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Landtag, 26. Sitzung vom 28.06.2018, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 84

 

Grundsatzgesetz im Verfassungsrang festzuschreiben und diese Grundsätze, dass es in Österreich ab dem 1.1.2018 österreichweit einheitlich nicht mehr möglich sein soll, auf das Vermögen von Menschen zuzugreifen, die in Pflege und Betreuung sind. Der Gesetzgeber hat schon auch gewusst, dass es da noch Ausführungsbestimmungen braucht, dass es Durchführungsbestimmungen braucht, und er hat daher, wie ich finde, auch die Pflicht, ein Durchführungsgesetz zu erlassen, ins Gesetz selbst hineingeschrieben, wenn auch in einer, das kann man schon so sagen, juristisch ein bisschen verklausulierten Form. Ich lese es einfach vor. Im § 707a Abs. 2 ASVG steht drinnen: „Nähere Bestimmungen über den Umgang zur neuen Rechtslage können bundesgesetzlich getroffen werden.“ - Da ist dieses blöde „können“, ein Konjunktiv, und die meisten hören dann auf zu lesen und sagen, na ja, das ist eine Kann-Bestimmung, aber es ist keine Muss-Bestimmung und daher kann der Bund eine bundesgesetzliche Regelung machen, aber er muss es nicht tun. Aber dieser Absatz geht weiter, hat noch einen zweiten Satz danach, und dieser lautet: „Die Durchführungsverordnungen zu einem auf Grund dieser Bestimmungen ergehenden Bundesgesetz sind vom Bund zu erlassen.“ - Da ist dann kein Konjunktiv mehr, und da gibt es aber einen Rechtsstreit unter Juristen darüber, ob das als ein Muss zu interpretieren ist oder ob das doch wieder ein Konjunktiv im Sinne des 1. Satzes ist.

 

Ich bin der Meinung, dass der Gesetzgeber hier schon seinen klaren Willen ausgedrückt hat, nämlich dass ein Bundesgesetz und Durchführungsverordnungen zu erlassen sind. Aber wie Sie wahrscheinlich ebenfalls wissen - das lese ich ja aus Ihrer Anfrage heraus, dass Sie ein in dieser Materie durchaus sehr Kundiger sind -, gibt es darüber einen Rechtsstreit unter Juristen, wie das jetzt wirklich zu interpretieren ist.

 

Warum führe ich das jetzt aus? - Ich führe das aus, weil das der Ursprung des Kuddelmuddels ist, das wir österreichweit in diesem Bereich sehen. Und ich stimme Ihrer Verunsicherung, Ihrer artikulierten Unzufriedenheit mit dem Vollzug auch vollinhaltlich zu, ich mache daraus überhaupt kein Hehl. Ich habe das schon in meiner vorigen Funktion gemacht, und wir haben unendlich viele Anstrengungen unternommen - mit „wir“ meine ich: Wir, die Länder und Gemeinden, wir, die Stadtverwaltung, wir, der Fonds Soziales Wien, wir, die amtsführende Stadträtin -, um den Bund davon zu überzeugen, dass es gescheit wäre, eine Durchführungsbestimmung in Gesetzesform zu gießen und allenfalls sogar eine Durchführungsverordnung zu erlassen.

 

Warum? - Die Grundintention des Gesetzes, dass für Menschen, die in Pflege und Betreuung sind, nach dem 1.1.2018 von den Sozialhilfeträgern nicht mehr auf das Vermögen zugegriffen werden kann, die ist simpel und einfach: Es kommt jemand nach dem 1.1.2018 in ein Pflegeheim, und da gilt einfach ganz klar, es gibt keinen Pflegeregress mehr. - Diese Frage ist ja noch simpel.

 

Komplizierter wird es bei Menschen, die am 1.1.2018 schon im Pflegeheim sind, einen Vertrag unterschrieben haben, sowohl mit dem Pflegeheimbetreiber als auch mit dem Fördergeber des Sozialhilfeträgers - wurscht, in welchem Bundesland, denn der Mechanismus ist ja überall der gleiche, weil dieser ja auch bundesgesetzlich geregelt ist, nämlich dass es einen Heimvertrag im Rahmen des Heimvertragsgesetzes geben muss. Also der Mechanismus ist überall gleich, da sitzen wir alle im gleichen Boot. Und da wird die Geschichte mit dem Regress schon ein bisschen komplizierter, denn: Wie ist das zu verstehen, wenn jemand vor dem 1.1.2018 zugestimmt hat, dass er, bevor er einen Zuschuss des Sozialhilfeträgers bekommt, zuerst einmal sein Vermögen aufzubrauchen hat - und dann kommt dieser Ultimo 1.1.2018, und plötzlich gilt eine neue gesetzliche Regelung? - Da wird es schon kompliziert in der Frage: Wie ist das zu interpretieren? - Aber das ist auch noch die einfache Übung.

 

Die wirklich komplizierte Übung ist, wenn Menschen vor dem 1.1.2018 aus dem Pflegeheim entweder nach Hause gegangen sind oder verstorben sind und ein Verlassenschaftsverfahren im Laufen ist, und zwar ein Verlassenschaftsverfahren über den Ultimo drüber, und in der Verlassenschaft der Sozialhilfeträger - und das machen wir auch österreichweit alle gleich - die gesamten Sozialhilfekosten angemeldet hat für den Fall, dass es eben in der Verlassenschaft ein Vermögen gibt, das sich dann erst herausstellt, sodass zumindest ein Teil der Sozialhilfekosten wieder aus dem Vermögen bedeckt wird.

 

Aber es wird noch komplizierter, nämlich: Die Verlassenschaftsverfahren sind vor dem 1.1.2018 schon abgeschlossen. Es gab ein Vermögen, es gibt Erben, und die Erben haben gesagt, wir sind bereit, das, was wir aus der Erbschaft zahlen müssen, auch zu zahlen, aber wir können es uns gar nicht leisten, die Wohnung jetzt zu verkaufen, denn da wohnt längst das Enkerl oder die Schwiegertochter oder wer auch immer drinnen, wir wollen das aber gerne in Raten abzahlen. Und der Sozialhilfeträger sagt, ist in Ordnung, zahlen Sie es in Raten ab, und diese Ratenzahlung geht über den Ultimo 1.1.2018. Das sind dann keine offenen Forderungen mehr, das sind auch keine Exekutionen mehr. Viele dieser Vereinbarungen über Ratenzahlungen im Rahmen von Verlassenschaften sind auch nicht auf der Basis von Urteilen getroffen, sondern da gibt es gar keine Exekutionstitel.

 

Deswegen ist es so kompliziert, ohne Durchführungsgesetz, ohne Durchführungsbestimmungen hier das Richtige zu tun.

 

Daher haben wir schon im vergangenen Jahr, ab dem Moment, wo dieses Gesetz auf dem Tisch gelegen ist, Gespräche mit dem Sozialministerium gesucht - und ja, sowohl mit dem damaligen Sozialminister als auch, nach der neuen Regierungsbildung, mit der neuen Sozialministerin -, und all diese Zeit haben wir, Länder und Gemeinden, darauf hingewiesen, dass es nach dem 1.1.2018 zu vielen, vielen Unklarheiten kommt, die, wenn sie nicht durch den Gesetzgeber geklärt sind, letzten Endes nur durch Judikatur geklärt werden können. Und was heißt das? - Durch Judikatur klären heißt, man muss in Wirklichkeit auf dem Rücken der Betroffenen zu Gericht gehen und Gerichtsurteile erzwingen, und zwar

 

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