Landtag, 22. Sitzung vom 26.04.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 55
so fort. Fakt ist, der Herr Finanzstadtrat ist dann gekommen und hat aus seiner Sicht die Dinge mitgebracht, wo er das Gefühl hatte, es könnte zu dieser Untersuchungskommission passen, und oh Wunder, es waren tendenziell Dinge, die natürlich entlasten. Diese Arbeit hat sich der Bürgermeister dann erst gar nicht gemacht. Der hat gesagt, Unterlagen und Handyauswertungen, E-Mails, Kalendereinträge und all die Dinge, die sich die SPÖ auf Bundesebene selbst gegönnt hat, wird es in Wien nicht geben.
Das muss man natürlich noch einmal sagen: Es ist natürlich an Zynismus nicht zu überbieten, wenn die SPÖ hier versucht, die Untersuchungskommission von Beginn an auszutrocknen, zu schauen, dass es keine Beweismittel gibt, wo man vielleicht dann auch Aussagen querchecken kann, et cetera, und der Bürgermeister sich dann hinstellt und sagt: Eigentlich, viel Substanz ist nicht in dieser Untersuchungskommission. Sehr geehrte Damen und Herren, das ist an Zynismus nicht zu überbieten und es ist eine Verhöhnung eines wesentlichen parlamentarischen Instrumentes dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)
Fakt ist, mit gemeinsamer Anstrengung der Oppositionsparteien ist es gelungen, sehr wohl auch durch die Befragungen und durch die wenigen Dokumente, zu wichtigen Erkenntnissen zu kommen. Punkt 1: Bgm Michael Ludwig war, so wie man es angenommen hat, natürlich nicht nur informiert, sondern auch involviert entlang des gesamten Prozesses. Der Herr Finanzstadtrat hat gesagt, er hat ihn immer wieder am Laufenden gehalten, er hatte immer wieder den gleichen Wissensstand, wörtlich. Wenn es immer der gleiche Wissensstand war, wird er natürlich auch von den Liquiditätsproblemen gewusst haben und wird er natürlich auch von den ungefähren Summen gewusst haben, um die es da geht.
Gleichzeitig haben wir festgestellt: Er hat uns ja noch im Gemeinderat erklärt, er hat am 15. Juli quasi alles erfahren. Dann stellen wir fest, nein, am 8. Juli hat ihn bereits der Magistratsdirektor informiert. Dann haben wir noch immer ein unaufgelöstes Mail, wo eine Intervention des Bürgermeisters veraktet ist am 12. Juli, wo auf einmal keiner mehr etwas mit diesem Mail zu tun haben will, und, und, und. Michael Ludwig hat sich auch erst gar nicht die Mühe gemacht, diese Widersprüche in der UK aufzuklären, weil sein Erinnerungsvermögen war, zur großen Überraschung, während der Befragung etwas eingeschränkt. Das heißt, für uns steht fest: Bgm Michael Ludwig war informiert und involviert. (Abg. Mag. Marcus Schober: Das stimmt nicht!) Lesen Sie das Protokoll, Herr Kollege! (Abg. Barbara Novak, MA: Das stimmt nicht!) Sie werden einige Passagen finden, wo der Herr Bürgermeister sagt: „laut meinen Erinnerungen“ oder „ist mir nicht erinnerlich“. Ich kann sie Ihnen gerne dann auch noch einmal in Ruhe zeigen, aber Sie können das Dokument auch selbst lesen.
Punkt 2 ist: Es hat sich nicht um einen Notfall gehandelt. Was ist die Wahrheit? - Die Wien Energie hat sich selbst, das muss man auch so sagen, einen Polster, einen Puffer organisiert, einen Rahmen für alle Fälle, weil ein Markt, der für stabil gehalten wurde, auf einmal volatil geworden ist. Man ist eh recht spät draufgekommen, dass das so ist und dann hat man gesagt: Jetzt brauchen wir irgendwie einen Puffer für alle Fälle. „Fair enough“, das hätte man wahrscheinlich im Juli auch so kommunizieren und auch so sagen können, aber es war kein Notfall in dem Sinne, dass man am nächsten Tag Geld gebraucht hat. Das ist die Geschichte, die man jetzt im Nachhinein erzählt, um das alles zu rechtfertigen, aber es war im Juli kein Notfall, der die Notkompetenz in der jetzigen Form rechtfertigt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und GRÜNEN.)
Wir haben natürlich auch noch viele andere Themen beleuchtet, unter anderem auch, wie das Beteiligungsmanagement in dieser Stadt aufgestellt ist. Wir haben festgestellt, eineinhalb Personen, wenn ich es jetzt richtig im Kopf habe, kontrollieren die Wien Energie. Wir haben gesehen, dass sich das Berichtswesen beim Beteiligungsmanagement eigentlich darauf konzentriert, Quartalsberichte aus Excel-Dateien zu erstellen, die wiederum die Wien Energie und die Stadtwerke liefern.
Man ist nicht einmal auf die Idee gekommen, nach der ersten Notkompetenz das Unternehmen enger an sich zu ziehen, im Berichtswesen zusätzliche Berichte einzufordern, vielleicht auch zu schauen, dass es eine zusätzliche Aufsicht gibt. All das kam dann erst mit der ÖBFA. Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur hat dann das eingefordert, was eigentlich aus Sicht des Steuerzahlers selbstverständlich ist, nämlich zusätzliche Berichtspflichten, einen unabhängigen Aufsichtsrat, der dann hineingesetzt wurde, alles Dinge, auf die das Beteiligungsmanagement der Stadt Wien nicht gekommen ist, sehr geehrte Damen und Herren.
Man hat (erheitert) auch nicht hinterfragt, wie das Geschäftsmodell jetzt wirklich funktioniert. Auch beim Nachfragen hat man irgendwie gemerkt, das Beteiligungsmanagement kriegt zwar Zahlen geliefert, aber so wirklich wissen, wie die zusammenhängen oder wie das Trading-Modell dann funktioniert, tun die eigentlich nicht. Sicher auch keine Art von Beteiligungsmanagement, wie wir uns das vorstellen, und da gibt es natürlich sehr großen Nachschärfungsbedarf, aber da gehen wir noch näher darauf ein.
Was die NEOS betrifft, auch ein sehr augenöffnender Moment, wie der Herr Vizebürgermeister seine Rolle als Hüter der Transparenz ausübt: nämlich gar nicht. Nachdem ihn ja nicht einmal der Bürgermeister informiert hat, sondern quasi ein Mitarbeiter, dass da jetzt 700 Millionen EUR vergeben sind: Auf die Nachfrage, ob er dann vielleicht mit dem Bürgermeister telefoniert hat, hat er gesagt: nein, ob er vielleicht dann mit dem Finanzstadtrat telefoniert hat, sagt er: nein, ob er dann vielleicht mit dem Aufsichtsratschef der Wien Energie gesprochen hat, sagt er: nein, ob er vielleicht mit dem Geschäftsführer der Wien Energie darüber gesprochen hat, um sich ein Bild zu machen, sagt er: nein.
Nach längerer Befragung haben wir festgestellt: Nicht nur auf offizieller Ebene, also auf seiner Ebene, sondern auch auf Mitarbeiterebene hat er es über den gesamten Juli und August, also bis zur zweiten Notkompetenz, nicht für wert befunden, sich Unterlagen zu organisieren und vielleicht einmal nachzufragen, wie es sein kann, dass ein
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