Landesgesetzblatt für Wien
Jahrgang 2001 | Ausgegeben am 1. Oktober 2001 | 73. Stück |
73. Gesetz: | Regelung der Betreuung von Tageskindern (Wiener Tagesbetreuungsgesetz – WTBG) |
73.
Gesetz betreffend die Regelung der Betreuung von
Tageskindern (Wiener
Tagesbetreuungsgesetz – WTBG)
Tagesbetreuungsgesetz – WTBG)
Der Wiener Landtag hat beschlossen:
Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen
§ 1. (1) Tagesbetreuung ist die entgeltliche und
regelmäßige Betreuung von Minderjährigen bis zum vollendeten
16. Lebensjahr (Tageskinder) für einen Teil des Tages, soweit
1. sie von anderen als bis zum dritten Grad Verwandten oder
Verschwägerten, von Wahleltern oder anderen mit der Pflege und Erziehung
betrauten Personen durchgeführt wird,
2. sie nicht unter das Gesetz betreffend die Regelung des
Kindertagesheimwesens, LGBl. für Wien Nr. 32/1967, in der jeweils
geltenden Fassung, fällt,
3. es sich nicht um Angelegenheiten der öffentlichen
Übungskindergärten und Übungshorte, die einer öffentlichen
Schule zum Zwecke lehrplanmäßig vorgesehener Übungen
eingegliedert sind oder
4. es sich nicht um Angelegenheiten der öffentlichen
Pflichtschulen oder Schülerheime handelt, oder die Betreuung im Auftrag der
Stadt Wien an öffentlichen Pflichtschulen erfolgt.
(2) Die Tagesbetreuung kann erfolgen:
1. als individuelle Betreuung im eigenen Haushalt einer
geeigneten Person (Tagesmutter/-vater) oder
2. in geeigneten Räumlichkeiten in Form einer
Kindergruppe.
(3) Natürliche und juristische Personen können
Rechtsträger von Kindergruppen sein.
Ziele und Aufgaben
§ 2. Die Tagesbetreuung hat familienergänzend
zur Erziehung und Betreuung der Tageskinder beizutragen und damit die
Erziehungsberechtigten zu unterstützen und zu entlasten. Die Betreuung
beinhaltet die altersspezifische Förderung der Tageskinder nach allgemein
anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen der Pädagogik und nach den
Grundsätzen der gewaltlosen Erziehung. Sie hat in Zusammenarbeit mit den
Erziehungsberechtigten zu erfolgen. Es ist Gewähr für die
bestmögliche Betreuung und Erziehung der Tageskinder unter weitgehender
Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse zu bieten.
Bewilligungspflicht und Widerruf
§ 3. (1) Tagesmütter/-väter und
Rechtsträger von Kindergruppen bedürfen für das Anbieten oder
Ausüben der Tagesbetreuung einer Bewilligung des Magistrates.
Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn
1. die in der Verordnung (§ 5) enthaltenen Anforderungen
erfüllt werden, und
2. weder beim Antragsteller/bei der Antragstellerin noch bei mit
ihm/ihr in Wohngemeinschaft lebenden Personen sowie bei
Gesellschaftern/Gesellschafterinnen oder zur Vertretung nach außen
berufenen Organen von juristischen Personen Gründe vorliegen, die das Wohl
des Tageskindes gefährden.
(2) Der Magistrat kann die Bewilligung unter Erteilung von Auflagen,
Bedingungen oder Befristungen erteilen, wenn dies zur Vermeidung einer
Gefährdung des Wohls von Tageskindern erforderlich ist.
(3) Die Bewilligung ist vom Magistrat zu widerrufen, wenn
1. die Voraussetzungen gemäß Abs. 1 nicht mehr
vorliegen,
2. die Tagesbetreuung während des letzten Jahres nicht
ausgeübt wurde oder
3. gegen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen verstoßen
wird.
Meldepflicht
§ 4. (1) Jede vorübergehende oder dauernde
Beendigung der Tagesbetreuung sowie jede sonstige VerÄnderung, durch die
eine Abweichung von dem der seinerzeitigen Bewilligung zu Grunde gelegten
Zustand bewirkt wird, ist dem Magistrat binnen zwei Monaten, vom Eintritt des
meldepflichtigen Sachverhaltes an gerechnet, zu melden.
(2) Tagesmütter/-väter und Rechtsträger von
Kindergruppen haben dem Magistrat den Verdacht, dass Tageskinder misshandelt,
gequält, vernachlässigt oder sexuell missbraucht worden sind,
unverzüglich zu melden.
Regelungen für die Durchführung der
Tagesbetreuung
§ 5. Die Landesregierung hat durch Verordnung
Regelungen für die Durchführung der Tagesbetreuung zu erlassen. Diese
haben Bestimmungen zu enthalten, die sicherstellen, dass die Tagesbetreuung nach
anerkannten Erkenntnissen der Pädagogik erfolgt und Gewähr für
eine bestmögliche Betreuung und Erziehung der Tageskinder bietet.
Die Verordnung hat insbesondere zu enthalten:
Die Verordnung hat insbesondere zu enthalten:
1. für Tagesmütter/-väter: Bestimmungen über
die persönliche Eignung und erforderliche Aus- und Fortbildung,
die Anforderungen an die Räumlichkeiten sowie
die zulässige Höchstzahl der betreuten Tageskinder.
die persönliche Eignung und erforderliche Aus- und Fortbildung,
die Anforderungen an die Räumlichkeiten sowie
die zulässige Höchstzahl der betreuten Tageskinder.
2. für Kindergruppen: Bestimmungen über
die persönliche Eignung und die erforderliche Aus- und Fortbildung des Betreuungspersonals,
die Anforderungen an die Räumlichkeiten,
die zulässige Größe der Gruppen,
das Verhältnis von Tageskinder- und Betreuerzahl sowie
die pädagogischen Grundsätze.
die persönliche Eignung und die erforderliche Aus- und Fortbildung des Betreuungspersonals,
die Anforderungen an die Räumlichkeiten,
die zulässige Größe der Gruppen,
das Verhältnis von Tageskinder- und Betreuerzahl sowie
die pädagogischen Grundsätze.
Antrag
§ 6. (1) Der Antrag einer/eines
Tagesmutter/-vaters auf Bewilligung der Betreuung von Tageskindern hat
insbesondere Angaben zu enthalten:
1. über die persönliche Eignung und die erforderliche
Ausbildung,
2. über die Eigentums- oder sonstigen Rechtsverhältnisse an
den in Betracht kommenden Räumlichkeiten des eigenen Haushalts sowie eine
Beschreibung der Lage, der Größe und der Ausstattung der
Räumlichkeiten,
3. über die beabsichtigte Anzahl und das Alter der Tageskinder,
die Raumnutzung und die zur Verfügung stehenden Spiel- und
Bewegungsmöglichkeiten.
(2) Der Antrag des Rechtsträgers auf Bewilligung des Betriebes
einer Kindergruppe hat insbesondere zu enthalten:
1. ein pädagogisches Konzept,
2. Angaben über die persönlichen Voraussetzungen der Personen
gemäß § 3 Abs. 1 Z 2,
3. Angaben über die persönliche und fachliche Eignung des
vorgesehenen Betreuungspersonals und über die Anzahl der
Betreuungspersonen,
4. Angaben über die Eigentums- oder sonstigen Rechtsverhältnisse
an den in Betracht kommenden Räumlichkeiten sowie eine Beschreibung der
Lage, der Größe und der Ausstattung der
Räumlichkeiten,
5. Angaben über die beabsichtigte Anzahl und das Alter der
Tageskinder, die Raumnutzung und die zur Verfügung stehenden Spiel- und
Bewegungsmöglichkeiten,
6. Überprüfungsbefunde der Feuerungs-, Rauchfang- und
Elektroanlagen.
Aufsicht
§ 7. (1) Jede Form der Tagesbetreuung unterliegt
der Aufsicht des Magistrates. Die Aufsichtstätigkeit erstreckt sich dabei
auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der dazu erlassenen
Verordnung und hat mindestens einmal jährlich zu erfolgen.
(2) Tagesmütter/-väter und die Rechtsträger von
Kindergruppen haben den mit der Aufsicht betrauten Organen des Magistrates den
Zutritt zu Räumen, die mittelbar oder unmittelbar der Tagesbetreuung
dienen, den Kontakt zu den Tageskindern und die Vornahme von Ermittlungen im
erforderlichen Ausmaß zu ermöglichen sowie die notwendigen
Auskünfte zu erteilen.
Strafbestimmungen
§ 8. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht
und ist mit einer Geldstrafe bis zu 30 000 S zu bestrafen,
wer
1. Tagesbetreuung ohne Bewilligung anbietet oder ausübt,
2. die Vermittlung zur unbefugten Tagesbetreuung anbietet oder ausübt,
3. den die Aufsicht gemäß § 7 ausübenden Organen des Magistrates den Zutritt zu den Räumen der Tagesbetreuung verwehrt, die notwendigen Auskünfte verweigert oder Ermittlungen behindert,
4. in einer Kindergruppe nicht entsprechend ausgebildetes Betreuungspersonal verwendet,
5. die zulässige Höchstzahl der Tageskinder überschreitet,
6. Tagesbetreuung in nicht bewilligten Räumlichkeiten anbietet oder ausübt,
7. gegen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen gemäß § 3 Abs. 2 verstößt,
8. der Meldepflicht gemäß § 4 nicht nachkommt,
9. den Antrag nach § 11 Abs. 2 nicht fristgerecht stellt.
1. Tagesbetreuung ohne Bewilligung anbietet oder ausübt,
2. die Vermittlung zur unbefugten Tagesbetreuung anbietet oder ausübt,
3. den die Aufsicht gemäß § 7 ausübenden Organen des Magistrates den Zutritt zu den Räumen der Tagesbetreuung verwehrt, die notwendigen Auskünfte verweigert oder Ermittlungen behindert,
4. in einer Kindergruppe nicht entsprechend ausgebildetes Betreuungspersonal verwendet,
5. die zulässige Höchstzahl der Tageskinder überschreitet,
6. Tagesbetreuung in nicht bewilligten Räumlichkeiten anbietet oder ausübt,
7. gegen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen gemäß § 3 Abs. 2 verstößt,
8. der Meldepflicht gemäß § 4 nicht nachkommt,
9. den Antrag nach § 11 Abs. 2 nicht fristgerecht stellt.
(2) Der Versuch ist strafbar.
Abgabenbefreiung
§ 9. Alle Amtshandlungen und schriftlichen
Ausfertigungen in den Angelegenheiten dieses Gesetzes sind von den
landesrechtlichen Gebühren und Verwaltungsabgaben befreit.
Vollziehung
§ 10. Zur Vollziehung dieses Gesetzes ist der
Magistrat als Bezirksverwaltungsbehörde berufen.
Schluss- und Übergangsbestimmungen
§ 11. (1) Pflegebewilligungen, die
Tagesmüttern/-vätern auf Grund des § 22 Abs. 2 Wiener
Jugendwohlfahrtsgesetz 1990, LGBl. für Wien Nr. 36, geändert durch
LGBl. für Wien Nr. 5/1994 und LGBl. für Wien Nr. 44/1998, erteilt
worden sind, gelten als Bewilligungen nach § 3.
(2) Die Betreiber/die Betreiberinnen der zum Zeitpunkt des
In-Kraft-Tretens des Gesetzes bestehenden Kindergruppen haben binnen sechs
Monaten ab In-Kraft-Treten dieses Gesetzes die Erteilung einer Bewilligung
gemäß § 3 zu beantragen.
(3) Der Magistrat kann, wenn ausgebildete
Tagesmütter/-väter und ausgebildetes Betreuungspersonal nicht in
ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, auf Antrag bis
längstens drei Jahre nach In-Kraft-Treten dieses Gesetzes die
Tätigkeit als Tagesmutter/-vater auch ohne Ausbildung und die Verwendung
von nicht entsprechend ausgebildetem Betreuungspersonal genehmigen.
§ 12. (1) Dieses Gesetz tritt mit 1. Oktober
2001 in Kraft.
(2) Mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 2002 tritt im
§ 8 Abs. 1 an die Stelle der Betragsangabe „30 000
S“ die Betragsangabe „2 100 Euro“.
(3) Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes können ab dem auf
seine Kundmachung folgenden Tag erlassen werden; sie dürfen jedoch
frühestens mit dem 1. Oktober 2001 in Kraft gesetzt werden.
Der Landeshauptmann: | Der Landesamtsdirektor: |
Häupl | Theimer |
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