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Landtag, 5. Sitzung vom 24.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 93

 

Ich muss Ihnen sehr wohl widersprechen. Alle Maßnahmen - das hat auch Kollege Konrad sehr klar gesagt -, die dazu führen, Betroffene vom ersten Tag an in Beschäftigung oder in Ausbildung zu bringen, sind positiv. Dafür haben wir das AMS, und dafür hat die Stadt eine Reihe von Maßnahmen gesetzt. Daher sehe ich überhaupt nicht ein, dass Sie das hier jetzt so bejammern. Wir müssen wirklich darauf achten, dass Maßnahmen, wenn diese gesetzt werden, auch befolgt werden. Wenn jemand mit 25 Jahren noch immer nicht bereit ist, sich um einen Job zu kümmern oder einen Job, der ihm angeboten wird, anzunehmen, dann ist es klarerweise völlig richtig, dass es diesfalls entsprechende Maßnahmen beziehungsweise Sanktionen gibt.

 

Mit den vier Monaten bei dem Orientierungsplan verstreicht natürlich wertvolle Zeit, und da war auch teilweise eine Verfestigung bei der Mindestsicherung wahrzunehmen. Daher ist das jetzt eine entsprechende Maßnahme, und natürlich müssen sich alle Betroffenen und Beteiligten im AMS auch dementsprechend bemühen. Das ist unsere Aufgabe, und das wollen wir auch alle, egal, von welcher politischen Seite. Es ist unsere Aufgabe, dass wir dafür sorgen müssen, dass die Menschen wieder in Beschäftigung kommen, und zwar besonders die jungen Leute. Deshalb müssen von allen dementsprechenden Maßnahmen gesetzt werden. Das kann aber nicht durch Nichtstun passieren.

 

Kollege Seidl von der FPÖ! Wenn du es noch so oft hier sagst: Ja. Die Unionsvorgaben entsprechen aber dem Antrag nicht, und daher werden wir natürlich diesem Antrag und selbstverständlich auch dem Antrag der GRÜNEN nicht zustimmen.

 

Jetzt haben wir auch noch den Antrag der Landesregierung. Auch diesem werden wir nicht zustimmen. Die Wiener Landesregierung vollzieht seit 18 Monaten dieses Sozialhilfe-Grundsatzgesetz nicht verfassungsgemäß. Dazu möchte ich sagen - das kann ich mir und Ihnen nicht ersparen -: Herr Landesrat! Sie begehen einen Verfassungsbruch, dann schreiben Sie aber Anträge, mit welchen Sie die Bundesregierung zu allem Möglichen auffordern. Machen Sie doch endlich Ihre eigenen Hausaufgaben!

 

In der Begründung des Antrags wird angeführt, dass das ein Fragment einer Grundsatzgesetzgebung ist, weil der Verfassungsgerichtshof sozusagen aus einem großen Gesetz zwei Punkte herausgenommen hat. Meine Damen und Herren! Das ist auch ungeheuerlich!

 

Zur Bundesregierung möchte ich auch noch etwas erwähnen, und zwar auch für Sie, Frau Spielmann: Wir haben eine Koalitionsregierung. Ich war bei den Verhandlungen Soziales anwesend, und dabei ist ganz klar das Ziel festgelegt worden, den Anteil der armutsgefährdeten Menschen in dieser Legislaturperiode zu halbieren. Und das wird auch geschehen! Ich hoffe, dass Sie doch an Ihre eigene Gruppe glauben.

 

Grundsätzlich noch einmal zu dem Antrag: Wir brauchen keine Zurufe. Diese sind nicht notwendig. Ich sage sogar, dass sie deplatziert sind. Wir werden daher diesem Antrag nicht zustimmen.

 

Meine Damen und Herren! Das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz des Bundes ist mit 1.6.2019 in Kraft getreten, die Ausführungsgesetze haben sieben Monate später zu folgen, diese müssen die Länder erlassen. Das verfassungsgemäße Ausführungsgesetz in Wien gibt es noch immer nicht. Und die rot-pinke Landesregierung bringt in der heutigen Landtagssitzung eine Novelle betreffend Mindestsicherung ein, aber nicht als Regierungsvorlage, sondern als Initiativantrag. Frau Spielmann! Auch das haben Sie - völlig zu Recht - kritisiert. Ein Initiativantrag ist immer als Ad-hoc-Antrag gedacht, wenn etwas ganz dringend ist, wenn etwas rasch passieren soll und man eingreifen muss. Dafür wurde dieses Instrument klarerweise geschaffen, und das ist auch gut so. Das gilt aber sicherlich nicht für eine Novelle zur Mindestsicherung 18 Monate nach Ende der Umsetzungsfrist!

 

Wir haben im Übrigen heute eine Reihe von Gesetzesnovellen, und die erwähnte Gesetzesnovelle ist nicht die einzige, die als Initiativantrag eingebracht wird. Von acht Gesetzesnovellen sind sechs Initiativanträge. Im Hinblick darauf muss man sich schon fragen, meine Damen und Herren: Was ist mit dieser Regierung los? Da wird die Demokratie mit Füßen getreten!

 

Herr Landesrat! Ich frage Sie noch einmal: Warum gibt es keine Regierungsvorlage? Wir haben diese Frage auch im Ausschuss gestellt. Sie haben darauf aber keine Antwort gegeben. Zeitnot kann es ja nicht gewesen sein! Ich nehme eher an, dass Sie das externe Begutachtungsverfahren vermeiden wollten, um Diskussionen zu verhindern.

 

Herr Landesrat! Sie hebeln damit den parlamentarischen Gesetzwerdungsprozess aus. Sie alle reden zwar immer von Partizipation, von Bürgerbeteiligung und von Demokratie, gleichzeitig umgehen Sie aber all diese wichtigen Instrumente und missbrauchen das Instrument des Initiativantrags für eine Gesetzesnovelle! Das ist demokratiepolitisch mehr als bedenklich, und das ist ein Mal mehr ein Akt von Intransparenz, aber auch von Ignoranz. Statt eine Novelle in Begutachtung zu schicken, die Verfassungskonformität herstellt, versuchen Sie, mit einem Flickwerk von Einzelmahnahmen abzulenken und wieder nur das umzusetzen, was Ihnen passt.

 

Auch die Volksanwaltschaft kritisiert Ihr Vorgehen, Herr Landesrat, aufs Schärfste als verfassungswidrig. Die Volksanwaltschaft sprach von einem verfassungswidrigen Wiener Landesgesetz. Wie rechtfertigen Sie diese Weigerung? Das war heute meine Anfrage, Herr Landesrat. (Amtsf. StR Peter Hacker: Ich habe diese eh beantwortet!)

 

Wenn Sie sagen, dass Sie diese Frage beantwortet haben, dann muss ich Ihnen sehr widersprechen. Sie haben mich zwar grundlos attackiert, doch das halte ich aus, Herr Landesrat. Es war dies aber eine Themenverfehlung von Ihnen.

 

Ich weiß schon: Die Wiener Landesregierung ist verwöhnt und gewohnt, Gesetze frei nach ihrem Geschmack zu interpretieren. Das aber ist wirklich eine Verhöhnung unserer Verfassung! Und ich frage auch die Damen und Herren von NEOS: Wieso akzeptieren Sie,

 

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