkeitsbedarf auf sonstigem Wege zu decken.
(4) Die Fütterungs- und Tränkanlagen müssen so konstruiert,
gebaut und angebracht werden, dass eine Verunreinigung des Tierfutters und des
Wassers sowie etwaige nachteilige Auswirkungen auf Grund von Rivalitäten
zwischen den Tieren auf ein Mindestmaß begrenzt werden und darüber
hinaus sichergestellt ist, dass auch rangniedrigeren Tieren eine ausreichende
Wasser- und Nahrungsaufnahme möglich ist.
Eingriffe
§ 10. Eingriffe an landwirtschaftlichen Nutztieren
dürfen mit Ausnahme der Kastration und Sterilisation nur in
veterinärmedizinisch indizierten Fällen zum Zwecke der Behandlung von
Krankheiten oder Missbildungen vorgenommen werden.
Zuchtmethoden
§ 11. (1) Natürliche oder künstliche
Zuchtmethoden, die landwirtschaftlichen Nutztieren Leiden oder Schäden
zufügen oder zufügen können, sind verboten.
(2) Die Haltung von Tieren zu landwirtschaftlichen Nutzzwecken ist
unzulässig, wenn auf Grund ihres Genotyps oder Phänotyps dadurch ihre
Gesundheit und ihr Wohlergehen beeinträchtigt wird.
Sprachliche Gleichbehandlung
§ 12. Soweit personenbezogene Bezeichnungen nur in
männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und
Männer in gleicher Weise. Bei Anwendung auf bestimmte Personen ist die
jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.
Schlussbestimmungen
§ 13. (1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages
ihrer Kundmachung in Kraft.
(2) Die Verordnungen der Wiener Landesregierung über die Haltung von
Legehühnern in geschlossenen Räumen, LGBl. für Wien
Nr. 38/1994, über die Haltung von Rindern, Schweinen und
Geflügel, LGBl. für Wien Nr. 40/1996, in der Fassung LGBl.
für Wien Nr. 28/1998, und über die Haltung von Pferden, LGBl.
für Wien Nr. 51/1999, bleiben unberührt.
(3) Durch diese Verordnung wird die Richtlinie 98/58/EG über den
Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere, ABl. Nr. L 221 vom 8. August
1998, S. 23, umgesetzt.
Der Landeshauptmann:
Häupl
LGBl. für Wien ist erhältlich in der
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Hochparterre und kann bei der MA 53 – Presse-
und
Informationsdienst der Stadt Wien, Rathaus, 1082 Wien, Telefon: (01) 4000-81026 DW bestellt bzw. abonniert werden.
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