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Landtag, 33. Sitzung vom 19.12.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 46

 

Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Kollege Jung! Ähnlich wie Herr Abg. Kraus habe auch ich versucht, das Zitat zu verifizieren oder zu falsifizieren. Dazu habe ich ungefähr eine Viertelminute gebraucht, nicht länger.

 

Sie haben gewusst, dass dieses Zitat falsch ist. Für die Herabwürdigung einer Person in öffentlichem Interesse unter bewusster Verwendung von Fake-Zitaten erteile ich Ihnen, auch wenn es Ihre Abschiedsrede war, einen Ordnungsruf. (Beifall bei den GRÜNEN. - Abg. Armin Blind: Woher wollen Sie das wissen? Das ist eine Anmaßung! Das ist eine Ungeheuerlichkeit! - Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abg. Florianschütz. - Bitte.

 

12.45.08

Abg. Peter Florianschütz (SPÖ)|: Herr Präsident! Werte Abgeordnete zum Europäischen Parlament! Werte Mitglieder des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Die Abschiedsrede des Kollegen Jung ist gewissermaßen auch ein bisschen eine historische Stunde. Ich äußere mich dazu dann später noch detaillierter. - Jedenfalls haben Sie es geschafft, durch den feierlichen Schluss fast die Würze aus der Debatte hinauszunehmen. Das ist das erste Mal, dass ich das überhaupt erlebe! Herzlichen Glückwunsch, Herr Abgeordneter! (Beifall bei der SPÖ und von Abg. Mag. Dr. Alfred Wansch.)

 

Meine Damen und Herren! Angesichts der bisher abgelaufenen Debatte stellen sich mir die Fragen: Warum führen wir hier im Wiener Landtag eine Debatte zum Thema Europa? Was bewegt uns, das zu tun? Warum haben wir diese Debatte eingeführt?

 

Es ist heute schon darauf hingewiesen worden: 70 Prozent der europäischen Bürgerinnen und Bürger leben in Städten. Wien ist eine dieser europäischen Metropolen, und das ist ein guter Grund, sich mit der Frage Europa, mit der Realität Europas und der Politik Europas insgesamt und mit der Beziehung der Stadt Wien zu dieser Politik auseinanderzusetzen.

 

Was das heute nicht ist beziehungsweise zumindest nicht sein sollte: eine Wahlkampfveranstaltung. (Abg. Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi. Genau!) Es ist ja nicht das erste Mal, dass wir uns hier mit Europa beschäftigen, und es passiert immer wieder, dass man versucht, das zu missbrauchen. Ich probiere jetzt, nicht darauf hineinzufallen, sondern über das zu reden, worum es wirklich geht, und nicht einmal das Stichwort „Freimaurer“ kann mich von diesem Vorhaben abbringen, meine Damen und Herren!

 

Zwei Anmerkungen möchte ich aber doch machen. - Erstens: Ich kann nicht verstehen, warum ununterbrochen auf der einen Seite behördlich angezeigte legale Demonstrationen besorgter Bürgerinnen und Bürger diskreditiert werden und gleichzeitig auf der anderen Seite nicht angezeigte, gewalthafte Demonstrationen mit brennenden Autos als demokratische Maßnahme gelobt werden. Das ist ein ganz merkwürdiges Messen mit zwei Maßstäben! Und das geht jetzt an Ihre Adresse, Herr Kollege Vilimsky: Wieso finden Sie es gut, wenn in Paris Autos angezündet werden, und nicht gut, wenn in Wien Leute friedlich eine andere Meinung haben als Sie? - Das kann ich nicht nachvollziehen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Zweitens, um das auch wegzuräumen: Sachlich fehlt mir das Verständnis dafür, dass man auf der einen Seite stolz ist, unsinnigerweise dem Migrationspakt nicht zugestimmt zu haben, dass man aber andererseits kurz nachher sozusagen ohne irgendeinen Genierer und ohne Wortmeldung dem Flüchtlingspakt - richtigerweise natürlich! - beitritt. - Das verführt mich zu der Meinung, dass man dem Migrationspakt nicht aus inhaltlichen Gründen nicht beigetreten ist, sondern aus propagandistischen, und das ist schäbig, meine Damen und Herren! (Abg. Armin Blind: Sie müssen halt einmal die Zeitung lesen, dort steht das!) Dort steht, dass Sie … (Abg. Armin Blind: Sie müssen halt zur Vorbereitung Ihrer Rede die Zeitung lesen, anstatt nur zu polemisieren!)

 

Ich repliziere jetzt auf einen Zwischenruf: Es mag schon sein, dass das in der Zeitung steht! Das ändert aber nichts an dem Zustand, dass Sie dem einen Pakt propagandistischerweise nicht beigetreten sind und dem anderen genauso unverbindlichen Pakt sehr wohl. Das kann ich halt nicht verstehen! (Abg. Armin Blind: Dann sind Sie aber da falsch, wenn Sie das nicht verstehen!) Das wird durch den Zwischenruf nicht besser. Und, Herr Kollege, ob ich da falsch bin oder nicht, um in Ihrer Diktion zu bleiben, bestimmt sowieso der Wähler, das bestimmen nicht Sie! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

 

Darum geht es heute: Europa zu schützen und eine Bilanz zu ziehen über das, was sich in der europäischen Präsidentschaft abgespielt hat. - Ich glaube, dass die Frage, ob die Präsidentschaft jetzt gescheitert ist oder nicht, nicht so einfach zu beantworten ist. So seriös muss man schon sein! Präsidentschaften sind immer mit großen Erwartungen verknüpft. Man muss aber auch real sehen, was die Aufgabe eines Staates ist, der die Präsidentschaft betreibt.

 

Das ist natürlich überhöht worden. Die Bundesregierung ist aufgetreten und hat für sich den Anschein erweckt, als könnte sie jetzt die Welt niederreißen. - Wir haben aber alle schon vorher gewusst, dass das eh nicht passieren wird, und daher ist die Enttäuschung aus meiner persönlichen Sicht gering. Der Rest ist halt insofern propagandistisch, als die einen jetzt sagen, dass wir unheimlich viel erreicht haben, und die anderen das Gegenteil behaupten. Beides ist quasi wahr oder auch nicht wahr, wenn man das an dem misst, was sich tut.

 

Eine Frage müsste man schon stellen, wenn man zum Thema „Europa schützen“ kommt: Was bedeutet es, Europa zu schützen? Schützt man da die Steine, oder schützt man die Menschen? - Ich bin für den Schutz der Menschen, und in diesem Sinn ist nicht wahnsinnig viel weitergegangen, wie heute schon mehrfach gesagt wurde.

 

Es ist halt ein bisschen problematisch, wenn man vollmundig einen Slogan nach dem Motto „Ein Europa, das schützt.“ ausgibt und gleichzeitig beginnt, Maßnahmen zu setzen, um die Ärmsten der Armen im Nationalstaat durch Eingriffe in die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, ins Arbeitsmarktservice und in die Notstandshilfe zu schädigen. Das passt halt nicht zusammen!

 

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