Landtag, 38. Sitzung vom 27.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 64
Man könnte jetzt natürlich sehr lange auch darüber sprechen, inwieweit die Gewaltentrennung von Montesquieu heutzutage in irgendeinem westlichen Parlament in dieser Form gegeben ist. Sie gibt es in dieser Form nirgends. Es gibt überall Formen der Gewaltenverbindung. Das wird jeder Politologe und jeder Historiker sagen, beispielsweise auch in Großbritannien, wo Mitglieder der Regierung auch Mitglied des Parlaments, entweder des Oberhauses oder Unterhauses, sein müssen, sonst dürfen sie gar nicht Regierungsmitglied werden. (Abg Armin Blind: Was soll das?) Das nur als ein Beispiel für das Mutterland der modernen westlichen Demokratie. Aber das ist heute hier nicht die Debatte. Ich wäre durchaus dafür, dass man vielleicht einmal eine Enquete macht, alle Fraktionen gemeinsam, dass wir uns über solche Grundlagen unterhalten und debattieren und sehen, wie man hier Weiterentwicklungen vornehmen kann. Aber das jetzt nur eingangs.
Der guten Ordnung halber halte ich fest, dass es beim letzten Integrationsausschuss eine korrekte Vorgangsweise auf Basis der Stadtverfassung und der Geschäftsordnung gegeben hat.
Es hat in letzter Zeit vor allem verschiedene Vorschläge für eine Änderung der Geschäftsordnung gegeben. Da muss man schon sehen, wie bisher die Geschäftsordnung immer geändert worden ist. Der Kollege Ulm hat recht, es stimmt, dass es nicht immer einstimmig war. Es war fast immer einstimmig. Im Jahr 2001, nach der Wahl, wo die SPÖ wieder die absolute Mehrheit bekommen hat, ist eine neue Geschäftsordnung erlassen worden, der nur - unter Anführungszeichen - die SPÖ, die ÖVP und die GRÜNEN zugestimmt haben. Die FPÖ hat damals dagegen gestimmt, allerdings, ohne sich zum Wort zu melden. Insofern dürfte auch der Widerwille gegen die Geschäftsordnung nicht sehr ausgeprägt gewesen sein. Aber es war doch nicht einstimmig. Insofern stimmt es. Es war fast immer einstimmig und sonst zumindest von mindestens drei Parteien getragen. Das halte ich grundsätzlich für ein sehr gutes Prinzip bei Geschäftsordnungsänderungen. (StR DDr Eduard Schock: Das wird heute auch von drei Parteien getragen! - Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger: Schwarz, Blau und Grün!)
Ich halte es auch für ein gutes Prinzip, wie es im Nationalrat ist, wo eine Änderung der Geschäftsordnung erstens natürlich zwingend in den Ausschuss muss, dann aber nur mit Zweidrittelmehrheit geändert werden kann. Ebenso ist es im Deutschen Bundestag. Hier haben wir sicher gute Vorbilder. Bisher hat man sich gedacht, es geht sowieso quasi nach Gentlemen's Agreement. Wenn das offenbar nicht der Fall ist, dann ist es wahrscheinlich das Vernünftigste, und das schlage ich vor, dass wir künftig eine Geschäftsordnungskommission schaffen, in der grundlegend Geschäftsordnungsreformen debattiert werden, und in der das Ziel ist, dass man Geschäftsordnungsänderungen, wenn es geht, möglichst einvernehmlich oder sonst eben mit entsprechendem Quorum beschließt. Ich glaube, das würde uns auch aus dieser, jetzt doch etwas aufgeheizten Situation, von der wir wieder wegkommen sollten, heraushelfen. (Abg Armin Blind: Zum Antrag haben Sie überhaupt noch nichts gesagt!)
Wir könnten jetzt auch noch lange darüber diskutieren, ob es wirklich die neue Kultur ist, wenn man das absolute Proportionalitätsprinzip bei Wahlen als einzig mögliches, demokratisches oder faires behandelt. Mir hat sehr gut gefallen, was Sonja Ramskogler in der vorigen Rede zu Petitionen gesagt hat: „Der eine glaubt immer, er ist absolut im Recht, sollte aber immer auch bedenken, dass vielleicht der andere auch recht hat.“ Zu sagen, nur das absolute Proportionalitätsprinzip ist die einzig mögliche Form von Gerechtigkeit oder Gleichheit, ist einfach schwer haltbar, sagen wir es einmal so, weil fast alle Demokratien entweder überhaupt ein Mehrheitswahlrecht oder mehrheitsfördernde Elemente haben. Es gibt kaum Demokratien, vor allem westlicher Prägung, die doch noch einen gewissen höheren Standard haben und wo wir erfreulicherweise dazuzählen, die nicht mehrheitsfördernde Elemente haben. Es sind vom Klubobmann Schicker die Niederlande erwähnt worden. Das ist eine Ausnahme. Es ist von mir in der Vergangenheit bei einer anderen Debatte Israel erwähnt worden. Das stimmt nicht mehr. Dort hat man inzwischen auch nicht mehr das reine Proportionalitätsprinzip.
Es ist eben so, dass es auch in der Politologie und in der Politikwissenschaft sehr viele, durchaus ernst zu nehmende Vertreter gibt, die sagen, mehrheitsfördernde Elemente haben für die Stabilität eines politischen Systems, für die Mehrheitsbildung und zur Verhinderung einer übertriebenen Zersplitterung des politischen Systems durchaus ihre Vorteile. Dazu kann man gegenteiliger Meinung sein. Man kann der Meinung sein, es muss absolut proportional sein.
Aber, noch einmal gesagt, das ist keine Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung. Ich habe auch gehört, dass in der ÖVP-Mitgliederbefragung irgendwann sogar die Mehrheit für ein Mehrheitswahlrecht war. Aber das sei jetzt nur nebenbei erwähnt.
Jedenfalls sollten wir fair miteinander diskutieren. Es sollte niemand von Haus aus sagen, nur sein Modell ist demokratisch und alle anderen sind undemokratisch und unfair. Das ist, was wir nicht wollen! (Beifall bei der SPÖ.)
Unser Angebot, auch das Wahlrecht weiter zu diskutieren, steht. Es ist so, dass wir mit dieser Kommission, die wir jetzt vorschlagen, durchaus auch für die Geschäftsordnung wesentliche Fortschritte erzielen könnten (Abg Armin Blind: Nach der Wien-Wahl, Herr Kollege!) und dass wir uns gemeinsam bemühen, dass die Unstimmigkeiten, die heute aufgetreten sind, wieder beseitigt werden und dass wir gemeinsam für Wien auf demokratischer Basis arbeiten. - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Blind. - Bitte, Herr Abgeordneter.
Abg Armin Blind (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Meine Damen und Herren!
Ich werde es kurz machen, im Gegensatz zum Kollegen Stürzenbecher. (Abg Dr Kurt Stürzenbecher: Ich war
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