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Landtag, 8. Sitzung vom 24.11.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 43 von 68

 

Dokumente durch die Covid-Ausnahmesituation begründet sei, insoweit ins Leere, als diese erst seit März 2020 besteht und daher die fehlende Entscheidungswilligkeit in Bezug auf die bereits seit Jahren anhängigen Altfälle nicht entkräften kann.“

 

Was bedeutet das? - Auch wenn die NEOS hier jetzt ein bisschen sozusagen zu Verteidigern der MA 35 werden - das war in der Zeit, als sie in Opposition waren, noch ein bisschen anders, wenn ich mich an Pressekonferenzen des jetzigen Herrn Stadtrates Wiederkehr erinnere -, aber Corona, weil es auch vorher Kollegin Bakos genannt hat, ist keine Ausrede für die Zustände hier. Diese Probleme gibt es nicht erst seit gestern, und Covid darf man auch nicht als Ausrede nehmen. Ich hoffe, dass man das in dieser Diskussion über die MA 35 auch endlich einmal wirklich akzeptiert.

 

Der Bericht aus dem Jahr 2020 ist keine Seltenheit, sondern das gab es schon öfter. Erschreckend ist es aber, wenn man sich die Missstandsfeststellungen auf der Homepage der Volksanwaltschaft anschaut: Fast zwei Drittel der Beschwerden im Bereich der gesamten Bundesverwaltung entfallen auf die MA 35. Das bedeutet, zwei Drittel aller Beschwerden in Österreich betreffen eine einzige Wiener Behörde! Das ist leider nur die Bestätigung meiner Kritik der letzten Wochen und Monate und zeigt nur noch einmal die dramatische Situation dort. Und ja, Reformen sind auf dem Weg, man sieht an diesem Bericht aber auch, wie wichtig und wie notwendig diese Reformen sind. Nur durch diese Reformen kann das jahrzehntelange Chaos, das die Wiener SPÖ da angerichtet hat, auch wirklich beseitigt werden.

 

Gerade diese unglaubliche Zahl von zwei Dritteln aller Fälle sollte eigentlich auch Ihnen, Herr Bürgermeister, zu denken geben und dazu führen, dass Sie sich hier viel stärker einbringen, denn es kann nicht sein, dass zwei Drittel der Fälle eine einzige Wiener Behörde betreffen.

 

Von den Volksanwälten selber, die da sehr engagiert sind, würde mich auch einfach diese Relation interessieren: Ob das normal ist beziehungsweise wie da das Verhältnis zu anderen Behörden ist, was diese zwei Drittel betrifft, ob es dort ähnlich viele Missstände gab und gibt.

 

Nach dieser Kritik möchte ich mich abschließend persönlich und auch im Namen der ganzen Fraktion bei Ihnen für den Bericht bedanken. Sie liefern damit wirklich eine hervorragende Grundlage für unsere Oppositionsarbeit. Vielen Dank dafür!

 

Präsident Mag. Manfred Juraczka: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg. Florianschütz. Ich erteile es ihm.

 

13.49.17

Abg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ)|: Herr Präsident! Herr Bürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Herren Volksanwälte!

 

Vorweg mein Dank für die ausgezeichneten Berichte und die ausgezeichnete Arbeit der Volksanwaltschaft und für die Anregungen für die Verwaltung des Landes und der Stadt Wien, die wir daraus ableiten können! Lassen Sie mich zu den Berichten der Volksanwälte ein paar grundsätzliche Gedankengänge zum Ausdruck bringen:

 

Erstens: Bedarfsorientierte Mindestsicherung oder Wiener Mindestsicherung. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass Teile des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in Wien noch nicht umgesetzt sind, und deshalb wird bemängelt, dass es eventuelle Verfassungsgebrechen geben könnte. Das betrifft nicht nur Wien, das betrifft auch andere Bundesländer und das ist ein bröckelnder Prozess, trotzdem muss man diesen Vorwurf in einer gesetzgebenden Körperschaft eines Landes ernst nehmen.

 

Meine Damen und Herren, die Aufgabe der Volksanwaltschaft ist eine noble Aufgabe: die Überprüfung der Tätigkeit der Verwaltung, der Exekutive - und das tut die Volksanwaltschaft in hervorragender Art und Weise. Lassen Sie mich aber einen Gedankengang einbringen und Ihnen mitteilen, sehr geehrte Herren Volksanwälte: Wie wäre es, wenn die Volksanwaltschaft auch einmal darüber nachdenken würde, sich nicht nur über die Tätigkeit der Exekutive, sondern auch über die Grundlage der Tätigkeit der Exekutive und ihren Sinn und Zweck und ihre Qualität den Kopf zu zerbrechen, nämlich die bundesgesetzlichen Grundlagen beispielsweise? Das betrifft sowohl die Wiener Mindestsicherung als auch die Tätigkeit der MA 35. Lassen Sie mich das ausführen:

 

Es ist eine nicht sehr große, aber doch nennenswerte Anzahl von Einzelfällen angeführt, in denen bestimmte Vorgangsweisen der Verwaltung bei der Wiener Mindestsicherung gerügt werden. Wenn ich das richtig gelesen habe, ist kein einziger Fall dabei, in dem gerügt wurde, dass durch die Verwaltung zu viel Leistung geboten wurde, sondern es wurde immer gerügt, dass es zu wenig war. Und das ist natürlich gerechtfertigt, weil es hier Rechtsansprüche gibt. Und daran arbeitet die Behörde. Die MA 15 ist bemüht, zügig und den Leistungsportfolios der Stadt Wien entsprechend Auszahlungen an die Anspruchsberechtigten zu tätigen. Es liegt allerdings keine einzige Beschwerde vor, in der eine Bürgerin oder ein Bürger dieser Stadt sich darüber beschwert hätte, dass er oder sie zu viel gekriegt hätte. Hier liegt also kein Behördenversagen aus Sicht der Bürger vor.

 

Und jetzt ist die Frage: Wie wird das Wiener Mindestsicherungsgesetz gesehen? - Sie legen, und das ist ja gerechtfertigt, das grammatikalisch wörtlich aus. Das ist in Ordnung. Ich rege an, dass Sie in Zukunft vielleicht auch erwägen - das wäre eine Bitte an Sie -, eine teleologisch-historische Auslegung zu überlegen, sprich: Was hat der Gesetzgeber, die Gesetzgeberin auch auf Bundesebene sich bei der Frage des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes überlegt?

 

Ich gebe einen Hinweis, wie ich mir das vorstelle: Die verfassungsrechtliche Zentralgrundlage ist das Armenwesen, die Bekämpfung von Armut - und der Sinn des Gesetzes ist ja, dass Armut bekämpft wird, und das zieht sich dann durch bis zum Wiener Mindestsicherungsgesetz. Und das Wiener Mindestsicherungsgesetz ist ja nicht das „Wir zahlen möglichst wenig Sicherung aus“-Gesetz, und so gesehen, teleologisch betrachtet, erfüllt das Wiener Mindestsicherungsgesetz offensichtlich den Zweck. Dort, wo es zu wenig leistet, wird gerügt - das steht im Bericht der Volksanwaltschaft -, und dort, wo es

 

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