Landtag, 16. Sitzung vom 03.10.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 40
Richtlinie 2003/86/EG betreffend Recht auf Familienzusammenführung, der ebenfalls im vorliegenden Gesetzentwurf angeführt wird, wird auf die zu fördernde Integration von Familienangehörigen hingewiesen.
Hoher Landtag! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden sich nun wahrscheinlich fragen: Warum der Exkurs ins EU-Recht, wo es doch eigentlich um das Wiener Fiaker- und Pferdemietwagengesetz geht? Und Sie haben recht damit, auf den ersten Blick ist ein Zusammenhang wahrlich nicht zu erkennen. Was hochqualifizierte Drittstaatsangehörige mit Fiakern zu tun haben: nicht viel, sollte man meinen. Aber wenn wir diesem Gesetz heute unsere Zustimmung erteilen, dann können eben die vorgenannten Familienangehörigen der Blaue-Karte-EU-Inhaber um eine Konzession zum Betrieb eines Fiaker- und Pferdemietwagenunternehmens ansuchen.
Hier steckt der Teufel im Detail, und zwar beim Befähigungsnachweis. Sie haben vor einiger Zeit hier im Hohen Landtag die Pferdemietwagen-Fahrdienstprüfungsverordnung geändert, indem Sie die Voraussetzung für die Tätigkeit erschwert haben. Jetzt steht in dem neuen Gesetzestext - und ich darf zitieren: „Dies gilt sinngemäß für eine vergleichbare Prüfung, die in einem Drittstaat abgelegt worden ist, soweit es nicht nach dem Recht der Europäischen Union eine Gleichstellung gibt.“ Zitat Ende.
Das heißt, Sie vergeben jetzt Konzessionen, obwohl Sie für die eingesessenen Fiakerunternehmer alle Zugänge erschwert haben, an Personen, die in außereuropäischen Staaten einen Befähigungsnachweis haben, den aber niemand überprüfen kann. Denn ich glaube, wirklich niemand von den zuständigen Abteilungen wird überprüfen können, in welcher Art und Weise diese Befähigungsnachweise ausgestellt worden sind, genauso wenig, wie überprüfbar ist, was dort dabei geprüft wird et cetera.
Es steht in den Erläuterungen zu dieser Verordnung auch ein ausgesprochen interessanter Satz, den ich ebenfalls zitieren möchte, nämlich: „Die Rechte der Familienangehörigen umfassen den Zugang zur allgemeinen und beruflichen Bildung und zur Beschäftigung schlechthin und stellen daher von vorneherein nicht" - ich betone: nicht! – „auf eine bereits erworbene Qualifikation ab.“ Zitat Ende.
Jetzt sage ich, na, was jetzt? Einerseits erkennen Sie die Prüfungsnachweise von Drittstaaten an; und dann bemerken Sie, dass eine Qualifikation nicht einmal notwendig ist. Da muss ich sagen, da sehe ich auch wirtschaftlich ein großes Problem. Denn bei den ganzen Änderungen in der letzten Zeit haben Sie den Bedürfnissen der Klein- und Kleinstunternehmer überhaupt nicht irgendwie Rechnung getragen. Jetzt kommen mehr Konzessionen, und die Klein- und Kleinstunternehmer, die einen erschwerten Zugang auf Grund Ihrer Platzkartenverordnung haben, werden noch eher vom Markt gedrängt.
Da sage ich: Ja, da sind wir wirklich am Punkt. Sie quälen einheimische Unternehmer, und bei den neuen drücken Sie beide Augen zu, stecken Sie den Kopf in den Sand. Das ist Ihre Politik. Das kann ich einfach nur ablehnen! (Beifall bei der FPÖ.)
Auch das muss man zu dem sagen, was Sie bei der letzten Debatte als Hauptargumente gebracht haben: Ich kann mich noch an Ihre Worte zum Tierschutz erinnern, Frau Landesrätin: Es geht bei den letzten Novellen immer um Tierschutz, und ich sagte schon, dass das, was wir unter Tierschutz verstehen und was andere Länder unter Tierschutz verstehen, nicht unbedingt immer im Gleichklang ist. Der Tierschutz wird in manchen Ländern anders eingeschätzt oder auch anders eingehalten. Und wenn Sie damals gesagt haben, der Tierschutz sei so wichtig für die Novellierung, dann meine ich, dass Sie zum Beispiel auch andere Maßnahmen als diese Verordnung setzen könnten. Sie könnten zum Beispiel überdachte Stellplätze machen, denn auch diesen Sommer sind die Fiakergespanne bei dem doch sehr heißen Wetter in der Sonne gestanden. Da ist der Tierschutz leider nicht wirklich interessant, man tut so, als sei alles in Ordnung.
Daher muss ich Ihnen ganz offen und ehrlich sagen: Weder im Sinne der Gleichbehandlung der bisherigen Betriebe noch im Interesse der Wirtschaft und schon gar nicht im Hinblick auf die Belange des Tierschutzes können wir diese Vorlage positiv beurteilen, und wir werden daher nicht zustimmen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Marianne Klicka: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich erkläre die Verhandlung für geschlossen und erteile der Frau Berichterstatterin das Schlusswort.
Berichterstatterin LhptmStin Mag Maria Vassilakou : Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich fasse es kurz: In Europa leben bedeutet, Menschen, die nunmehr in den Berechtigtenkreis fallen, ohne Wenn und Aber schlussendlich dieselben Möglichkeiten einzuräumen, die auch für die Bewohnerinnen und Bewohner eines Mitgliedslandes gelten. Daran gibt es meines Erachtens nicht viel herumzudeuteln und herumzudokumentieren. Die vorliegende Novelle ist das Ergebnis der Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie. Sie ist umzusetzen, und dazu gibt es nicht mehr sehr viel zu erzählen.
Vielleicht noch etwas: Ja. Der Tierschutz ist uns sehr wichtig. Doch meines Wissens hat die Herkunft des Fiakerfahrers oder des Fiakerunternehmers nicht das Geringste damit zu tun, dass Pferde nicht artgerecht gehalten werden, geschunden werden und leiden müssen. Vielmehr gilt es, diesbezüglich insgesamt sehr strenge Bestimmungen walten zu lassen und sehr streng zu kontrollieren, ob diese eingehalten werden. Das tun wir, und glauben Sie mir: Diese Kontrollen finden tatsächlich statt, unabhängig davon, aus welchem Land der Betroffene jeweils kommt.
Im Wesentlichen ist es auch komplett irrelevant, welche Vorstellungen zum Tierschutz in unterschiedlichen Ländern Europas gelten. Wichtig ist, was in Wien gilt. Und dafür sorgen wir. – Ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
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