Landtag, 34. Sitzung vom 19.06.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 79
die gegen einen Leerstand sind, um die Spekulation mit Betongold zu bekämpfen. Das heißt, vom Prinzip her ist eine Leerstandsabgabe durchaus etwas Diskussionswürdiges, was man auch machen kann, aber in der geeigneten Form, wobei es insgesamt - das muss man auch dazusagen - eher ein kleines Rädchen im großen Uhrwerk der Wohnbaupolitik ist. Was da manche in Salzburg oder in Tirol hineingeheimnissen, wo ja einmal wirklich nicht die Spezialisten des sozialen Wohnbaus zu Hause sind - zumindest bisher, in Salzburg wird es sich hoffentlich durch unseren Bürgermeister ändern, habe ich jetzt gemeint.
Tatsache ist aber schon, dass die Leerstandsabgabe etwas ist, was wir in Wien schon einmal im Jahr 1985 eingeführt haben. Das ist für verfassungswidrig erklärt worden, und wir haben uns dann umorientiert. Jetzt hat man die Verfassung bis zu einem gewissen Grad in dieser Hinsicht geändert, und wir werden genau prüfen, was das für Auswirkungen hat.
Es ist so, dass wir durchaus mehr Wohnungen mobilisieren wollen. Man muss aber auch dazusagen, dass natürlich der Leerstand selbst nach Greenpeace ... Die haben da wirklich sehr hohe - ich würde einmal sagen - Schätzungen, glaube ich. Worauf diese Schätzungen beruhen, weiß ich nicht, aber Kollegin Arapović hat es ja ausgeführt, aber nehmen wir einmal an, das stimmt. Greenpeace sagt, in Österreich stehen 230.000 Wohnungen leer, im Durchschnitt 4,7 Prozent, in Kärnten am meisten mit 5,6 Prozent. Selbst nach Greenpeace ist er in Wien mit 3,4 Prozent am geringsten.
Das ist aber jetzt einmal nur ein Punkt im großen Puzzle dieser an sich sehr komplexen Sachen. Ich bin ja nicht gegen die Leerstandsabgabe, aber es eine sehr komplexe Sache, und hier einen Schnellschuss zu machen, weil man glaubt, dann ist alles gut, wäre natürlich überhaupt nicht richtig. Das ist nicht unsere Art. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Wir müssen uns jetzt sehr genau die neue Rechtslage anschauen, unsere Abgabenexperten, aber natürlich auch unsere Verfassungsrechtler. Uns ist es nicht wurscht, wenn uns dauernd von dieser Seite unterstellt wird, uns sind die Eigentumsreche wurscht. Uns sind alle Grundrechte wichtig. Die Grundrechte sind wichtig, genauso auch das Eigentumsrecht, aber genauso wissen wir, dass Eingriffe in Grundrechte gerechtfertigt sind, wenn es sachlich gerechtfertigt ist, wenn das Positive, das aus einem Grundrechtseingriff erfließt, wesentlich größer als das Negative ist, das durch den Grundrechtseingriff passiert. Das muss aber auch der Fall sein. Ein schwerer Grundrechtseingriff, wo dann, wie es ein bissel schon meine Vorredner gesagt haben, wenig rauskommt, bringt aber nicht viel, das muss man auch sagen, sondern das muss genau geprüft werden. Man muss genau schauen, was da drin ist, man muss sich auch den Datenschutz anschauen, denn man muss ja wirklich einmal erheben, wie viel Leerstand es gibt. Da muss man das Zentrale Melderegister mit dem andern Register abklären, das es da gibt. (Abg. Georg Prack, BA: Das fordern wir seit Jahren!) Das habe ich jetzt nicht da, ich glaube, Wohnungsregister. Da gibt es zwei verschiedene Register, die du abklären musst und dann kannst du auf datenschutzrechtlicher Grundlage und nachdem man auch einmal den Leerstand definiert hat ...
In dem Antrag der GRÜNEN, der wirklich noch sehr unausgereift ist, ist ja auch keine ordentliche Definition beinhaltet. (Abg. Georg Prack, BA: Das ist ja keine Gesetzesvorlage!) Dann kann man vielleicht einmal schauen, was man machen würde. Wir sind aber jedenfalls auch dafür, wenn man eine Leerstandsabgabe nach einer langen, genauen Prüfung einführen würde, dass man sie in einem engen Zusammenhang mit gesamtwohnpolitischen Maßnahmen sehen muss.
Wir haben ja zum Beispiel jetzt nach dem Finanzausgleich 2024 eine Bund- Länder-Arbeitsgruppe zur Reform der Grundsteuer. Das wäre zum Beispiel etwas, was ja eine viel höhere Dimension als eine Leerstandsabgabe hätte. Das muss dann auch aufeinander abgestimmt werden. Wir wollen das aber natürlich auch im Mietrecht, und ich hoffe, dass ab Oktober andere Mehrheitsverhältnisse im Nationalrat sind. Es wären im Mietrecht sehr viele wichtige Sachen, damit man endlich ein Generalmietrecht für alle Wohnbereiche hat, wo nicht mehr diese Unterscheidungen vor 45, nach 45 sind - das ist alles derart kompliziert und unsachlich. Dann: Klare Obergrenzen, Einschränkung der befristeten Vermietung, Deckelung der Valorisierung - das sind alles ganz wichtige Sachen, und dann natürlich, dass man genug Geld für die Wohnbauförderung hat, wie wir sie jetzt haben, dass dort für viele Bundesländer wie in Wien die Zweckwidmung auch wieder eingeführt wird. Hier haben wir ja de facto die Zweckwidmung bei der Wohnbauförderung, aber in vielen Bundesländern ist das nicht der Fall.
Wenn man das alles in einem Großkonzept macht, können wir uns natürlich eine passende Leerstandsabgabe gut vorstellen, aber dort sind wir noch länger nicht. Ich glaube, es ist ein Schnellschuss da nicht zielführend, wir brauchen, richtig gesagt, dann keine symbolischen Lösungen, wo man irgendeine Maßnahme mythologisiert und so tut, als würde ich jetzt alle Probleme lösen, wobei sie, wenn überhaupt, nur ein kleines Detail in einer großen Lösung sein kann. Ich meine, auch die Erfahrungen in den Bundesländern, die wir bisher auf Grund der alten Rechtslage - das stimmt - gemacht haben, waren nicht besonders positiv.
Wir denken in Wien sehr sachlich und auf Basis von Evidenz und wissenschaftlichen Erkenntnissen nach, wie wir bestmögliche Lösungen machen. Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Leerstandsabgabe, aber wenn, dann wären wir für eine, die wirklich wirkt, die grundrechtskonform ist und die wirklich in ein Gesamtkonzept hineinpasst. In diesem Sinne: Wir werden den Wiener Weg des sozialen Wohnbaus, der Wohnbaupolitik fortsetzen. Der war bisher erfolgreich und wird weiter erfolgreich sein. Danke schön. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - Abg. Mag. Josef Taucher: Bravo, Kurti!)
Präsident Mag. Manfred Juraczka: Die verbliebene Restredezeit ist neun Minuten, für den Fall, dass Sie sich vielleicht noch klarer positionieren wollen. Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abg. Margulies. Ich erteile es ihm.
Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrte Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
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