Elsa Prochazka
Elsa Prochazka wurde 2013 in der Kategorie "Architektur" mit dem Wiener Frauenpreis ausgezeichnet.
"Gesellschaftliche Widersprüche lassen sich nicht über Architektur, auch nicht über frauengerechte Architektur auflösen. Dennoch lässt eine Ergänzung der Kriterien für zeitgenössischen Wohnbau durch die spezifischen Anforderungen aus der Sicht von Frauen eine Bereicherung der Wohnbaudiskussion erhoffen", schreibt Elsa Prochazka über ihre Tätigkeit im Rahmen der "Frauen-Werk-Stadt" (zitiert aus: www.prochazka.at).
In dem von der Stadt Wien initiierten Projekt sollten Architektinnen gefördert und mit ihnen gemeinsam Bau- und Wohnkonzepte entwickelt werden, in denen Frauen eine alltagsgerechte Wohn- und Lebenssituation vorfinden. Viele Überlegungen, die damals umgesetzt wurden, sind im Wohnbau heute Usus. So wurden Gemeinschaftswaschküchen von den Kellern in die Dachgeschosse verlegt oder Garagen und Stiegenhäuser mit Tageslicht beleuchtet. Elsa Prochazka reflektiert in ihrer Arbeit stets, "wie zeitgenössische Architektur sein kann" und welche Wohn- und Arbeitsverhältnisse daraus entstehen, argumentiert die Jury des Frauenpreises ihre Entscheidung.
Biografie
Elsa Prochazka kommt 1948 in Wien auf die Welt. Die Architektur ist eigentlich immer schon ihr Berufswunsch und so inskribiert sie 1966 für dieses Fach an der Technischen Universität Wien. Nach der ersten Staatsprüfung wechselt sie an die Akademie der Bildenden Künste, wo in einem politisierten Umfeld die Verbindungen zwischen Architektur und Gesellschaftspolitik diskutiert werden. Obwohl sie in der Meisterklasse von Ernst Plischke die einzige Frau ist, fühlt sie sich dort ernst genommen. Dass es nicht selbstverständlich ist, als junge Frau in diesem männerdominierten Umfeld nicht belächelt zu werden, wird ihr erst später bewusst. Nach ihrem Studienabschluss 1973 eröffnet sie ihr eigenes Architekturbüro.
Wohnbau und öffentliche Gebäude
Einer von Prochazkas Schwerpunkten ist der Wohnbau. Die Anlage am Monte Laa (2002 bis 2005) im 10. Wiener Gemeindebezirk zählt zu ihren bekanntesten Wohnprojekten. Im 3. Bezirk hat sie im Karree St. Marx (2006 bis 2010) durchlässige Baukörper in eine Parklandschaft gesetzt, deren kristalline Oberflächen Licht reflektieren. In der Podhagskygasse im 22. Bezirk (2011bis 2014) treffen unterschiedliche Wohntypologien aufeinander, wobei kostengünstiges Wohnen umgesetzt wird. Elsa Prochazka vertritt eine hohe Dichtezahl im Wohnbau - vorausgesetzt es wird dadurch entsprechend großzügiger Freiraum möglich. Sie persönlich fände es auch reizvoll viel mehr in die Höhe zu bauen, dem seien in Wien aber Grenzen gesetzt (vergleiche: "a palaver", Radio Orange, 2.3.2010).
Elsa Prochazka hat an der Gestaltung zahlreicher öffentlicher Gebäude mitgewirkt. Ende der 1980er-Jahre hat sie erst das Stadtkino, dann das Filmcasino "sanft renoviert", wie auf der Homepage des Programmkinos zu lesen ist, und mit geringen finanziellen Mitteln zu einem wichtigen kulturellen Treffpunkt Wiens beigetragen. Im "Palais Fanto" hat sie ein Geschoss für das "Arnold-Schönbergcenter" (1997) adaptiert und dabei verschiedene Nutzungstypologien unter ein Dach gebracht: Konzertsaal, Büroräume, Ausstellungshalle, Bibliothek, Malerei- und Partiturenarchiv et cetera.
Ausstellungsdesign
Ausstellungsdesign ist ein weiterer Arbeitsbereich von Elsa Prochazka. So hat sie in der Wiener Hermesvilla unter anderem eine Ausstellung über Kronprinz Rudolf gestaltet (1988/89) oder Mitte der 1990er-Jahre eine Reihe von acht Musikergedenkstätten in Wien (Mozart, Beethoven, Strauss, Schubert, Haydn) neu museographisch interpretiert, wobei sie auf eine innovative und klischeefreie Konzeption Wert gelegt hat (1992 bis 1995). Im "Kitzbühler Stadtmuseum" ist von ihr die Schausammlung neu aufgestellt (1999 bis 2002, sowie 2011) worden und in Rohrbach (OÖ) haben unter ihrer Leitung Studierende, ProfessorInnen und KünstlerInnen Exponate der "Villa Sinnenreich" entwickelt und umgesetzt, einem Museum der Wahrnehmung, Täuschung und Illusion (2004).
Arbeitsweise
Um als Architektin arbeiten zu können, braucht es ihrer Meinung nach viel Neugier, Energie und Ausdauer, Eindrücke müssen aufgesaugt werden. Das bedeutet für Elsa Prochazka wiederum nicht, dass allzu großer Optimismus hinsichtlich der gesellschaftsverändernden Kraft architektonischer Arbeit angebracht ist. Es kann immer nur in konkrete Situationen interveniert werden. So sollten im Rahmen der "Frauen-Werk-Stadt" nicht zuletzt gängige Geschlechterkonzepte und Vater-Mutter-Kind-Bilder in Frage gestellt werden. An Orten wie dem Margarete-Schütte-Lihotzky-Hof im 21. Bezirk sei es möglich gewesen, Standards zu etablieren, die einen Katalysator für "funktionelle und qualitätsmäßige Verbesserung" alltäglicher Wohnmomente bieten konnten und mittlerweile eine gewisse Selbstverständlichkeit erreicht haben. Terrain zu gewinnen heißt nicht, alles von einem Tag auf den anderen verändern zu können. Vielmehr bedeutet es, über das Fokussieren bestimmter Aspekte einen Schritt weiter zu kommen. Die Frage, ob Frauen andere Architektur machen als Männer, findet Prochazka zwar nicht besonders glücklich gestellt. Es ist aber nicht zu negieren, dass die Sozialisierung gegenwärtig noch geschlechtsspezifisch ist und das hat auch Auswirkungen auf die Perzeption, wie sie meint (vergleiche: "a palaver", 2.3.2010).
Auszeichnungen
Elsa Prochazka ist für ihre Architektur vielfach ausgezeichnet worden. 1991 wird sie für ihre Innenausstattung und Museographie des "Jüdischen Museums Hohenems" mit dem "Österreichischen Museumspreis" ausgezeichnet. Für ihre Gestaltung der Wiener Buchhandlung "Bibelwerk" wird ihr 1994 der "Adolf Loos Preis" verliehen, 2000 erhält sie für Coca Cola Beverages Wien in der Triesterstraße den "Aluminium-Architektur-Preis". Über die Anordnung der Belichtungsflächen und den Einsatz bestimmter Materialien in der Fassade hat sie dort die Möglichkeit geschaffen, vom Arbeitsplatz aus freie Sicht zu haben, ohne an den Computerbildschirmen geblendet zu werden. Funktionalität ist also neben Ästhetik ein Hauptaugenmerk ihrer Arbeit. 2004 wird sie mit dem "Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Stadt Wien" ausgezeichnet und für den Wohnbau in der Attemsgasse (Wien, 22.) erhält sie 2008 ein zweites Mal den "Aluminium-Architektur-Preis". Elsa Prochazka ist unter anderem Mitglied der "Wiener Secession" und Vorsitzende des Architekturbeirats der Bundesimmobiliengesellschaft und des Gestaltungsbeirats Salzburgs. Bei der Architekturbiennale Venedig war sie mit ihren Arbeiten mehrfach vertreten.
Universitätsprofessuren
Ihr Wissen gibt sie schon lange an Studierende weiter. 1992 bis 1996 Professorin für Entwerfen im Städtebaulichen Kontext an der Universität Kassel. 2001 bis 2013 leitet sie die von ihr begründete Studienrichtung "raum&designstrategien" an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz, die an der Schnittstelle von Architektur, Kunst, Design und Medien ansetzt.
Vom Konservativismus im Hochschulbetrieb hält sie gar nichts. Angesichts eines Berufsbildes, das sich in einem kontinuierlichen Wandel befindet, ist es ihr wichtig, Möglichkeiten offen zu halten. Sie möchte bei Studierenden Querdenken anregen und die Auflösung der Kategorien künstlerischer Praxis grenzüberschreitend ermöglichen. Es muss möglich sein, den eigenen Interessen nachzuspüren, findet Elsa Prochazka. Dabei sollen Inhalte und nicht Techniken in den Vordergrund gestellt werden.
Architektur darf nicht nur im Kontext ökonomischer Verwertbarkeit diskutiert werden.
Architektur (Auswahl)
- Margarete-Schütte-Lihotzky-Hof, Wohnbau und Kindergarten, Wien ("Frauen-Werk-Stadt", mit Liselotte Peretti, Gisela Podreka, Franziska Ullmann)
- Monte Laa, Wohnbau, Wien 10
- Karree St. Marx, Wohnbau Wien 3
- Coca Cola Beverages, Bürogebäude Wien 10
- Technikum Wien, Fachhochschule Wien 20
Weiterführende Informationen
Stadt Wien | Frauenservice Wien
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