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Landtag, 33. Sitzung vom 19.12.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 46

 

zumindest von diesem Grundsatz Beraten statt Strafen Gebrauch machen können, denn wir wollen ja bürgerfreundliche und wirtschaftsfreundliche Gesetze haben. Natürlich muss die Stadt Wien Abgaben und Gebühren einheben und natürlich ist es wichtig, dass man diese Stadt finanziert, aber das allerhöchste Rechtsgut ist die Stadt Wien nicht.

 

Man hat aber so ein bisschen den Eindruck, dass das die Stadt Wien selbst so sieht, wenn ich da im Besonderen Teil lese, der Abgabenanspruch der Gebietskörperschaften ist ein Rechtsgut, das umso schutzbedürftiger ist, als die Abgaben auch oftmals Ziele verfolgen, die über das fiskalische Interesse hinausreichen, und daher dieser Abgabenanspruch so etwas Hochwertiges ist, dass man also unter keinen Umständen mit diesem neuen Rechtsgrundsatz des Bundesgesetzgebers vorgehen darf.

 

Ich sag‘ Ihnen, noch eine Spur wichtiger als die Gemeindefreundlichkeit ist die Bürgerfreundlichkeit. Beim Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe weiß ich nicht, warum man da nicht einmal Beraten statt Strafen kann. Ein einziges letztes Beispiel zum Schluss: Die Dienstgeberabgabe ist ja etwas, was den Unternehmer nicht besonders belastet. In Summe ist es keine große Gebühr, es sind lediglich 2 EUR pro Dienstnehmer und Woche, die der Dienstgeber als Dienstgeberabgabe zu leisten hat. Da fragt sich, ob das überhaupt sinnvoll ist, so eine Bürokratie abzuführen. Diese 2 EUR pro Dienstnehmer muss der Dienstgeber pro Woche abführen, aber wehe, er macht es aus irgendeinem Grund nicht - das kann ja passieren, aus welchen Gründen auch immer -, dann droht eine Strafe in Höhe von 21.000 EUR. Da ist einfach ein Missverhältnis gegeben, da kann ich jetzt nicht sagen, der Abgabenanspruch der Gebietskörperschaft geht über die Bürgerrechte und ist so unglaublich wichtig, dass ich da diese Ausnahme nicht anwenden möchte.

 

Langer Rede kurzer Sinn: Es wäre Gelegenheit gewesen, Wien ein bisschen bürgerfreundlicher, ein bisschen wirtschaftsfreundlicher zu machen, wenn man bei diesen 36 Landesgesetzen ein bisschen diffiziler vorgegangen wäre. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Präsident Ernst Woller: Zu Wort gelangt Frau Abg. Dr. Kickert. - Bitte.

 

13.52.25

Abg. Dr. Jennifer Kickert (GRÜNE)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Landesrätin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich nehme an, Herr Ulm, Sie hätten gemeint, differenzierter vorgegangen wären, denn diffizil ist lediglich die Aufzählung dieser vielen, vielen, vielen, vielen, vielen, vielen Gesetze, die jetzt da herausgenommen werden. Diffizil im Sinne von vielleicht ein bisschen kompliziert, wobei der Sachverhalt selbst nicht kompliziert ist: Bei § 33a des Verwaltungsstrafrechts geht es ja darum, nicht gleich zu strafen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Und ich glaube, das ist der wesentliche Punkt, nämlich auch in der Bewertung der Ausnahmen. Die Voraussetzungen dafür sind, dass zum Beispiel entweder die Bedeutung des geschützten Rechtsguts gering ist, die Intensität der Schädigung gering wäre oder das Verschulden des Beschuldigten gering ist. Nur dann macht sozusagen klarerweise Beraten statt Strafen einen Sinn, und das wird, soviel ich weiß, in so ziemlich allen Praxen auch tatsächlich umgesetzt. (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Aber die gilt jetzt nicht!) - Das ist mir schon klar, es gilt nicht. Und zwar, was gilt nicht, der sogenannte Beratungsvorrang gilt dann nicht (Abg. Armin Blind: Aber dann wäre der 33er anwendbar!), wenn sozusagen (Abg. Armin Blind: Das ist die Voraussetzung!) die Berichte verpflichtend sind zur Beratung und zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes. Wenn aber bei vielen dieser angeführten Gesetze der gesetzmäßige Zustand gar nicht mehr hergestellt werden kann, ist es sinnlos. Daher ist auch ein Herausnehmen durchaus sinnvoll, denn ich gebe einfach zu bedenken, bei den vielen angeführten Gesetzen geht es nicht um geringfügige Dinge, es geht vor allem nicht um Rechtsgüter, die ohne Weiteres wiederhergestellt werden können. Und das sehen Sie vor allem an den Gesetzen aus dem Bereich des Umweltschutzes, des Naturschutzes, das Jagdgesetz zum Bespiel, Fischereigesetz. Bei Übertretungen dieser Gesetze ist erstens einmal (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Sportförderungsgesetz!) wohl kaum anzunehmen, dass die Übertretungen dieser Gesetze ohne Vorsatz passierten, ohne Tatbegründungen, und deswegen ist es durchaus sinnvoll, dass gerade diese Gesetze herausgenommen werden.

 

Und nein, es passiert nicht aus Überforderung, sehr geehrte PolitikerInnen und KollegInnen von den NEOS, sondern es geht um Klarstellungen (Abg. Armin Blind: Das ist eine logische Fehlannahme!), damit klar ist, dass dieser sogenannte Beratungsvorrang bei diesen Gesetzen, und vor allem bei den Übertretungen dieser Gesetze selbstverständlich nicht zur Anwendung kommt. Möglicherweise kann man das als wenig bürgerfreundlich erachten, aber im Gegenzug dazu muss man sagen, vor allem dann, wenn dritte Personen, also Mitbürgerinnen und Mitmenschen diejenigen sind, die unter den Übertretungen all dieser Gesetze leiden, ist auch eine Übertretung nicht bürgerfreundlich. Daher kann ich das Argument des Kollegen von den NEOS nicht ganz nachvollziehen, und daher lade ich Sie alle ein, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben. - Besten Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Ernst Woller: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich bekannt geben, dass Herr Abg. Niegl ab 14 Uhr abgemeldet ist und Herr Abg. Eischer ab 14.30 Uhr.

 

Zu Wort gelangt Herr Abg. Valentin. Ich erteile es ihm.

 

13.56.58

Abg. Erich Valentin (SPÖ)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich denke mir, wir sollten uns anschauen, wie die Statistiken aussehen und wie man jetzt mit der derzeitigen Gesetzeslage umgeht, mit Bürgerinnen und Bürgern, im Falle, dass ein Organ der Stadt feststellt, dass beispielsweise nach Gesetzgebung der Reinlichkeit Verstöße gegeben sind. Ich habe mir extra die Statistik nun kommen lassen und stelle fest, dass beispielsweise bei

 

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