Landesgesetzblatt für Wien
Jahrgang 2001
Ausgegeben am 25. Oktober 2001
94. Stück
94. Verordnung:
Regelung der Tagesbetreuung nach dem Wiener Tagesbetreuungsgesetz (Wiener Tagesbetreuungsverordnung – WTBVO)
94.
Verordnung der Wiener Landesregierung über die Regelung der Tagesbetreuung nach dem Wiener Tagesbetreuungsgesetz (Wiener Tagesbetreuungsverordnung – WTBVO)
Auf Grund des § 5 des Gesetzes betreffend die Regelung der Betreuung von Tageskindern, LGBl. für Wien Nr. 73/2001, wird verordnet:
Abschnitt 1
Gegenstand
§ 1. Diese Verordnung regelt die Durchführung der Tagesbetreuung durch Tagesmütter/-väter und in Kindergruppen.
Abschnitt 2
Tagesmütter/-väter
Begriff
§ 2. Tagesmütter/-väter sind Personen, die regelmäßig und entgeltlich Minderjährige bis zum vollendeten 16. Lebensjahr (Tageskinder) für einen Teil des Tages individuell im eigenen Haushalt betreuen und erziehen (§ 1 Abs. 1 Z 1 Wiener Tagesbetreuungsgesetz). Die Betreuung und Förderung der Tageskinder hat in Zusammenarbeit und Übereinstimmung mit den Erziehungsberechtigten zu erfolgen, wobei die Bedürfnisse der Tageskinder im Mittelpunkt stehen.
Persönliche Eignung
§ 3. (1) Tagesmütter/-väter müssen eigenberechtigt und persönlich geeignet sein.
(2) Bei Tagesmüttern/-vätern und mit ihnen in Wohngemeinschaft lebenden Personen dürfen keine der nachfolgend angeführten Umstände vorliegen:
1. körperliche oder psychische Erkrankungen, geistige Behinderung oder Sucht, die geeignet sind, das Wohl des Tageskindes zu gefährden,
2. gerichtliche Verurteilungen wegen Handlungen, die geeignet sind, das Wohl des Tageskindes zu gefährden,
3. Betreuungsmängel bei leiblichen Kindern, Wahl- oder Stiefkindern,
4. sonstige Gründe, die geeignet sind, das Wohl des Tageskindes zu gefährden.
Aus- und Fortbildung
§ 4. (1) Tagesmütter/-väter müssen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit die Absolvierung einer Ausbildung nachweisen, die aus mindestens 60 Unterrichtseinheiten zu bestehen hat und jedenfalls Grundlagen in den folgenden Bereichen umfassen muss:
1. organisatorische, rechtliche und fachliche Belange der Tätigkeit als Tagesmutter/-vater,
2. Rollenbild − Tagesmutter/-vater,
3. das Tageskind − ein Kind in zwei Familien,
4. Entwicklungspsychologie und Pädagogik,
5. Kommunikation und Konfliktlösung sowie
6. Erste Hilfe-Maßnahmen der Unfallverhütung im Rahmen der Kinderbetreuung.
(2) Wurden im Rahmen einer Ausbildung (z.B. KindergärtnerIn, SozialpädagogIn) einzelne der im Abs. 1 genannten Ausbildungsinhalte bereits vermittelt, so können diese auf die Grundausbildung angerechnet werden. Die Absolvierung eines Erste Hilfe-Kurses nach Abs. 1 Z 6 ist nur dann auf die Grundausbildung anzurechnen, wenn diese nicht länger als ein Jahr zurückliegt.
(3) In Ergänzung der Ausbildung müssen Tagesmütter/-väter die Absolvierung einer regelmäßigen, einschlägigen Fortbildung von jährlich mindestens 16 Unterrichtseinheiten nachweisen.
Anforderungen an die Räumlichkeiten
§ 5. Tagesmüttern/-vätern müssen längerfristig nutzbare Räumlichkeiten für die Tagesbetreuung zur Verfügung stehen.
§ 6. (1) Die Lage der Räumlichkeiten muss für die Betreuung von Tageskindern geeignet sein.
(2) Die Größe der Räumlichkeiten muss gewährleisten, dass Tageskinder ihrem altersentsprechenden Spiel- und Bewegungsbedürfnis nachkommen können. Schlaf- bzw. Rückzugsmöglichkeiten müssen vorhanden sein.
(3) Die Ausstattung der Räumlichkeiten, in denen Tageskinder betreut werden, muss kindgerecht, altersentsprechend und so beschaffen sein, dass Unfälle und Verletzungen oder gesundheitliche Schädigungen weitestgehend vermieden werden können.
(4) Die Räumlichkeiten, in denen Tageskinder betreut werden, müssen in einem hygienisch einwandfreien Zustand sein.
Zulässige Höchstzahl der betreuten Tageskinder
§ 7. (1) In der Bewilligung ist die Höchstzahl der zu betreuenden Tageskinder festzulegen. Dabei ist insbesondere auf die persönliche Eignung (§ 3), die Größe und Anzahl der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und auf Anzahl und Alter der eigenen Kinder der Tagesmütter/-väter Bedacht zu nehmen.
(2) Eine Tagesmutter/ein Tagesvater darf einschließlich der eigenen Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr höchstens fünf Minderjährige gleichzeitig betreuen.
(3) In Notsituationen, z.B. bei Erkrankung einer/eines Tagesmutter/-vaters, ist eine geringfügige Überschreitung der bewilligten Kinderanzahl kurzfristig gestattet. Der Magistrat ist hievon jedoch unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
Abschnitt 3
Kindergruppen
Begriff
§ 8. Kindergruppen sind Einrichtungen, in denen Minderjährige bis zum vollendeten 16. Lebensjahr (Tageskinder) regelmäßig und entgeltlich für einen Teil des Tages in geeigneten Räumlichkeiten betreut und erzogen werden, sofern dies nicht im Rahmen des Kindertagesheim- oder Schulbetriebes erfolgt.
Gruppen
§ 9. (1) Die Betreuung und Erziehung der Tageskinder hat in Gruppen zu erfolgen.
(2) Eine Kindergruppe darf höchstens umfassen:
1. vierzehn gleichzeitig betreute Tageskinder,
2. zehn gleichzeitig betreute Tageskinder, wenn mindestens ein Kind im Alter bis zu zwei Jahren ist und nicht eine weitere Betreuungsperson anwesend ist.
(3) In der Bewilligung ist bei der Festlegung der Höchstzahl der zu betreuenden Tageskinder insbesondere auf das pädagogische Konzept, das Alter der Tageskinder und die Größe und Anzahl der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten Bedacht zu nehmen.
Betreuungspersonal
§ 10. (1) Für jede Kindergruppe muss zumindest eine fachlich ausgebildete Betreuungsperson vorhanden sein, die eigenberechtigt und persönlich geeignet ist.
(2) Bei einer Betreuungsperson dürfen keine der nachfolgend angeführten Umstände vorliegen:
1. körperliche oder psychische Erkrankungen, geistige Behinderung oder Sucht, die geeignet sind, das Wohl des Tageskindes zu gefährden,
2. gerichtliche Verurteilungen wegen Handlungen, die geeignet sind, das Wohl des Tageskindes zu gefährden,
3. Betreuungsmängel bei leiblichen Kindern, Wahl- oder Stiefkindern,
4. sonstige Gründe, die geeignet sind, das Wohl des Tageskindes zu gefährden.
Aus- und Fortbildung
§ 11. (1) Betreuungspersonen müssen vor Aufnahme ihrer Tätigkeit die Absolvierung einer Ausbildung nachweisen, die aus mindestens 90 Unterrichtseinheiten zu bestehen hat und jedenfalls Grundlagen in den folgenden Bereichen umfassen muss:
1. organisatorische, rechtliche und fachliche Belange der Tätigkeit als KindergruppenbetreuerIn,
2. Entwicklungspsychologie und Pädagogik,
3. Kommunikation und Konfliktlösung,
4. Eltern- und Teamarbeit sowie
5. Erste Hilfe-Maßnahmen der Unfallverhütung im Rahmen der Kinderbetreuung.
(2) Wurden im Rahmen einer Ausbildung (z.B. KindergärtnerIn, SozialpädagogIn) einzelne der im Abs. 1 genannten Ausbildungsinhalte bereits vermittelt, so können diese auf die Grundausbildung angerechnet werden. Die Absolvierung eines Erste Hilfe-Kurses nach Abs. 1 Z 5 ist nur dann auf die Grundausbildung anzurechnen, wenn dieser nicht länger als ein Jahr zurückliegt.
(3) In Ergänzung der Ausbildung müssen Betreuungspersonen die Absolvierung einer regelmäßigen, einschlägigen Fortbildung von jährlich mindestens 20 Unterrichtseinheiten nachweisen.
Hilfskräfte
§ 12. Zusätzlich eingesetzte Hilfskräfte müssen persönlich geeignet sein und die Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 erfüllen.
Anforderungen an die Räumlichkeiten
§ 13. Dem Rechtsträger der Kindergruppe müssen längerfristig nutzbare Räumlichkeiten für die Tagesbetreuung zur Verfügung stehen.
§ 14. (1) Lage und Ausstattung der Räumlichkeiten müssen für die Umsetzung des pädagogischen Konzeptes geeignet sein.
(2) Jeder Kindergruppe müssen folgende Räumlichkeiten zur Verfügung stehen:
1. ein Aufenthaltsraum mit altersangepasster Ausstattung,
2. ein Ruheraum, mindestens jedoch eine Ruhemöglichkeit,
3. ein WC,
4. ein Waschraum, mindestens jedoch eine Waschgelegenheit und bei Bedarf eine Wickelgelegenheit,
5. eine Küche, mindestens jedoch eine vom Aufenthaltsraum bzw. Ruheraum durch Raumteiler abgetrennte Küchenzelle,
6. einen Vorraum mit Möglichkeit zur Kleiderablage.
(3) Die Räume der Tagesbetreuungseinrichtung müssen pro Tageskind und Betreuungsperson eine Fläche von mindestens 4 m² umfassen. In allen Räumen, zu denen Tageskinder Zugang haben, ist das Rauchen untersagt.
(4) Jede Tagesbetreuungseinrichtung ist im Einklang mit dem pädagogischen Konzept mit einer ausreichenden Anzahl an altersentsprechenden Bildungsmitteln, Arbeitsbehelfen und Spielgeräten auszustatten, damit der jeweilige Stand der pädagogischen Erkenntnisse verwirklicht werden kann.
(5) Die Räumlichkeiten, in denen Tageskinder betreut werden, müssen in einem hygienisch einwandfreien Zustand sein.
Unfallverhütung
§ 15. (1) Die Ausstattung der Räumlichkeiten, in der die Kindergruppe untergebracht ist, muss so beschaffen sein, dass Unfälle und Verletzungen oder gesundheitliche Schädigungen weitestgehend vermieden werden können. Der Rechtsträger der Kindergruppe ist zu einer diesbezüglichen laufenden Überwachung der Tagesbetreuungseinrichtung verpflichtet. Aufgetretene Mängel sind unverzüglich zu beheben.
(2) Feuerlöscher und Verbandskästen sind bereitzuhalten. Medikamente, gefährliche Stoffe und Zubereitungen, wie z.B. Reinigungsmittel, sind versperrt oder für Tageskinder unerreichbar zu verwahren.
(3) Alle Räumlichkeiten, zu denen Tageskinder unter sechs Jahren Zugang haben, müssen zusätzlich folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Die Fußböden müssen leicht zu reinigen und aufwaschbar sowie so beschaffen sein, dass keine Gefahr des Ausrutschens, Stolperns oder von Verletzungen durch Fugen gegeben ist,
2. Steckdosen müssen mit einem Berührungsschutz ausgestattet sein,
3. sämtliche Glasflächen und Glasfüllungen in Türen müssen bis zu einer Höhe von mindestens 1,20 m über dem Fußboden in Sicherheitsglas ausgeführt oder entsprechend gesichert sein,
4. Fenster sind durch entsprechend konstruierte Vorkehrungen gegen das Hinausfallen von Kindern abzusichern.
Abschnitt 4
In-Kraft-Treten
§ 16. Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.

Der Landeshauptmann:
Häupl

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