Landtag, 21. Sitzung vom 23.11.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 83 von 99
aufzuteilen, ohne dass ich dabei bei einem einzigen Menschen direkt einsparen muss, ohne dass ich Armut oder Obdachlosigkeit befeuere. Ich finde es sehr schade, dass das nicht berücksichtigt wurde. Ich bringe trotz allem unsere entsprechenden Anträge nochmals ein und freue mich auf die Diskussion. (Beifall bei den NEOS.)
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Mag. Hungerländer. - Bitte sehr.
Abg. Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP): Danke schön. Herr Vorsitzender! Geschätzte Frau Stadträtin! Werte Kollegen!
Es wurde schon gesagt, es wurde schon viel zur Mindestsicherung diskutiert, auch wir begrüßen, dass Schritte im Sinne von „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ gemacht wurden. Wir begrüßen, dass Sie etwas getan haben. Aber was Sie getan haben, war kein großer Sprung, und es war auch kein großer Schritt, es waren kleine Trippelschritte. Da sagen wir ganz klar: Trippelschritte sind einfach zu wenig. Ich verstehe schon, dass Sie mit ideologischen Unterschieden kommen werden, und ich verstehe auch absolut Ihre Basis und warum Sie so argumentieren und von welchem Menschenweltbild aus Sie argumentieren, aber ich muss schon sagen, ganz konsequent ist das nicht. Es zeigen die Forderungen der Linzer SPÖ beispielsweise oder die SPÖ im Burgenland, die sehr wohl erkannt haben, dass ein sozialdemokratisches Gewissen und gleichzeitig eine realitätsverbundene Politik sehr wohl möglich sind. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist also sehr schade, dass sich diese Einsicht noch nicht bis nach Wien durchgesprochen hat und dass die vorliegende Novelle, so gut es auch ist, dass eine vorliegt, ein wenig zahnlos ist. Sie ist nämlich dann zahnlos, wenn es etwa um Anspruchsberechtigung geht. Menschen, die noch keinen Cent in das Sozialsystem eingezahlt haben, erhalten sofort den vollen Mindestsicherungsbeitrag aus dem System, und das argumentieren Sie mit der Versorgung der Ärmsten der Armen. Glauben Sie mir, auch wir wollen, dass die Ärmsten der Armen versorgt werden, aber es funktioniert nicht, dass mit Pull-Faktoren Menschen nach Österreich, nach Wien gebracht werden, und hier werden Sie dann zu den Ärmsten der Armen erklärt und müssen automatisch versorgt werden. Es kann nicht sein, dass in Wien 10 Prozent der Bevölkerung zu den Ärmsten der Armen gehört.
Glauben Sie uns, auch wir hören von Härtefällen. Unlängst haben wir von einer Frau gehört, die ihre pflegebedürftige Mutter pflegt, der die Mindestsicherung gekürzt wurde, und diese Frau hatte deswegen große Probleme. Wir sind der Ansicht, dass diese Härtefälle sehr wohl in einem sozialen Netz aufgefangen werden müssen. Aber es kann nicht sein, dass Menschen aus dem Ausland herkommen, noch nichts einbezahlt haben und dann zu Härtefällen erklärt werden. Deswegen schlagen wir vor, dass erwerbsfähige Personen erst dann die volle Höhe der Mindestsicherung erhalten, wenn sie über einen Zeitraum von drei Jahren Einkommenssteuer und Lohnsteuer in Österreich bezahlt haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Die Novelle ist ebenfalls zahnlos, weil subsidiär Schutzberechtigte immer noch Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalten. Subsidiär Schutzberechtigte sind Personen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, es liegt also kein Asylgrund bei ihnen vor. Subsidiär Schutzberechtigte haben einen Anspruch aus Leistungen aus der Grundversorgung. Wir sehen keinen Grund, warum sie nicht einfach nur Leistungen aus der Grundversorgung erhalten.
Die Novelle ist weiters zahnlos, weil für Bezieher der Mindestsicherung nur die Bereitschaft zum Einsatz der Arbeitskraft verpflichtend ist, nicht aber verpflichtende Integrationsmaßnahmen wie Deutsch- oder Wertekurse, so sie denn gebraucht werden. So könnte im Zuge der Antragstellung etwa ein Zusammenarbeitsvertrag unterschrieben werden, der individuelle Integrationsschritte aufzeigt. Oder es könnte ein Wiedereinstiegsbonus eingeführt werden, der den Einstieg in den Arbeitsmarkt gewissermaßen prämiert. Oder es könnte eine Verpflichtung zur Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten eingeführt werden, die wichtig ist, um Menschen eine Tagesstruktur zu geben, die wichtig ist, um Menschen einen Sinn zu geben, um ihnen Verantwortung zu geben.
Schlussendlich ist diese Novelle zahnlos, weil nach wie vor nicht von Geldleistungen abgegangen wird. Wir haben schon gehört, dass Millionen ans Ausland überwiesen werden. Dem könnte entgegengewirkt werden, indem man mehrheitlich von Geldleistungen auf Sachleistungen umstellt. (Beifall bei der ÖVP.)
Werte Abgeordnete, das sind unsere Vorschläge und diese darf ich jetzt in Form unseres Antrages einbringen. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abg. Hebein. - Bitte sehr.
Abg. Birgit Hebein (GRÜNE): Werter Herr Vorsitzender! Geschätzte Frau Landesrätin! Werte Kollegen und Kolleginnen!
Bevor ich auf die Debattenbeiträge der Frau Abg. Hungerländer und der Frau Abg. Emmerling eingehe, würde ich gerne noch etwas sehr Allgemeines zur Mindestsicherung sagen, und zwar Folgendes: Wir haben in den letzten zwei Jahren in den öffentlichen Debatten immer wieder erlebt, dass vieles behauptet worden ist, dann wieder widerlegt worden ist, wieder behauptet wurde, Falsches, Richtiges, und so weiter. Aber wir haben uns sehr wenig über die eigentliche Frage unterhalten, was denn die zentrale Aufgabe der Mindestsicherung ist. Ich werde daher heute das neue Gesetz, das wir jetzt vorlegen, dafür nützen, vielleicht schaffen wir es tatsächlich, dieses eingefahrene Spektakel, Arme gegen Ärmere auszuspielen, oder diesen sehr würdelosen Diskurs der letzten zwei Jahre ein Stück weit zu durchbrechen.
Das zentrale Ziel der Mindestsicherung ist aus meiner Sicht nämlich, die Menschen, die in Notlagen sind, sozial und gesellschaftlich zu stabilisieren, aber auch, ihnen Unterstützung anzubieten, damit sie die Ursachen der Probleme überwinden können. Das heißt konkret,
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