Landtag, 46. Sitzung vom 25.06.2020, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 79
Ärztekammer, darüber die Gespräche zu führen, es zu konkretisieren und konkrete Verträge für konkrete PVEs abzuschließen.
Zur Eingangsbemerkung noch ein kleiner Satz: Ich gebe Ihnen vollkommen recht, jeder Change-Prozess, jede Veränderung, jede Reform hat auch immer wieder ihre Rückschläge und hat ihre Schwachstellen, et cetera. Da bin ich schon bei Ihnen. Aber ehrlich gesagt, im Vergleich zum Krankenanstaltenverbund und zur Reform des Wiener Gesundheitsverbundes: Ich habe niemals eine Patientenmilliarde versprochen, und daran muss sich leider die andere Versprechung messen lassen.
Präsident Ernst Woller: Danke. Die 4. Zusatzfrage wird von Abg. Margulies gestellt. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Nahtlos anschließend: Ja, an die Patientenmilliarde hat ja sowieso von Anfang an niemand geglaubt. Insofern muss man sie nicht immer wieder neu aufwärmen. Nichtsdestoweniger, tatsächlich positiv ist, dass die Notwendigkeit für die Primärversorgungszentren mittlerweile - glaube ich - von allen Fraktionen durchgehend anerkannt ist. Im Gegensatz zu Ihren Ausführungen, die ich mittelfristig unterstütze, mit der Knappheit der Budgets, et cetera glaube ich manchmal, dass in solchen Situationen wie der jetzigen auch Chancen drinnen sind, finanzielle Mittel zu lukrieren, die in Normalzeiten nicht zu lukrieren wären. Denn jetzt wissen alle, die Brieftaschen sind offen. Vielleicht gelingt uns das auch für den Gesundheitsbereich, eben zur weiteren Ausweitung der Primärversorgungszentren.
In diesem Sinne auch eine Frage ganz konkret im Zusammenhang mit der Corona-Krise, Corona-Epidemie: Hat sich - aus Ihrer Sicht - die Rolle der Primärversorgungszentren angesichts Pandemien wie Corona - es kann ja was ganz anderes auch kommen - verändert? Müssen die berücksichtigt werden? Ursprünglich wollte ich was zur Krankenkasse fragen, aber da ist schon so viel abgehandelt worden. Es würde mich nämlich tatsächlich interessieren, ob sich die Rolle der Primärversorgungszentren verändert hat.
Präsident Ernst Woller: Bitte, Herr Landesrat.
Amtsf. StR Peter Hacker: Ich kann nur für meinen Eindruck sprechen, ich kann jetzt nicht darüber sprechen, ob das in der Sozialversicherung oder in der Ärztekammer so gesehen wird. Ich habe das Gefühl gehabt, dass sich auch in der Krise gezeigt hat, dass Einzelordinationen besonders schwierige Orte sind, weil sich natürlich auch Ärztinnen und Ärzte davor gefürchtet haben, angesteckt zu werden. Natürlich haben sich Patientinnen, Patienten davor gefürchtet, in der Ordination im Warteraum angesteckt zu werden. Natürlich waren auch manche positiv, waren krank und sind zu Hause geblieben. Das hat natürlich sofort dazu geführt, dass diese Ordination generell aufgefallen ist.
Wir hatten, glaube ich, jedenfalls in einem Primärversorgungszentrum, ich glaube, aber nur in dem einen, einen positiven Mitarbeiter. Das hat aber nicht dazu geführt, dass dieses PVE schließen musste, sondern es konnte weiter Dienst machen, weil der eine Mitarbeiter zu Hause geblieben ist und der Rest der Mitarbeiter weiterhin den Betrieb aufrechterhalten hat. Also mein Eindruck ist, dass sich gerade in dieser Krisenzeit gezeigt hat, wie stark Primärversorgungseinheiten in der Versorgung sind, gerade auch in einer Zeit, in der Mitarbeiter ausfallen.
Das kann in der Grippezeit ganz genau so passieren, dass Mitarbeiter zu Hause bleiben müssen und im Krankenstand sind, wie jetzt im Rahmen der Covid-19-Krise.
Präsident Ernst Woller: Die 5. Zusatzfrage wird von Abg. Dr. Koderhold gestellt. Ich erteile ihm das Wort.
Abg. Dr. Günter Koderhold (FPÖ): Vielen Dank für die Antworten.
Es ist zwar nicht Thema der Anfrage, aber auf die Patientenmilliarde möchte ich schon antworten. Es ging darum - was nicht gemacht wurde, das möchte ich hinzufügen -, die extramurale Verwaltung zu reduzieren, nicht die Verwaltung der Krankenkassa, die maximal 7 Prozent beträgt, sondern die Verwaltung in allen anderen Einheiten. Was auch wichtig ist: Das Defizit der Krankenkasse hängt natürlich damit zusammen, dass die Bevölkerung gewachsen ist, erheblich gewachsen ist, und dass der Beschäftigungsprozentsatz dieses Teils der Bevölkerung 60 Prozent beträgt, im Unterschied zu einem anderen Teil der Bevölkerung, wo er 75 Prozent beträgt. Daran möchte ich nur erinnern.
Wichtig ist natürlich im Bereich der allgemeinmedizinischen Versorgung, dass sich die Mathematik natürlich nicht überlisten lässt. Sie brauchen für 36 Primärversorgungseinheiten etwa 100 Allgemeinmediziner, dann beginnt zusätzlich - das werden Sie sicherlich wissen - die absolute Zahl der Klientel über 85 deutlich zuzunehmen, und wir können sie natürlich nicht mit einer Primärversorgungseinheit versorgen, sondern nur mit dem Hausärztesystem. Das heißt, wir brauchen auf der einen Seite ungefähr 100 Ärzte für die Primärversorgungeinheiten, das wird sicherlich funktionieren, wenn man endlich interessante Verträge macht und zweitens für die immer größere absolute Anzahl der älteren Herrschaften über 85 auch einen Hausärzteversorgungsdienst errichtet.
Jetzt kommt meine Frage: Es gibt ja nicht in allen Fächern einen Mangel in Wien. Es gibt eine Art Personalreserve, die Sie sicherlich auch kennen, das sind die Kolleginnen und Kollegen mit einer Doppelausbildung, die zum Beispiel Internist und Allgemeinmediziner, HNO und Allgemeinmediziner, Chirurg und Allgemeinmediziner sind, dann gibt es Bereiche, in denen es überhaupt keinen Mangel gibt. Meine Frage diesbezüglich: Haben Sie schon überlegt, an diese Personengruppe mit entsprechenden Verträgen, mit entsprechenden Angeboten heranzugehen, um diese Kolleginnen und Kollegen, die eine Doppel- oder Mehrfachausbildung haben, in das Primärversorgungssystem einzugliedern?
Präsident Ernst Woller: Bitte, Herr Landesrat.
Amtsf. StR Peter Hacker: Mir ist das bewusst, ich hoffe, der Ärztekammer auch, denn die ist verantwortlich dafür, ausreichend Kandidaten zu finden, die sich dann um eine Primärversorgungseinheit auf der Grundlage der Ausschreibung der Sozialversicherung bewerben. Das
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