Landtag, 28. Sitzung vom 21.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 42
schäftsordnung schlage ich vor, die General- und Spezialdebatte zusammenzulegen. Wird gegen diese Zusammenlegung eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall, ich werde daher so vorgehen. Die Debatte ist eröffnet, zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dkfm Aichinger, und ich ersuche darum.
Abg Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wir haben hier heute eine Dezentralisierungsnovelle zu beschließen, wobei man der Ehrlichkeit halber sagen müsste, es ist eine Redezentralisierungsnovelle, weil ja zwei Dinge eigentlich aus den Bezirken wieder in die Landes- oder Stadtkompetenz übertragen werden. Es sind zwei Dinge, die ich ganz kurz erklären möchte. Es ist auf der einen Seite die Instandhaltung der Amtshäuser, die sozusagen in die Gemeindekompetenz zurückgenommen wird. Ausnahmen davon sind die Räumlichkeiten der Bezirksvorsteher, diese können weiterhin über ihre Amtsräume, vor allem über die Festsäle entscheiden.
Der zweite Punkt, wo die Kompetenz von den Bezirken weggenommen wurde, sind die WC-Anlagen in den U-Bahnen. Auch hier ist eine eindeutige Lösung getroffen worden, dass das in Zukunft die Wiener Linien übernehmen werden.
Dazu stehen wir, meine Damen und Herren. Es ist aber so, dass wir schon glauben, dass man nicht langfristig den Bezirken wieder Kompetenzen abnehmen kann, und zwar nach dem Motto, man nimmt ihnen zuerst die finanziellen Mittel weg, um ihnen nachträglich zu sagen, ihr könnt es sowieso nicht finanzieren und wir nehmen es zurück. Meine Damen und Herren, das ist an und für sich nicht der Sinn und Zweck der Dezentralisierung einer Stadtverfassung, dass die Bezirke in Eigenkompetenz ihre Agenden abliefern können. Wenn man sich noch einmal vor Augen hält, dass die Bezirksbudgets für 2014 mit 188 Millionen EUR dotiert sind – das sind absolut nur ein 1,5 Prozent des Gesamtbudgets –, dann glaube ich, das ist nach wie vor ein sehr, sehr geringer Betrag.
Wir als Wiener ÖVP, meine Damen und Herren, werden daher weiterhin schauen, dass man den Bezirken Kompetenzen überträgt, ihnen aber auch die finanziellen Mittel gibt. Ähnlich wie beim Finanzausgleich zwischen Bund und den Ländern, wo man von einem aufgabenorientierten Finanzausgleich spricht, wäre es hier notwendig, dass man klipp und klar definiert, welche Aufgaben die Bezirke übernehmen sollen und wie viel finanzielle Mittel dafür notwendig sind. Und diese sollen ihnen auch zukommen.
In diesem Sinne, meine Damen und Herren, wollen wir weiterhin schauen, dass es zu einer Dezentralisierung kommt, werden aber diesem Gesetz zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP)
Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Mag Wansch. Ich ersuche darum.
Abg Mag Dr Alfred Wansch (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin!
Die gegenständliche Gesetzesvorlage führt einen auf den ersten Blick unverfänglichen Titel – Dezentralisierungsnovelle. Aber versteckt hinter diesem Titel Dezentralisierungsnovelle erfolgt bereits im ersten Punkt dieser Gesetzesvorlage ein tatsächlicher Anschlag auf die verfassungsmäßigen demokratischen Minderheitenrechte. Wird in einer demokratischen Rechtsgemeinschaft wie zum Beispiel dem Bundesland Wien damit begonnen, die verfassungsmäßigen Minderheitenrechte einzuschränken, dann läuten die Alarmglocken. Und wenn man nun auch weiß – so wie jeder hier im Saal –, dass das nur aus plumper Anlassgesetzgebung geschehen soll, dann ist jeder Demokrat zur Reparatur derartiger Gesetzesvorlagen aufgerufen.
Betrachten wir den Anlassfall, um den es wirklich geht. Die Anlassgeschichte beginnt mit der Einstellung der Tätigkeit des Petitionsausschusses seit Mai 2013, was dazu führen musste, dass im September 2013 durch ein Viertel der Mitglieder des Ausschusses ein Antrag auf Sondersitzung des Petitionsausschusses eingebracht wurde. Diese Sondersitzung sollte ermöglichen, dass eine Vielzahl von anhängigen Geschäftsstücken – im konkreten Fall 17 Petitionen – endlich bearbeitet werden können. Deshalb wurde das Verlangen auf Einberufung einer Sondersitzung des Ausschusses auch mit dem Tagesordnungspunkt „Behandlung dieser 17 Petitionen“ begründet.
Und nun passiert eines, und zwar, dass – unter verfassungsmäßig bedenklicher Interpretation und gegen den eindeutigen Sinn des Gesetzes und der gesetzlichen Bestimmungen – die Einberufung des Sonderausschusses verweigert wird. Begründet wird diese Verweigerung damit, dass laut Gesetzestext, laut Text der Geschäftsordnung das Verlangen auf die Einberufung des Ausschusses nur für einen Tagesordnungspunkt zulässig wäre. Das ist dann im Großen und Ganzen kein Problem, wenn man sagt, wenn es nicht möglich ist, eine Sitzung für 17 Petitionen einzuberufen, dann fordert man ganz einfach im Rahmen seines Minderheitenrechtes, 17 Sitzungen mit jeweils einem Tagesordnungspunkt einzuberufen.
Diese einfache und logische Vorgangsweise von mehr als einem Viertel der Mitglieder eines Ausschusses ist jetzt Anlass dazu, die demokratischen Rechte der Minderheit durch eine Gesetzesänderung – versteckt unter dem Titel „Dezentralisierungsnovelle“ – massiv einzuschränken. Es gibt weder einen objektiven, inhaltlich gerechtfertigten noch einen verfassungsrechtlich zwingenden Grund für die Beschränkung des Rechtes der Ausschussmitglieder auf Verlangen einer Sondersitzung eines Ausschusses. Deshalb geht auch die diesbezügliche Begründung im Initiativantrag mit einer Angleichung an die Bestimmungen über die Einberufung von Sitzungen des Gemeinderatsausschusses auf Verlangen völlig ins Leere.
Es ist, meine Damen und Herren, ein Vergleich Äpfel mit Birnen. Die Nichtvergleichbarkeit der Regelungen für Gemeinderat einerseits und für Ausschüsse andererseits zeigt sich bei den Regelungen hinsichtlich der Tagesordnung. Es wird im Sonderausschuss gesetzlich geregelt,
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