Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 35
wähnte Studie, die durch die MA 17 gerade veröffentlicht wurde.
Drei Dinge interessieren uns. Erstens, Sie sagen immer, ein Drittel der in Wien lebenden Menschen ist nicht wahlberechtigt. Das stimmt am Papier, aber die Frage ist ja, wie setzt sich dieses eine Drittel der Nichtwahlberechtigten zusammen. Zweitens, besteht bei diesem einen Drittel durchgängig ein Interesse, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen, oder ist das vielleicht gar nicht der Fall? Wie viel Prozent haben überhaupt ein grundlegendes Interesse, die Staatsbürgerschaft zu erlangen? Dann haben wir selbstverständlich das Thema - Sie sagen immer, der Linksblock, offensichtlich trifft Sie das (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Überhaupt nicht!) -, welches Interesse hat der Linksblock an einem erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft? Und das kann man sehr wohl nachvollziehen, wenn man sich die „Pass Egal Wahl“ anschaut. Und, was für uns natürlich sehr, sehr wichtig ist, mit welchem Selbstbewusstsein und mit welchem Wert verbinden wir die österreichische Staatsbürgerschaft und warum beharren wir so darauf, dass es am Ende eines Integrationsprozesses steht? Und ja, Herr Kollege Nepp, offensichtlich hinkt das Leseverständnis ein bisschen hinterher, es geht nicht automatisch, es steht am Ende eines Integrationsprozesses. Und dazu stehen wir auch absolut. (Beifall bei der ÖVP. - (StR Dominik Nepp, MA: Ja eh, entschuldige, hast du deinen eigenen Text durchgelesen?) Aber nicht automatisch!
Wir haben versucht, in der Anfrage herauszufinden, wie sich dieses eine Drittel Nichtwahlberechtigte zusammensetzt, welche Aufenthaltstitel sind darin enthalten und vor allem welche Aufenthaltsdauern. Die Kurzfassung ist, die Stadt Wien weiß es nicht. Unter diesem einen Drittel der Nichtwahlberechtigten sind Menschen, die seit 10, 20 Jahren in Österreich leben, da sind aber auch Menschen, die gerade erst nach Wien zugezogen sind. Da sind drinnen der Studierende im ersten Semester, die ausländische Diplomatin, der Expat. Sie sehen also, dass dieses Drittel eine völlig bunte Zusammenmischung von unterschiedlichen Aufenthaltstiteln und unterschiedlichen Aufenthaltsdauern ist. Daher ist es nicht rechtmäßig, von einem Drittel der Nichtwahlberechtigten zu sprechen, das kann man nicht in einen Topf werfen. Man muss dieses eine Drittel aufgliedern und sich dann ganz genau anschauen, wer die Staatsbürgerschaft beantragen könnte und warum er es nicht tut, wer es gar nicht will und wer sowieso nicht in die relevante Gruppe fällt, weil er oder sie ohnehin nur temporär in Österreich bleibt oder ausländischer Staatsbürger bleiben möchte.
Unser erster Punkt ist also: Es ist nicht rechtmäßig, von einem Drittel nichtwahlberechtigter Menschen in Wien zu reden. Am Papier ja, intellektuell überhaupt nicht. Das ist eine unsachgemäße Zusammenmischung von unterschiedlichen Aufenthaltsdauern und unterschiedlichen Aufenthaltstiteln. Und der folgen wir absolut nicht. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben auch gefragt, wie viel Prozent der ausländischen Staatsbürger leben bereits zehn oder mehr Jahre in Wien. Es wurde heute schon einmal erwähnt, es sind 55 Prozent. 55 Prozent der Menschen, die als ausländische Staatsbürger in Wien leben, könnten auf Grund der Aufenthaltsdauer die Staatsbürgerschaft bereits beantragen. Jetzt wissen wir aber - Kollege Stürzenbecher, ich muss Sie ein bisschen korrigieren -, aktuell wird die Staatsbürgerschaft am häufigsten nach sechs Jahren vergeben, nicht erst nach zehn Jahren. Also haben wir uns angeschaut, wie viel Prozent der in Wien lebenden Ausländer schon länger als fünf Jahre in Österreich sind. Und das sind 81 Prozent. Also 81 Prozent der ausländischen Staatsbürger in Wien haben bereits auf Grund ihrer Aufenthaltsdauer den Anspruch und die Möglichkeit, die Staatsbürgerschaft zu erlangen.
So, dann sagen Sie, sie können nicht, weil sie zu wenig Einkommen haben. Auch das stimmt aber nicht und auch das geht aus der Anfragebeantwortung hervor, denn unter den Drittstaatsangehörigen - ich wiederhole, Drittstaatsangehörige, da rede ich nicht von EU-Bürgern - mit mehr als 10 Jahren Aufenthalt in Wien erreichen lediglich 15 Prozent das Einkommensniveau nicht. 15 Prozent! Was ist mit den restlichen 85 Prozent? Warum beantragen die restlichen 85 Prozent die Staatsbürgerschaft nicht? Das ist die relevante Frage. (Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi: Das ist ihre Entscheidung!) - Das ist ihre Entscheidung, genau, Herr Kollege Al-Rawi, wir sind einmal einer Meinung. Und genau das geht aus der Studie der Stadt Wien hervor. Es ist ihre Entscheidung, sie wollen es vielleicht gar nicht. Die EU-Bürger wollen es nicht, Akademiker wollen es nicht, das geht eins zu eins aus der Studie hervor. Wir wissen aber auch, wer es möchte. Wer möchte es? Drittstaatsangehörige, Menschen, die unter Asylmigration nach Österreich gekommen sind, also einen Asyl- oder subsidiären Schutztitel haben. Wer möchte es noch? Menschen, die sehr kurz in Österreich aufhältig sind, sprich, null bis fünf Jahre. Das sind Personen, die Interesse am Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft haben, sagt die eigene Studie.
Und was bedeutet das im Rückschluss, wenn man nach den Motiven für die Erlangung der Staatsbürgerschaft fragt? Da wurde angegeben: Festigung des Aufenthaltstitels, unter anderem, natürlich ökonomischer Nutzen, unter anderem. Was aber ganz hinten erst genannt wurde, war die Möglichkeit, bei Wahlen mitzubestimmen. Und damit möchte ich herausstreichen, dass Ihre ewige verkürzte Darstellung, ein Drittel darf nicht wählen, das ist ein Demokratiedefizit, einfach nicht stimmt. Es stimmt einfach nicht. (Beifall bei der ÖVP.) Wir sprechen hier über eine wahnsinnig heterogene Menge von Menschen. Und es wäre nur redlich, dieser Heterogenität auch einen gewissen Respekt zu zollen und zu sagen, was die Studie tatsächlich sagt: 39 Prozent der in der Studie Befragten haben einen klaren Wunsch nach Einbürgerung. 39 Prozent! Und die restlichen wissen es entweder nicht oder haben keinen Wunsch nach Einbürgerung. Und das ist die einzig redliche Aussage: 39 Prozent haben einen Wunsch nach Einbürgerung. Von diesen 39 Prozent sind die meisten Drittstaatsangehörige, die meisten sind Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte und die meisten sind null bis
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