Landtag, 13. Sitzung vom 21.06.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 35
Es sind sehr, sehr viele Leute für eine fairere Staatsbürgerschaftslösung (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Nicht einmal bei euch alle!), nicht nur die Linken. Das sollte man irgendwann auch wissen. Wenn es die sind, na, hoffentlich, das muss ich natürlich auch sagen. Wir haben also jetzt die Punkte in etwa aufgezählt, die zu diskutieren sind, und ich möchte auf diese teilweise eingehen.
Einmal das mit den zehn Jahren: Sechs Jahre ist, glaube ich, relativ leicht, das haben wir zwar jetzt auch schon in Ausnahmefällen (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Die meisten nach sechs Jahren!), aber es wäre schön, wenn man grundsätzlich runtergehen würde. Das Zweite sind die notwendigen Einkommen: Es soll eine gewisse Grenze beim Einkommen geben, nur derzeit ist es so, dass man ohne Mietzahlung und ohne gewisse Verbindlichkeiten, die die Person hat, ich glaube, 1.030 EUR netto haben muss, und das ist, was zum Beispiel 15,6 Prozent der ÖsterreicherInnen netto auch nicht haben, wenn man die Miete und das alles abzieht.
Da frage ich mich schon, warum man für Menschen, die die Staatsbürgerschaft erwerben wollen, strengere Kriterien beim Einkommen haben muss, als es bei sehr, sehr vielen - mehr als einer Million - Österreicherinnen und Österreichern der Fall ist. Ich wäre natürlich dafür, dass alle mehr verdienen, aber grundsätzlich, meine ich, könnte man da die Grenze senken, ohne dass man sie überhaupt aufhebt.
Die Bundesgebühren abschaffen, das ist auf jeden Fall sinnvoll. Das sind zirka 1.200 EUR, unnötig. Wenn das Frau, Mann und ein paar Kinder sind, sind das alleine gleich 3.000, 4.000, 5.000 EUR, und das ist natürlich für eine Familie schon eine große Hürde. Es stimmt auch nicht, Kollege Wölbitsch, was Sie gesagt haben, dass Wien am teuersten ist. Das ist einfach falsch. Wir sind dafür, dass die Landesgebühren harmonisiert werden, und entsprechend unserem Regierungsprogramm mit den NEOS, auf niedrigem Niveau. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Dann schafft es ab!) Es soll auch nicht gratis sein, aber es soll erträglich sein und es soll etwas kosten, aber nicht viel, sondern eine gewisse Summe, die aber bei Weitem nicht so hoch sein soll wie derzeit. (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Dann setzt es um!)
Dann glaube ich, dass das mit den in Österreich geborenen Kindern eigentlich selbstverständlich ist. Wir haben zwei Grundphilosophien im Staatsbürgerschaftsrecht weltweit, das werden die meisten wissen, ich sage es trotzdem noch einmal, das ist das ius soli, also das Recht des Bodens, oder das ius sanguinis, das Recht des Blutes, das das eher altmodische, an eher schlechte Zeiten erinnernde ist. Das Blut ist das Um und Auf, das ist das Wichtigste. Wurscht, wo man geboren ist, und sei man in Brasilien geboren, wenn man von zwei Österreichern abstammt, ist es natürlich selbstverständlich, dass man die Staatsbürgerschaft hat.
Wenn man in Österreich geboren ist und lange da lebt und perfekt Deutsch kann und alles, aber man zufällig von zwei Staatsbürgern in die Welt gesetzt worden ist, die nicht die Staatsbürgerschaft haben, nützt alles nichts. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Sicher, sie können sie beantragen!) Ja, aber das ist unnötig kompliziert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wenn ein in Österreich geborenes Kind einen Elternteil hat, der mindestens fünf Jahre legal im Bundesgebiet aufhältig ist, dann soll das automatisch sein. Ich glaube, das ist recht und billig, und das wäre eines Rechtsstaates würdig. (Beifall bei der SPÖ.)
Welche Sachen sind weiters noch zu berücksichtigen? Hinter der Staatsbürgerschaftsprüfung, die wir derzeit haben, ist im Grundprinzip eine gute Idee, aber sie ist ein bisschen ins Skurrile ausgeartet. Da müssen dann die neuen Staatsbürger in jedem Bundesland die höchsten Berge wissen und wo irgendein See ist. Wenn man das die Österreicher abfragen würde, würden mehr als die Hälfte durchfallen. (Abg. Maximilian Krauss, MA: Vielleicht bei Ihnen in der Familie!) Das muss man auch wissen, bei einem Multiple Choice Test würden das sehr viele nicht finden.
Wofür ich sehr bin, ist ein Staatsbürgerschaftslehrgang, wo man wirklich unsere Grundwerte, die Grundwerte der Demokratie, und so weiter durchmachen soll und wo letztlich festgestellt wird, dass man erfolgreich teilgenommen hat. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ohne Prüfung?) Das kann man besser machen als mit irgendeinem Multiple Choice. (Abg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das funktioniert? Genau!) Das funktioniert in der modernen Pädagogik schon. In Ihrer ganz einfältigen Uraltmethode der Pädagogik, wie sie bis ins 19. Jahrhundert der Fall war, und dort stecken Sie ja noch, ist es vielleicht besser so, wie Sie es wollen. Wir hätten da aber modernere Zugangsweisen mit einem Staatsbürgerschaftslehrgang. Ich meine, dass das durchaus sinnvoll wäre.
Westliche Werte sind durchaus etwas Sinnvolles. Ich glaube aber nicht, dass das Blut und das ius sanguinis der Kern der westlichen Werte sind, sondern ich glaube, dass das Recht des Bodens eher den westlichen Werten entspricht, und das wollen wir vorantreiben, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Warum macht das die ÖVP? Die gute Interpretation wäre: Sie wollen eine sachliche Debatte darüber. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Gut, dann ist es okay, und vielleicht ist es auch bei manchen von Ihnen so. Ich glaube aber, bei manchen ist es eher so: Man denkt sich, Staatsbürgerschaft ist ein gutes Thema, da könnte man wieder ein bisschen zur Kurz-Methode zurückkommen, wo es uns, der ÖVP, gelungen ist, der FPÖ möglichst viele Stimmen wegzuschnappen, indem man irgendwie ein bisschen auf rechtspopulistische Vorurteile aufbaut, Ressentiments, die es in der Gesellschaft gibt, ein bisschen befeuert, indem man denen, die ein besseres Staatsbürgerschaftsrecht wollen, falsche Sachen unterstellt - nämlich man sei damit für schrankenlose Zuwanderung, was ein Blödsinn ist (Abg. Mag. Caroline Hungerländer: Das ist das Ergebnis ...) -, um wieder selbst ein paar Punkte zu kriegen oder wieder ein paar Stimmen von der FPÖ, die inzwischen wieder zurückwandern, doch für die ÖVP zu behalten.
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