Studie "Alleinerziehende: Gesellschaftliche Bilder, Selbstwahrnehmungen und Wege zur Selbstermächtigung"

Alleinerziehende in Wien gehören zur Bevölkerungsgruppe, die am stärksten von Armut und Ausgrenzung gefährdet ist. Die Covid-19-Pandemie und die steigenden Lebenshaltungskosten haben die ohnehin prekäre Situation vieler Alleinerziehender weiter verschärft. Eine Studie der Arbeiterkammer Wien und des Frauenservice Wien aus dem Jahr 2024 beleuchtet die Lebensrealitäten, Perspektiven und Bedürfnisse von Alleinerziehenden in Wien und bietet konkrete Handlungsempfehlungen zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen.

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Studie "Alleinerziehende: Gesellschaftliche Bilder, Selbstwahrnehmungen und Wege zur Selbstermächtigung", 2024, beauftragt von der Arbeiterkammer Wien und dem Frauenservice Wien.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie

"Es ist nicht schwer, mit den Kindern das Leben zu leben. Das ist sehr schön. Sondern was schwer ist, ist das Leben mit der Gesellschaft da draußen." (Alleinerziehende)

"Also, ich finde, dass als Alleinerziehende institutionell kaum etwas leicht ist. … nicht nur die Schwierigkeiten, es gibt kaum etwas, was eigentlich leicht ist, wenn man nicht in einer glücklichen Position ist. Das, und dann sind das lauter Faktoren, die vom Privatleben abhängen, die passen müssen, damit das Leben als Alleinerziehende irgendwie bewältigbar ist." (Alleinerziehende)

Zitate von Fokusgruppen-Teilnehmerinnen der Studie.

Ergebnisse:

  • Das finanzielle Auskommen ist für Alleinerziehende oftmals ein im Alltag wiederkehrendes Thema. Einschränkungen bei Lebensmitteln, Konsumgütern, Bildung, Gesundheit oder Wohnen wurden angesprochen. Teils waren Alleinerziehende auf die finanzielle Unterstützung von Verwandten oder Freund*innen angewiesen.
  • Der Kindesunterhalt des unterhaltspflichtigen Elternteils ist ein wichtiger Teil des Haushaltseinkommens. Oftmals fehlen Unterhaltszahlungen oder sie werden nicht in ausreichender Höhe geleistet. Ein großes Problem stellen Zusatzausgaben zum Beispiel für Schulschikurse oder Sportwochen dar.
  • Eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit sowie Aus- und Weiterbildung wurden als zentral für Alleinerziehende gesehen. Unflexible Arbeitszeitmodelle und die vorherrschende Norm der Vollzeiterwerbstätigkeit als anerkannte Form einer erfolgreichen Erwerbsbeteiligung wurden als problematisch und belastend kritisiert. Zudem sind diese für Alleinerziehende meist unrealisierbar. Selbstständigkeit war für einige die einzige Möglichkeit, Erwerbs- und Sorgearbeit zu vereinbaren.
  • Die Abwertung von Teilzeitbeschäftigung als nicht karriereorientierte Form der Arbeit sowie eine "Anwesenheitskultur" im Arbeitskontext wurden als Probleme genannt, von denen sich Alleinerziehende besonders nachteilig betroffen fühlen.
  • Stereotypisierungen und Vorurteile in der Arbeitswelt nehmen Alleinerziehende häufig wahr. Ähnlich wie die Bilder von älteren Arbeitskräften, die zwar nicht der Realität entsprechen, aber verbreitet sind.
  • Zufriedenstellende Arbeitssituationen waren durchwegs mit hoher zeitlicher Flexibilität und passenden Kinderbetreuungseinrichtungen verbunden.
  • Ein gesicherter, gut erreichbarer Kinderbetreuungs- und Hortplatz ist für Alleinerziehende von fundamentaler Bedeutung und wird von ihnen auch als Recht des Kindes gesehen.
  • Maßnahmen für eine pro-aktivere Einbindung der Väter und Vereinbarkeit als Thema für beide Elternteile denken
  • Hohe Bedeutung privater Netzwerke und des sozialen Umfeldes, um das Leben zu bewältigen.
  • Zeitarmut, Dauerstress und Erschöpfung gehören zum Alltag von Alleinerziehenden. Viele berichteten von einem erheblichen "Mental Load", der als sehr belastend wahrgenommen wird. Permanentes Funktionieren und das Fehlen von Freizeit werden als Dauerzustände wahrgenommen.
  • Der Zugang zu Informationen wird als zu hochschwellig und kompliziert empfunden. Beispielsweise fehlt eine allgemeine Informationsplattform, die möglichst viele relevante Informationen über Unterstützungsmaßnahmen, Rechte und Ansprüche bündelt.

Studienmethodik und weitere Details

Die Studie basiert auf 6 Fokusgruppen mit Alleinerziehenden, darunter Frauen mit Migrationshintergrund, sowie auf Expert*innen-Interviews aus Bereichen wie Arbeitsmarktpolitik und NGOs. Diskutiert wurden zentrale Themen wie Erwerbsbeteiligung, Betreuung, soziale Netzwerke und die Wirkung gesellschaftlicher Stereotype.

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