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Landtag, 26. Sitzung vom 27.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 46 von 75

 

haben dem einmal zugestimmt. Aber man darf doch, bitte, im Leben als Politiker auch einmal gescheiter werden! Das war damals eine nicht nur legale, sondern probate Möglichkeit, gewisse steuerliche Begünstigungen, die es in den USA gab, auch in Europa auszunützen. Ich glaube nicht, dass wir uns damals aller Risken bewusst waren, und da schließe ich mich mit ein, obwohl ich mich mit der Materie ein bisschen auskenne. Ich gehöre also auch zu diesen Provinzpolitikern, die etwas leichtfertig damit umgegangen sind. Aber man muss daraus lernen und soll das auch ganz ehrlich sagen.

 

Was hat Wien getan? – Wir haben 20 Jahre fast nur in Schweizer Franken finanziert. Wir hatten – ich glaube, es war 2005 – einen Höchststand bei den Finanzierungen von über 85 Prozent in der Schweizer Währung. Und ohne jetzt große Finanzforensik zu betreiben, ist mir relativ klar, wenn ich mir heute unseren Schuldenstand von knapp über einem Drittel in Schweizer Franken anschaue, dass wir hier ein Pending Risk, ein mögliches Risiko haben, das über 300 Millionen EUR groß ist, je nachdem, zu welchem Kurs man letzten Endes diese Positionen eines Tages glattstellen müssen wird. Wenn wir das zum heutigen Kurs tilgen müssten, wären wir sicherlich bei ungefähr 300 Millionen Miese.

 

Natürlich haben wir uns in den letzten 20 Jahren – das soll man auch nicht verschweigen – dadurch einiges an Zinsen gespart. Das stimmt! Wir haben in einem der letzten Ausschüsse noch vom scheidenden Finanzdirektor Neidinger – Gruß an Herrn Dr Neidinger an den Swimmingpool, den er selbst einmal von dieser Stelle angesprochen hat! – einen Bericht darüber bekommen, in dem – ein bisschen lapidar, wie ich auch sagen möchte – erläutert wurde, dass wir uns als Stadt Wien ungefähr 450 Millionen EUR in den letzten 20 bis 25 Jahren gespart haben. – Das ist schön! Das freut uns sehr. Dazu gibt es nur zwei Dinge zu sagen.

 

Erstens: Das ist leider Vergangenheit! Wir haben uns zwar durch die günstigeren Schweizer-Franken-Finanzierungen Geld gespart, aber dieses Geld ist auch schon längst ausgegeben. Ein Betrieb, der in Konkurs geht, kann auch nicht sagen, wir haben aber in der Vergangenheit immer so viel gespart! – Wir müssen uns also jetzt mit dieser Problematik auseinandersetzen, auch wenn wir uns einmal Geld gespart haben. Jetzt müssen wir zahlen, oder die nächste Generation wird das zahlen müssen.

 

Zweitens: Echtes Risikomanagement, meine Damen und Herren, sieht anders aus, als dass man in einem Satz sagt, dass wir uns 451 Millionen EUR gespart haben. Man könnte sich schon erwarten, dass man das Position für Position ausrechnet und uns als Aufsichtsrat des Wien-Konzerns – wie ich immer gerne sage – Position für Position erläutert, bei welcher Fremdmittelaufnahme in Schweizer Franken wir uns letzten Endes in Referenz zum damaligen Eurokurs wie viel erspart haben. Das ist leider nicht geschehen!

 

Derzeit wird der Schweizer Franken – wie es in der Banker-Sprache so schön heißt – rolliert. Man könnte auch sagen: Das Risiko wird vor sich hin gewälzt. Wir zahlen Zinsen, aber wir wechseln nicht zurück. Und das ist für mich ein ganz wichtiger und zentraler Punkt, meine Damen und Herren: Das ist wieder eine Spekulation! Ich möchte mit dem Mythos aufräumen, dass die Stadt Wien nie spekuliert hat oder spekuliert. Ich sage auch gar nicht, dass das etwas Schlechtes sein muss. Ich sage nur: Das Rollieren ist wieder eine Spekulation. Das Finanzieren in einer Fremdwährung ist aus den geschilderten Gründen immer Spekulation. Wir spekulieren hinsichtlich einer zukünftigen Entwicklung des Marktes. Oder wir spekulieren hinsichtlich des Verhaltens der Bank, denn diese könnte das vielleicht auch einmal fällig stellen, weil sie zum Beispiel sagt, dass sich unsere Bonität verschlechtert hat. Wir spekulieren betreffend das Verhalten der Schweizer Regierung. Wir spekulieren betreffend das Verhalten der Schweizer Bundesbank und der Europäischen Zentralbank, und wir spekulieren, dass letzten Endes 2016 der Wasserstand in Wien hoffentlich niedriger und der Euro stärker ist. – Das ist in Wirklichkeit die Spekulation!

 

Frau Stadträtin! Wenn Sie also sagen, dass Wien nicht spekuliert, dann klingt das zwar gut, hält aber einer genaueren Betrachtung nicht stand. Wir haben in verschiedenen Ausschüssen auch schon eine Risikovorsorge für diese Tilgungen in Zukunft gebildet. In Summe liegen wir jetzt schon bei zirka 68 Millionen EUR.

 

Wir haben nicht nur diese Fremdwährungsfinanzierungen. Wir hatten bei der Stadt Wien auch diverse SWAPs. Deshalb habe ich vorher erläutert, was ein SWAP ist. Wir hatten das bei der Wien Holding, beim Cityliner. Wir hatten es bei der Stadthallenbad-Finanzierung. Und nicht nur SWAPs, ich sage es nur der Vollständigkeit halber. Wir haben bei Madoff bei den Pensionsfonds der Wiener Stadtwerke in den Tiegel gegriffen.

 

Noch ein kleiner Einschub: Wir müssten uns ja nicht nur über die Passiv-, sondern auch über die Aktivseite unterhalten. Das heißt: Welche risikoaverse oder riskante Anlagengeschäfte darf die Stadt Wien betreiben?

 

Retrospektiv betrachtet fragt man sich sicherlich, ob das Risikomanagement der Stadt Wien wirklich in den letzten 20 Jahren geeignet war, um Schäden hintanzuhalten, oder ob wir einfach großteils bisher Glück gehabt haben.

 

Auch der Rechnungshof hat 2009 kritisiert, Sie kennen das ja wahrscheinlich – ich zitiere wörtlich –: „Die Stadt Wien führt keine Risikoanalyse und Bewertung ihres Schuldenportfolios durch. Sie war daher über die bestehenden Risken ihrer Finanzierungen in Form aussagekräftiger Risikokennzahlen nicht informiert.“

 

Deshalb ist es so besonders wichtig, dass wir heute dieses Gesetz über die Bestimmungen zum risikoaversen Schuldenmanagement der Länder beschließen. Risikoaversität heißt, dass der Grundgedanke hinter der Finanzgebarung Risikominimierung ist und jedenfalls Vorrang vor einer Ertrags- oder Kostenoptimierung hat.

 

Ich bringe jetzt gemeinsam mit meinen Kollegen Aichinger, Ulm und Walter einen Beschlussantrag ein. Dieser ist Ihnen zugegangen. In diesem Beschlussantrag fordern wir, dass die Bestimmungen für das Land Wien aus dem heute zu beschließenden Gesetz auch an die

 

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