Landtag, 8. Sitzung vom 30.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 64
keitskonkurrenz, die wesentlichsten bei der Einführung – und jetzt versuche ich, das Feld breiter zu machen, weg von nur den Befragungen – von mehr demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten, Mitwirkungsmöglichkeiten auf der Bezirksebene?
Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr. Michael Häupl: Na ja, ich kann mir am Ende des Tages schon vorstellen, dass Bezirke selbst – egal, in welcher Form, ob das der Vorsteher zu machen hat oder ob das die Bezirksvertretung zu beschließen hat – auch solche Befragungen beschließen können. Ich beeile mich hinzuzufügen, wenn dies natürlich auch möglich ist; wobei man, wenn es rechtlich nicht möglich ist, eben einen Rechtsrahmen schaffen könnte, der dies entsprechend ermöglicht. Ich sehe kein Argument, kein wirklich politisches Argument, das dem widersprechen würde.
Aber was mir noch mehr, eigentlich persönlich, nahegeht, ist, dass man in den realen Lebensbereichen der Menschen, in der Gestaltung des Wohnumfeldes, nicht nur jetzt in Hinblick auf die Fragen etwa von Verkehrsanbindungen oder ähnlichen Dingen, sehr viel stärker partizipativ vorgehen sollte, auch bei dem, was man als Attraktivität, als Schönheit bezeichnet.
Das klingt jetzt ein bisschen komisch und ein bisschen pathetisch, aber ich denke, wenn man ein bisschen ins Realleben der Menschen hineinhört, dann klingt das schon weitaus weniger pathetisch und geht schon sehr viel mehr in die Richtung dessen, was die Leute tatsächlich interessiert. Das ist meistens nicht so hoch angesiedelt, wie wir gelegentlich glauben. Es interessiert sie ihre Lebensumwelt, und ich denke, das ist gut so. Und ich denke, dass man dem auch Rechnung tragen sollte.
Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg. Mag. Kowarik. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg. Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ): Herr Landeshauptmann!
Danke für Ihre Stellungnahme. Sicher, es ist ein interessantes Spannungsverhältnis, das Sie da aufgezeigt haben, und wir werden interessiert beobachten, wie sich da die Juristen – Kollege Ulm und ich sind auch Juristen –entscheiden und was dabei herauskommt.
Vielleicht ein Hinweis dazu: Die NEOS haben in ihrer Anfrage festgestellt, dass die Volksbefragung gemäß § 112a Wiener Stadtverfassung derzeit nur betreffend Angelegenheiten im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde abgehalten werden kann. – Das „nur“ halte ich für überflüssig, es geht gar nicht anders. Wir können nicht als Landesgesetzgeber den Wirkungsbereich des Bundes der Bevölkerung zur Entscheidung oder zur Befragung übertragen; das wird nicht funktionieren. Warum sage ich das? – Weil das vielleicht auch ein Lösungsansatz dafür wäre, wie das auf Bezirksebene geht. Auch auf Bezirksebene könnte man diese Befragung meiner Meinung nach nur dann verfassungskonform umsetzen, wenn es nur den Wirkungsbereich des Bezirkes betrifft, wenn man es so will, der ja auch im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde angesiedelt ist, und wenn man eben nur die Dinge zur Befragung zur Verfügung stellt, die den Bezirk betreffen. Das wäre, glaube ich, durchaus eine Möglichkeit, das verfassungskonform zu gestalten.
Ich darf dem Herrn Landeshauptmann auch noch aushelfen bei der Beantwortung der Anfrage des Herrn Dr. Ulm: Im Regierungsübereinkommen – von Ihnen schon zitiert – steht drin, dass diese Arbeitsgruppe eingesetzt wird, und diese soll bis Mitte 2017 Vorschläge erarbeiten. Da werden wir wahrscheinlich beide sehr aufmerksam sein und Mitte 2017 vielleicht wieder eine Anfrage stellen.
Meine Frage, es ist ja Fragestunde und nicht …
Präsident Prof. Harry Kopietz (unterbrechend): Ich wollte Sie gerade darauf hinweisen, freundlicherweise.
Abg. Mag. Dietbert Kowarik (fortsetzend): Ich darf Sie fragen, ich komme auch auf das Regierungsübereinkommen zurück, da steht auch drin beim Kapitel „Demokratie weiterentwickeln“, ich darf zitieren: „Daher vereinbaren wir einen Runden Tisch zur Demokratiereform. Zur Weiterentwicklung der Demokratie in Wien soll ein großer, vielfältig besetzter Runder Tisch einberufen werden, Auftakt mit Enquete.“ – Meine Frage an Sie: Wann gibt es diesen Runden Tisch, wann gibt es die Enquete, und wer darf daran teilnehmen?
Präsident Prof. Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann.
Lhptm Dr. Michael Häupl: Die Frage ist leicht zu beantworten: Wenn Sie sich entscheiden, dass Sie das wollen, denn selbstverständlich sollen ja alle im Gemeinderat oder im Landtag vertretenen Parteien daran teilnehmen sowie auch zu ladende Experten. Ich darf Ihnen versichern, ich bin dann sicher nicht dabei, denn in welcher Funktion? – Als Experte sicher nicht, vielleicht als Beobachter oder so irgendetwas.
Normalerweise bin ich ja über Einleitungen zu Fragen nicht so rasend erfreut, diesmal schon, denn ich denke, das ist ein verfolgungswerter Hinweis, den Sie hier in Hinblick auf die Befragungen auf Bezirksebene gegeben haben. Ich habe das gespeichert, ja, das könnte uns weiterbringen, ich bedanke mich dafür.
Präsident Prof. Harry Kopietz: Danke. Die letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg. Wiederkehr. – Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg. Christoph Wiederkehr, BA (NEOS): Sehr geehrter Landeshauptmann.
Erlauben Sie mir nur einen kurzen Rückgriff auf die vorige Frage meinerseits betreffend Frühpensionierung. Ich habe gerade im Bundesbeamtendienstrechtsgesetz nachgesehen, dort ist die Frühpensionierung nach diesem Tatbestand mit 61,5 Jahren möglich. Das heißt, das wäre schon ein großer Fortschritt, den wir auch auf Wiener Ebene gehen könnten, es sind immerhin sechseinhalb Jahre Unterschied.
Aber nun zur aktuellen Frage nach der direkten Demokratie und der Stärkung der direkten Demokratie: Da sind mir vor allem Volksbefragungen und Volksbegehren ein großes Anliegen. Es gab in Wien noch kein einziges erfolgreiches Volksbegehren, das liegt unter anderem daran, dass die Hürde enorm hoch ist. Mit 5 Prozent der
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