Landtag, 4. Sitzung vom 18.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 251
lich“ deklariert wurden von den Verfassungsrechtlern, sehe ich nicht, dass Sie jetzt aus Protest gegen Obergrenzen (Abg. Mag. Dietbert Kowarik: Warten wir das Erkenntnis des Verfassungsgerichtes ab! Warten wir es ab!), auch nicht die Kollegen und Kolleginnen der ÖVP, agieren. Also Sie sind ein wenig beliebig in der Frage, wann Sie sich sozusagen der Verfassung und der Menschenrechte bedienen und wann nicht. Und das stört mich daran. (Beifall bei NEOS.)
Verfassungsrechtler haben es klar gesagt (Lhptm-Stv. Mag. Johann Gudenus, M.A.I.S.: Die Obergrenze bei Abschiebungen!): „Eine Obergrenze für“ kann es nicht geben. Das haben wir immer gesagt. Sie schweigen. Da ist, glaube ich, kein Protest von Ihrer Seite geplant, weil es ja auch vielleicht in das Konzept passt. (Aufregung bei der FPÖ.) Und schauen Sie, genau das ist der Unterschied. Wir bringen konstruktive Vorschläge ein, wir wägen gut ab und entscheiden dann nach unserem Gewissen, ob wir unsere Zustimmung geben können, ja oder nein. In diesem Fall können wir sie nicht geben. Danke. (Beifall bei NEOS.)
Präsident Prof. Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr StR Mag. Blümel. Bitte, Herr Stadtrat.
StR Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident!
Vielleicht kurz auf meine Vorrednerin eingehend: Mich wundert es nicht, dass ihr euch schwer tut zu entscheiden, entweder Schwarz-Blau oder Rot-Grün, weil ihr da eine Linie brauchen würdet und die haben die NEOS nicht, weder, wenn es um die Mindestsicherung geht, noch, wenn es um die Bauordnungsnovelle geht. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir laden euch gerne zu einer Sachkoalition gegen diese rot-grüne Stadtregierung ein, wenn ihr einmal eine Linie habt. Die Linie der NEOS ist meistens dafür-dagegen-dafür oder dagegen-dafür-dagegen, eines von diesen zwei Sachen. Ganz klare Linien gibt es bei euch nicht. (Abg. Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES: Doch! Doch!) Insofern ist es vollkommen klar, dass man dazwischen herumschimpft. Obwohl es eigentlich sehr, sehr einfach wäre, in dieser Sache eine klare Linie zu haben, Herr Stadtrat, denn diese Bauordnungsnovelle ist ein Anschlag auf den Rechtsstaat. Das ist hundertprozentig klar, vollkommen offensichtlich! (Aufregung bei Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher!) Und nicht nur ein Anschlag auf den Rechtsstaat, sondern auch moralisch verwerflich. Und das ist gut gewählt, diese Formulierung (Aufregung bei der SPÖ.), weil das, was uns von Rot-Grün in der Früh bei der Mindestsicherung vorgeworfen wurde, dass man die Flüchtlingsfrage als Aufhänger nimmt, als Vorwand, um quasi eine Reform zu fordern, nichts anderes macht die rot-grüne Stadtregierung bei dieser Baunovelle. Angeblich geht es darum, die Probleme mit der Flüchtlingskrise zu lösen. In Wirklichkeit geht es darum, dass Rot-Grün die eigenen Versäumnisse betreffend Wohnraumschaffung lösen möchte. (Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Das ist absolut falsch!) Und, Herr Stadtrat, ich habe mir das Interview in der „Presse“ genau durchgelesen. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie heute in der Früh gesagt haben. Sie haben heute in der Früh gesagt: „Natürlich geht es da ausschließlich um Flüchtlinge.“ Das ist nicht richtig. In der „Presse“ steht drinnen, dass das auch für langjährige Wienerinnen und Wiener gelten soll. Also was jetzt, bitte? Ist das eine Notlösung oder nicht? (Abg. Christian Deutsch: Das ist absolut falsch! - Abg. Dr. Kurt Stürzenbecher: Das ist absolut falsch! - Beifall bei der ÖVP.)
Moralisch verwerflich aus zweierlei Gründen: Erstens weil die Flüchtlinge für Versäumnisse der rot-grünen Stadtregierung herhalten müssen. Moralisch verwerflich auch auf Grund der Tatsache, dass sich nur die Stadt selbst eine Ausnahme vor dem Gesetz gibt und der Privatwirtschaft diese nicht zuteil kommen lassen möchte.
Dieses Gesetz verstößt gegen das Legalitätsprinzip, denn die Stadt gibt sich das Gesetz, das sie selbst von jedem Gesetz ausnimmt. Ich meine, das ist sonnenkönigmäßig: Der Staat bin ich und ich bestimme, wer sich an was halten muss und wer nicht. In dem Fall: Die Stadt nicht.
Es ist gleichheitsgrundsatzwidrig, weil die Privatwirtschaft nicht in den Genuss dieser Ausnahmen kommt, was insofern eine Frechheit ist, weil die rot-grüne Stadtregierung an der selbstgeschaffenen Bürokratie erstickt, wenn es um die Genehmigungsverfahren von Baumöglichkeiten geht, und die Privaten sollen das weitermachen und durchmachen müssen, nicht aber die Stadt.
Weiters werden Grundrechte verletzt wie beispielsweise das Grundrecht auf Eigentum, wenn es darum geht, dass Grund vielleicht entwertet wird, wenn man daneben ein Hochhaus hinstellt.
Oder das Recht auf ein faires Verfahren, das durch dieses Gesetz nicht mehr gewährleistet wird. Mein Lieblingssatz in dieser ganzen, übrigens nur zwei Seiten dicken Novelle ohne Erläuterungen, kein Begutachtungsverfahren, kein gar Nichts, ist dieser Satz, der schon ganz am Anfang dieser Generalbegründung zitiert wurde. Da geht es darum: „Begründung: Das Gesetz gilt dann, wenn es zur vorübergehenden Unterbringungen einer größeren Anzahl von Personen auf Grund bereits eingetretener oder zukünftiger Ereignisse ist.“ Ich meine, ganz ehrlich, alles, was Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft hat, ist davon irgendwie betroffen. Das ist ja wirklich lächerlich! (Beifall bei der ÖVP und von Abg. Gerhard Haslinger.)
Und im Übrigen, dass es doch so sicher wäre und dass man sich an die Baubewilligungen halten müsse und an die Bauordnung, ein weiteres Kuriosum in dem Ganzen, wenn es um feuerpolizeiliche Maßnahmen geht, ist dieser Satz: „Der Nachweis der Verfügbarkeit einer ausreichenden Wassermenge zur Brandbekämpfung.“ Ich meine, Entschuldigung, das heißt, du kannst neben der Donau ein Hochhaus ohne einen Schlauchanschluss hinstellen, und das reicht laut diesem Gesetz an Brandbekämpfungsmöglichkeiten. (Beifall bei der ÖVP.)
Im Übrigen geht kein einziges Bundesland auch nur annähernd so weit wie Wien. Überall anders gibt es entweder eine Maximalzahl, zumindest prozentuell definiert, wie viele Leute das beherbergen soll, oder es ist
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