Landtag, 29. Sitzung vom 25.01.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 31
der Erziehung an die MA 11 gewandt haben, wurden am Ende die Kinder abgenommen?)
Ich ersuche um Beantwortung.
Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Vielen Dank für diese Anfrage und das Interesse an der MA 11. Diese Anfrage beantworte ich sehr gerne, weil dieser Themenbereich besonders sensibel ist, weil die Herausnahme eines Kindes aus der Familie immer das letzte Mittel ist und immer im Kontext mit herausfordernden und problematischen Familienbiographien und Problemlagen steht. Es ist immer das letzte Mittel, aber es ist das zu wählende Mittel, wenn das Kindeswohl entsprechend gefährdet ist, denn die oberste Prämisse ist der Kinderschutz und das Kindeswohl.
Zu den Zahlen: Die MitarbeiterInnen in der MA 11 haben im Jahr 2023 mehr als 12.500 Gefährdungsabklärungen durchgeführt. Die Zahl ist steigend, auch auf Grund des Wachstums der Stadt, aber insbesondere auch nach Corona haben wir gesehen, dass die Anzahl der Gefährdungsmeldungen und -abklärungen nach oben gegangen ist. Es gab 3.200 neue ambulante Hilfen zur Erziehung - das ist eine Vorstufe zur Unterstützung der Familien, auch um Kindesabnahmen zu verhindern. Eine volle Erziehung - das heißt, eine Unterbringung bei Pflegepersonen oder in sozialpädagogischen Einrichtungen - erfolgte in 657 Fällen. Das heißt, bei 12.000 Gefährdungsabklärungen kam es dann in 657 Fällen zu einer vollen Erziehung. Es kann aber natürlich auch sein, dass es für ein Kind mehrere Gefährdungsmeldungen in unterschiedlichen Kontexten gibt.
Zusätzlich möchte ich zu der Erläuterung im Stadtrechnungshofbericht, auf die Sie sich beziehen, dass ein Kinderschutzkonzept und Kinderschutzbeauftragte auch in der MA 11 notwendig sind, anmerken, dass es in der MA 11 als Kinderschutzbehörde natürlich Rahmenbedingungen und Auflagen im Bereich des Kinderschutzes gibt, die sehr, sehr weitreichend sind, in unterschiedlichen Dokumenten erörtert und dem Personal zur Verfügung gestellt werden. Zum Beispiel gibt es im Handlungsfeld der sozialen Arbeit ein „Qualitätshandbuch - Soziale Arbeit“, das immer wieder angepasst wird. In der Sozialpädagogik gibt es die fachlichen Standards für sozialpädagogische Einrichtungen. Weiters gibt es selbstverständlich auch Strategien und Erlässe, wie mit Gewalt oder auch sexuellen Übergriffen umzugehen ist. Darüber hinaus gibt es für die Kinder selbstverständlich die Möglichkeit, sich auch an Vertrauenspersonen zu wenden.
Nichtsdestotrotz arbeiten wir aktuell an einer weiteren Novelle, nämlich dass Kinderschutzkonzepte in allen Bereichen in Wien, wo wir die Hoheit und Aufsicht haben, aus meiner Sicht verpflichtend sein sollen. Das heißt, sowohl innerhalb der MA 11 als auch in privaten sozialpädagogischen Einrichtungen soll es aus meiner Sicht ein verpflichtendes Kinderschutzkonzept und Kinderschutzbeauftragte geben. Wir arbeiten gerade mit ExpertInnen an einer möglichen Novelle, um das zu implementieren.
Die MA 11 arbeitet selbstverständlich daran, dass die bisherigen Auflagen und Dokumente in ein Konzept gegossen werden - das ist keine große neue konzeptionelle Arbeit, sondern ein Zusammenbringen von unterschiedlichen Erlässen -, und ein Kinderschutzkonzept ist immer nur so gut, wie es an den Standorten gelebt wird. Dementsprechend ist es mir wichtig, dass es mit den Kindern am Standort erarbeitet wird, sodass die Kinder auch wissen, welche Rechte sie haben. Das ist auch die Aufgabe des Personals in den Wohngemeinschaften, Kinder auch auf ihre Rechte hinzuweisen und dafür zu sensibilisieren, und ich weiß, dass das in einem großen Ausmaß stattfindet, und es erfolgt auch Aufklärungsarbeit dahin gehend, dass in den sozialpädagogischen Einrichtungen auch externe Beratungsangebote aufscheinen, beispielsweise die Telefonnummer der Kinder- und Jugendanwaltschaft als Ombudsstelle für Kinder und Jugendliche. Es ist mir wichtig, dass Kinder wissen, welche Rechte sie haben.
Präsident Ernst Woller: Danke. Die 1. Zusatzfrage wird von Frau Abg. Keri gestellt. Ich erteile ihr das Wort.
Abg. Sabine Keri (ÖVP): Vielen Dank für die umfangreiche Ausführung. Meine Frage war aber ganz gezielt: Wie viele Eltern haben sich - proaktiv - an die MA 11 gewandt und gesagt, wir brauchen Hilfe und Unterstützung, und wie viele Kinder von diesen Familien wurden dann in die Vollerziehung abgenommen? Gibt es da eine transparente Richtlinie, transparente Kriterien, wie es dann zu einer Abnahme kommt? Und wo findet man diese?
Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.
Lhptm-Stv. Christoph Wiederkehr, MA: Selbstverständlich gibt es transparente Kriterien, wie es zu einer vollen Erziehung, zu einer Kindesabnahme kommt. Das sind mehrere Schritte. Es gibt auch ein verpflichtendes zumindest Vieraugenprinzip, und die Letztentscheidung liegt sowieso immer bei den Gerichten.
Die Auflage ist: Prävention vor voller Erziehung. Dementsprechend sind da die ambulanten Hilfen ganz wichtig. Wir haben ja auch unterschiedliche Angebote in der Prävention massiv ausgebaut, erst vor Kurzem die Frühen Hilfen, aber darüber hinaus gibt es ganz viele andere. Genauere Daten gibt es auch im sehr transparenten jährlichen Bericht der MA 11, und wenn es vertieft Zahlen hierzu braucht, jederzeit gerne eine Anfrage stellen. Ich habe jetzt die Zahlen im Zusammenhang mit den gesamten Gefährdungsabklärungen unter Familien, denen eine ambulante Hilfe angeboten worden ist, genannt.
Präsident Ernst Woller: Danke. Die 2. Zusatzfrage wird von Abg. Berger gestellt. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Stefan Berger (FPÖ): Herr Landesrat, ich möchte auf einen Fall zu sprechen kommen, der in den letzten Tagen in den Medien war - ich weiß nicht, ob Sie diesen auch anzweifeln. Es geht darum, dass berichtet wurde oder dass eine Lehrerin berichtet hatte, dass sich ein syrischstämmiger Schüler in einer Klasse vor der Lehrerin entblößt hatte, die Lehrerin versucht hat, Kontakt mit den Eltern aufzunehmen, die Mutter nicht Deutsch gesprochen hat beziehungsweise der Vater schlichtweg nicht erschienen ist. Da würde mich interessieren, welche Mechanismen es da gibt, ob man da auch die MA 11 entsprechend einschaltet. Würden Sie das bitte an dieser Stelle auch erläutern.
Präsident Ernst Woller: Bitte um Beantwortung.
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