Landtag, 28. Sitzung vom 21.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 42
zen sie, und zwar nicht karitativ, sondern als Rechtsanspruch. (Beifall bei der SPÖ.)
Zur Verteilung: 5 Prozent in Österreich besitzen 45 Prozent des Gesamtvermögens, unselbstständige Einkommen machen einen immer geringeren Anteil am BIP aus, das heißt, dass Arbeiternehmer und Arbeitnehmerinnen einen immer geringeren Anteil von der Wertschöpfung bekommen. Was müssen wir als Schlussfolgerung daraus tun? Den Faktor Arbeit entlasten und den Faktor Vermögen belasten. Das ist das Rezept der Sozialdemokratie. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.) Und wir müssen stärker noch den Kampf gegen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung führen.
Ich möchte auf drei Themen noch kurz eingehen insofern, dass „Armut und Gesundheit“ ein Stichwort ist. Wir wissen, wenn wir uns allein die Statistik in Wien ansehen – das haben wir schon öfter besprochen, aber ich sage es immer wieder, weil es so wichtig ist –, wir haben im Bezirksvergleich genau dort die niedrigste Lebenserwartung, wo das Einkommen der Bevölkerung am geringsten ist. Also das Stichwort „Armut macht krank.“ stimmt und ist statistisch belegbar.
Welche Schlussfolgerung ist daraus zu ziehen? Es ist natürlich klar – und Gott sei Dank ist diese Pflichtversicherung nicht mehr umstritten; nicht in diesem Kreis, hoffe ich –, dass die Pflichtversicherung ein Garant dafür ist, dass Menschen mit niedrigerem Einkommen einen gerechten und angemessenen Zugang zu den Gesundheitsleistungen haben, nämlich einen gleichwertigen wie Menschen mit einem höheren Einkommen. Wir müssen auch bedenken, dass Leute mit einem guten Einkommen und einer guten Bildung natürlich mehr Vorsorge betreiben, mehr auf ihre Gesundheit achten können, daher müssen auf der anderen Seite unsere Programme darauf ausgerichtet sein, dass sie für Menschen mit geringem Einkommen niederschwellig sind, gut erreichbar sind und auch kostengünstig oder kostenfrei sind.
Zu Armut und Bildung. Armut ist vererbbar. Menschen, die in eine arme Familie geboren werden, haben es ganz schwer, aus dieser Situation herauszukommen. In der Bildung ist es ganz wichtig, die Ganztagsschule mit verschränktem Unterricht, wo in der Schule alles erledigt wird, weil es zu Hause nicht mehr gemacht werden kann, zu forcieren. Sie ist ein Vorteil für sozial benachteiligte Schichten. Ganz wichtig daher, diese weiter auszubauen.
Und ein allerletzter Punkt: Armut und Teilhabe. Arme Menschen sind von Teilhabe ausgeschlossen, von demokratischen Prozessen ausgeschlossen, weil sie nicht die Zeit und die Möglichkeit dazu haben. Deswegen müssen wir uns in allen Bemühungen über Mitbestimmung damit auseinandersetzen, dass wir vor allem diese Bevölkerungsgruppe auch einbeziehen, denn ich bin der Überzeugung, dass das in allen Mitbestimmungsmodellen, wie wir sie jetzt betreiben, noch viel zu wenig der Fall ist. Das heißt, da wartet eine große Aufgabe auf uns alle. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Johann Herzog: Zu Wort gemeldet ist Herr Abg Dr Aigner. Ich erteile es.
Abg Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Armutsbekämpfung – eine sehr wichtige und dringliche Aufgabe. Ich kann dem, was die Frau Kollegin Vana gesagt hat, vor allem, wenn man genau hingehört hat, durchaus auch Kritik in Richtung starker Zentralisierungstendenzen, was die EU anlangt, eigentlich sehr viel abgewinnen.
Zur Troika in Griechenland muss natürlich schon eines sagen: Wir sind ja da auch ein Land, das in den ESM und durch die ganzen bilateralen Hilfsmaßnahmen natürlich einzahlt (Beifall von Abg Mag Wolfgang Jung.) und haben natürlich schon ein Interesse, dass mit dem Geld dann auch was gemacht wird. Und eigentlich sollen ja die Stabilitätspakte dazu führen, dass Länder nicht in die Pleite schlittern. Dazu dient ja im Grunde diese Maßnahme. Es ist ja nicht wünschenswert, dass es jetzt innerhalb der EU zu einer Transferunion kommt und dass die einen für die anderen zahlen müssen, wo uns ja selber das Geld abgeht.
Das heißt jetzt nicht, dass ich mir eine Troika für uns und für andere wünsche. Ich glaube, da muss man sehr aufpassen. Die Tendenz in der EU geht aber Richtung: alles gemeinsam, die Bankenunion, die Sozialunion. Letzteres ist ja auch ein Begriff, den man hinterfragen muss, denn Sozialpolitik ist nationale Angelegenheit, und die Länder haben ganz unterschiedliche soziale Standards. Wir haben ein sehr ausgeprägtes, auch entsprechend teures System, andere Länder haben das nicht. Das ist auch dort eine bewusste Entscheidung, dass man sagt, wir machen halt nur 20 Prozent Steuern, dafür bietet der Staat weniger. Was man jetzt aber beobachtet, ist, dass natürlich auch innerhalb der EU die Menschen von den Ländern mit niedrigeren Standards in die Länder kommen, die halt höhere Standards haben, und das bringt unser System letztendlich irgendwann einmal an die Grenzen der finanziellen Belastbarkeit. (Beifall bei der FPÖ.)
Wenn man Sozialunion so versteht, dass es ein einheitliches europäisches Sozialsystem gibt, so wird das wahrscheinlich nicht machbar sein, weil einfach die Ansätze in den Ländern zu unterschiedlich sind. Früher hat es eben die Regelungen gegeben, dass Sozialleistungen nicht exportiert werden, dass steuerfinanzierte Sozialleistungen eben für die gedacht sind, die Beiträge und Steuern zahlen. Das ist jetzt in der EU großteils aufgeweicht worden, und da kommt es schon sehr stark auch zu negativen Effekten.
Wir sehen das ja gerade in Wien. Es ist die Wiener Sozialpolitik durchaus in der Lage gewesen, Obdachlosigkeit als österreichisches Phänomen weitgehend zu bekämpfen, sei es durch den Fonds Soziales Wien, sei es durch private Einrichtungen. Das Phänomen des österreichischen Sandlers, der auf der Straße lebt, findet Gott sei Dank nicht mehr statt, aber wir sind mit Sicherheit nicht in der Lage, Obdachlose aus umliegenden EU-Ländern sozusagen hier zu versorgen.
Und deswegen muss man schon sagen: Wenn die EU-Mitgliedsstaaten Gelder aus dem Sozialfonds dafür bekommen, dass sie benachteiligten Bevölkerungsgrup
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