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Landtag, 35. Sitzung vom 27.11.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 55 von 62

 

Zeit des Spendensammelns. Sie kennen es. Sehr viele Zeitungen und Angebote, überall werden Spenden gesammelt. Sehen Sie BettlerInnen auch als SpendensammlerInnen in eigener Sache.

 

Gibt es positive Beispiele im Umgang mit Bettlerinnen? Ja. Zum Beispiel hat der Adventmarkt Karlsplatz Regeln ausgearbeitet, wie BettlerInnen vor Ort sich verhalten sollen. Sie kriegen Suppen und diese verschiedensprachlichen Handzettel. Auch was den Naschmarkt anlangt, gibt es jetzt sehr viele Überlegungen. Vor einigen Geschäften werden BettlerInnen vertrieben, vor anderen nicht. Das stimmt. Ich bin seit eineinhalb Jahren in einem Arbeitskreis „Sicherheit für Handel“, weil auch die sich überlegen, dass ihre Kunden-/Kundinnenzufriedenheit – so nennen sie es – nicht mehr gewährleistet ist. Einige regen sich auf, wenn BettlerInnen vertrieben werden, andere wollen sie nicht vor der Tür. Auch hier gibt es jetzt sehr viele Überlegungen, wie man menschlich damit umgehen kann. Dieser Bericht wird demnächst veröffentlicht.

 

Wie gehen andere Städte und Länder damit um? Das finde ich eine gute Frage. Hamburg zum Beispiel hat gute Erfahrungen damit gemacht, dass die Stadt die Unterbringung von Bettlern und Bettlerinnen organisiert. Und zwar nicht im Zentrum, sondern die werden dann hingeführt und abgeholt. Das hat öffentlich für Ruhe gesorgt.

 

Aber es stimmt – jetzt habe ich den Faden verloren – in Österreich haben wir bundesweit das Ländertreffen und in Deutschland auch. Wie heißt das? (Abg Martina Wurzer: SozialreferentInnentagung?) Nein. Wo die Moni Vana war. (Abg Dr Jennifer Kickert: Städtebund!) Städtebund. Danke vielmals. – Der Städtebund beziehungsweise Städtetag in Deutschland, das ist auch sehr spannend. Die haben eine Stellungnahme herausgegeben zum Umgang mit Armutsmigration, denn alle wissen, eine einzelne Stadt kann dieses Problem lokal nicht lösen, sondern das geht nur, wenn man es lokal, bundesweit und europaweit löst. Es gibt die Lösung nicht, ich habe sie auch nicht. Das stimmt.

 

Was kann die Wiener Stadtregierung tun? Natürlich niederschwellige Einrichtungen schaffen, den Diskurs auch verändern und hier differenzieren, es auch grundsätzlich zum Thema machen und Streetwork zur Verfügung stellen.

 

Brauchen wir mehr Polizei im öffentlichen Raum? Ich sage, nicht für die Vertreibung von Armen und marginalisierten Gruppen.

 

Ich habe nur mehr drei Minuten und noch sieben Fragen.

 

Kommen dann nicht alle zu uns, wenn wir es zu gut machen hier in Wien für die Menschen? Ich behaupte oder ich sage, Grundrechte, Grundmenschenrechte, Würde sind nicht verhandelbar. Wenn wir hier beginnen, wo enden wir? Es ist schlichtweg so, dass auch ExpertInnen, auch in anderen Städten, auch in anderen Ländern, sagen, dass vor allem dann, wenn man klar transparent macht, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt, die Menschen selbst kommunizieren, was möglich ist, was nicht.

 

Die nächste Frage ist: Sollten wir nicht einmal für unsere Armen was tun, bevor wir uns noch Armut – unter Anführungszeichen – importieren? Das ist eine Frage, die auch sehr oft kommt. Ich sage, in einer reichen Stadt wie Wien, in einem der reichsten Länder der Welt, müssen wir beides tun. Spielen wir es nicht gegenseitig aus.

 

Was macht die FPÖ? – Ich erspare mir jeden Kommentar.

 

Was macht die ÖVP? – Ich erspare mir jeden Kommentar.

 

Was macht die rot-grüne Koalition? Die rot-grüne Koalition ist sich einig, dass in unserer Stadt sicher nicht Arme vertrieben werden, sondern die Armut bekämpft wird. In den Mitteln und den Wegen dorthin sind Rot und Grün sich nicht einig. Das stimmt, das ist ja kein Geheimnis.

 

Was könnte das nächste konkrete Ziel sein? Das nächste konkrete Ziel könnte definitiv sein, dass wir hier verstärkt über das eigentliche Problem reden, nämlich über die steigende Armut in Europa. Das nächste Ziel könnte echt sein, dass wir gegen diese Stereotypen und gegen diese Menschenverachtung verstärkt gemeinsam auftreten und auch einen großen Respekt an die Zivilbevölkerung, an zivile Organisationen aussprechen. Das wären Möglichkeiten.

 

Ich weiß, dass es kein einfaches Thema ist, aber es ist kein Polizeiproblem, es ist ein Problem der Sozialpolitik, ein sozialpolitisches Problem.

 

Und jetzt beantworte ich die Frage 40 plus 1. Warum habe ich das jetzt gemacht? Ich möchte schlichtweg einen sinnvollen Beitrag leisten zu einer Versachlichung der Diskussion. Werte Abgeordnete, die ist dringend, dringend notwendig. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Stürzenbecher. Ich ersuche darum.

 

15.19.30

Abg Dr Kurt Stürzenbecher (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Landesrätin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

 

Am Anfang ein Zitat: „Der stille Appell an Menschen um eine Spende in einer Notlage kann schon aus humanen Überlegungen heraus niemals als Unrecht zu qualifizieren sein, das eines Verbotes bedarf.“ Diesen Satz hat Bgm Häupl vor einem Jahr hier im Landtag gesagt. Er hat 2013 gegolten, und er gilt 2014 genauso. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Ich verkenne aber nicht, dass es natürlich bei der organisierten Kriminalität und Ausbeutung ein Problem gibt, das wir bekämpfen müssen, und ich bin froh, dass auch die heutige Debatte zumindest im Stil durchaus Niveau hat und auch ruhiger abläuft als in den letzten Jahren. Wir haben ja diese Debatte schon öfter gehabt. Man sollte sich ja vor allem auf die Fakten verlassen.

 

Die Rechtslage ist im Wesentlichen schon zitiert worden. Wir haben das aufdringliche Betteln, das aggressive Betteln verboten. Das wird exekutiert. Also die meisten Beispiele, die da immer gebracht wurden von Klubobmann Gudenus – wobei der Klubobmann im Parlament, Strache, fast die gleiche Wortwahl getroffen hat –, das

 

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