Landesgesetzblatt für Wien

Jahrgang 1998Ausgegeben am 3. März 199811. Stück
11. Gesetz:Grunderwerb durch Ausländer in Wien (Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz) [CELEX-Nr.: 390L0364, 390L0365]

11.
Gesetz betreffend den Grunderwerb durch Ausländer in Wien
(Wiener Ausländergrunderwerbsgesetz)
Der Wiener Landtag hat beschlossen:
§ 1. (1) Unter Lebenden bedürfen der Erwerb des Eigentums (Miteigentums), eines Baurechtes, des Rechtes der persönlichen Dienstbarkeit an bebauten oder unbebauten Grundstücken jeder Art durch Ausländer oder eine im Grundbuch einzutragende Bestandgabe solcher Grundstücke an Ausländer zu ihrer Gültigkeit der behördlichen Genehmigung.
(2) Im Versteigerungsverfahren darf der Zuschlag an einen Ausländer nur erteilt werden, wenn er den Bescheid über die Genehmigung zum Erwerb (§ 4) oder eine Bestätigung darüber vorlegt, daß die behördliche Genehmigung nicht erforderlich ist (§ 5 Abs. 4). Das Fehlen dieses Nachweises stellt einen Widerspruchsgrund gegen die Erteilung des Zuschlages gemäß § 184 Abs. 1 Z 7 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 759/1996, dar.
(3) Auch die Annahme eines Überbotes und die Genehmigung eines Übernahmsantrages eines Ausländers dürfen nur dann erfolgen, wenn er den Bescheid über die Genehmigung zum Erwerb oder eine Bestätigung darüber vorlegt, daß die behördliche Genehmigung nicht erforderlich ist.
§ 2. Als Ausländer im Sinne dieses Gesetzes gelten:
1. natürliche Personen, welche die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen;
2. juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Ausland haben;
3. juristische Personen sowie rechtsfähige Personengesellschaften mit dem satzungsgemäßen Sitz im Inland, an denen Ausländer im Sinne der Z 1 oder 2 überwiegend beteiligt sind;
4. Vereine mit dem statutengemäßen Sitz im Inland, deren stimmberechtigte Mitglieder überwiegend Ausländer sind oder deren Leitungsorgan sich überwiegend aus Ausländern zusammensetzt.
§ 3. Die Bestimmungen des § 1 finden keine Anwendung:
1. auf Rechtsgeschäfte, bei denen Ehegatten als gemeinsame Erwerber auftreten und einer der beiden die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt;
2. auf jene natürlichen und juristischen Personen sowie rechtsfähigen Personengesellschaften, die
a) im Rahmen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer gemäß Art. 28 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder
b) im Rahmen der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 31 und 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder
c) im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs gemäß Art. 36 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder
d) im Rahmen des in den Richtlinien 90/364/EWG (Amtsblatt der EG Nr. L 180 vom 13. 7. 90) und 90/365/EWG (Amtsblatt der EG Nr. L 180 vom 13. 7. 90) normierten Aufenthaltsrechtes oder
e) zum Zweck von Direktinvestitionen, Immobilieninvestitionen oder sonstigen Geschäften des Kapitalverkehrs gemäß Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
zum Rechtserwerb an Grundstücken oder Teilen davon berechtigt sind;
3. soweit ihnen andere staatsvertragliche Verpflichtungen entgegenstehen;
4. auf Rechtsgeschäfte, welche die Übertragung der im § 1 genannten Rechte an fremde Staaten, soweit Gegenseitigkeit gewährleistet ist, oder an internationale Organisationen, bei denen Österreich Mitglied ist, zum Gegenstand haben, für Zwecke der Vertretungsbehörden dieser Staaten und Organisationen.
§ 4. Eine nach diesem Gesetz erforderliche Genehmigung erteilt die Landesregierung nach Anhörung der zuständigen gesetzlichen Interessenvertretung (Wirtschaftskammer Wien, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Wiener Landwirtschaftskammer). Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn am Zustandekommen des Rechtsgeschäftes ein volkswirtschaftliches oder soziales Interesse besteht, oder wenn nachgewiesen wird, daß das Grundstück, auf welches sich das Rechtsgeschäft bezieht, ausschließlich zur besseren Nutzung eines anderen Grundstückes dienen soll und im Vergleich zu diesem nur von geringem Ausmaß ist. Andernfalls oder wenn andere öffentliche Interessen entgegenstehen, insbesondere solche militärischer oder sicherheitspolizeilicher Natur, ist die Genehmigung zu versagen.
§ 5. (1) Die in § 1 Abs. 1 genannten Rechte dürfen zugunsten eines Ausländers im Sinne des § 2 nur dann in das Grundbuch eingetragen werden, wenn der Antragsteller den Bescheid, mit dem eine Genehmigung nach diesem Gesetz erteilt worden ist, bzw. in den Fällen des § 3 Z 2 und 3 eine Bestätigung nach Abs. 4 vorlegt.
(2) Grundbücherliche Eintragungen der im § 1 genannten Rechte sind vom Grundbuchsgericht von Amts wegen zu löschen, wenn hervorkommt, daß sie entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes erfolgten und die für die Löschung maßgebenden Umstände dem Grundbuchsgericht innerhalb von drei Jahren nach Bewilligung der Einverleibung dieser Rechte bekannt werden.
(3) Die in den Rechtsgeschäften im Sinne dieses Gesetzes als Erwerber bezeichneten Personen haben ihre Staatsangehörigkeit nachzuweisen. Ist der Erwerber eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft mit dem satzungsgemäßen Sitz im Inland, so haben deren statutengemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organe eine verbindliche Erklärung darüber abzugeben, ob und in welchem Ausmaß Ausländer im Sinne des § 2 Z 1 oder 2 an der juristischen Person oder an der Personengesellschaft beteiligt sind. Bei Vereinen mit dem statutengemäßen Sitz im Inland hat der nach dem Vereinsstatut zur Vertretung nach außen Berufene eine verbindliche Erklärung darüber abzugeben, ob dem Verein als stimmberechtigte Mitglieder überwiegend Ausländer angehören bzw. ob sich dessen Leitungsorgan überwiegend aus Ausländern zusammensetzt.
(4) Ist nach § 3 Z 2 oder 3 ein Rechtserwerb von der Genehmigungspflicht des § 1 ausgenommen, hat der Magistrat dies auf Verlangen des Erwerbers unter Beibringung entsprechender Nachweise schriftlich zu bestätigen (Negativbestätigung).
(5) Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Ausstellung von Negativbestätigungen sind von den Verwaltungsabgaben befreit.
§ 6. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer
1. die Genehmigung des Rechtsgeschäftes oder die Ausstellung einer Bestätigung nach § 5 Abs. 4 durch Täuschung über Tatsachen erschleicht,
2. eine Verabredung trifft, die auf die Umgehung der Genehmigungspflicht abzielt, oder
3. vorsätzlich eine unrichtige Erklärung über die Beteiligung von Ausländern an einer juristischen Person oder an einer rechtsfähigen Personengesellschaft, die ihren satzungsgemäßen Sitz im Inland haben, oder darüber abgibt, ob einem Verein mit dem statutengemäßen Sitz im Inland als stimmberechtigte Mitglieder überwiegend Ausländer angehören bzw. ob sich dessen Leitungsorgan überwiegend aus Ausländern zusammensetzt.
(2) Verwaltungsübertretungen nach Abs. 1 sind mit Geldstrafen bis 300 000 S zu ahnden.
§ 7. Dieses Gesetz tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Gleichzeitig tritt das Gesetz betreffend den Grunderwerb durch Ausländer in Wien (Ausländergrunderwerbsgesetz), LGBl. für Wien Nr. 33/1967, außer Kraft.
Der Landeshauptmann:Der Landesamtsdirektor:
HäuplTheimer


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