Landtag, 16. Sitzung vom 03.10.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 40
bisher nicht gelungen, die Zustimmung aller Länder im Konsultationsverfahren zu gewinnen. Es ist daher vergangene Woche Bundesminister Mitterlehner mit dem Vorschlag einer 15a-Vereinbarung nicht nur an Wien herangetreten, sondern an alle neun Bundesländer. Nachdem dieser Entwurf erst vergangene Woche eingetroffen ist, ist es natürlich notwendig, hier auch gemeinsam mit den Bundesländern diesen entsprechenden Entwurf auch noch gemeinsam zu sichten und sich anzusehen, wie hier der entsprechende Vorschlag umgesetzt werden kann.
Einmal mehr befinden sich aus der Wiener Sicht hier keine Vorschläge, die in irgendeiner Form von uns abgelehnt werden. Also die 15a-Vereinbarung ist vom Inhalt her durchaus eine verfolgenswerte. Aber das Problem bei der 15a-Vereinbarung ist, es schließen sich die Länder an, die sich dieser 15a-Vereinbarung anschließen wollen. Wir in Wien wollen das tun. Es führt aber leider nicht zu dem Ergebnis, das wir gemeinsam natürlich am allerliebsten hätten, nämlich tatsächlich einheitliche Standards in ganz Österreich, denn mit einer 15a-Vereinbarung wird gerade eben dieses grundlegende Ziel einer Vereinheitlichung des Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetzes nicht erreicht, nämlich diese einheitlichen Standards. Es ist aus unserer Sicht eben weiterhin nicht einzusehen, dass Kinder und Jugendliche in verschiedenen Bundesländern nicht den gleichen Kinderschutzstandard haben sollen.
Er ließe sich natürlich nur mit dem Bundes-Kinder- und Jugendwohlfahrtsgesetz erreichen. Ich habe daher, nachdem am kommenden Freitag die Landesjugendwohlfahrtsreferenten in Wien tagen werden, gemeinsam mit Minister Mitterlehner vereinbart, dass wir diesen Tagesordnungspunkt im Rahmen dieser Konferenz der Jugendwohlfahrtsreferenten auf die Tagesordnung setzen und werden dort versuchen, gemeinsam mit den Bundesländern auch zu einer entsprechenden Lösung zu kommen. Ich halte das für wichtig. Ich würde mich freuen, wenn alle Länder der 15a-Vereinbarung zustimmen könnten, weil wir uns dann die 15a gleichzeitig wieder sparen könnten und zu einem einheitlichen Gesetz auch kommen. Es ist ein Weg, es ist leider nur der zweitbeste Weg. Wir werden in unseren Bemühungen nicht nachlassen, zu einer österreichweit einheitlichen Lösung für den Kinderschutz zu kommen, weil ich denke, das haben sich die Kinder und Jugendlichen nicht nur in Wien, sondern in Gesamt-Österreich verdient. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Stadtrat. Die 1. Zusatzfrage stellt Frau Abg Mag Anger-Koch. Bitte, Frau Abgeordnete.
Abg Mag Ines Anger-Koch (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Herr Stadtrat!
Uns ist natürlich auch gerade das Thema der Kinder- und Jugendwohlfahrt ein Anliegen. Da wurde gerade jetzt im Volksanwaltschaftsbericht die voreilige Kindesabnahme durch die Jugendwohlfahrtsträger kritisiert.
Will Wien sich das zu Herzen nehmen und hier eine Änderung herbeiführen, dass es nicht zu einer vorzeitigen Kindesabnahme kommt und der Verbleib der Kinder bei Kriseneltern dann auch länger andauern könnte, wenn es im Sinne des Kindes ist beziehungsweise zur Begünstigung des Kindes ist, weil bis jetzt sind es sechs bis acht Wochen?
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke. Herr Stadtrat!
Amtsf StR Christian Oxonitsch: Zunächst einmal ist mir ganz wichtig festzuhalten, dass jeder Sozialarbeiter oder jeder, der im Zuge einer Gefährdungsabklärung eine Entscheidung zu treffen hat und das nicht alleine, sondern - in Wien ja Standard im Unterschied zu vielen anderen Bundesländern - im Vier-Augen-Prinzip das nicht leichtfertig macht. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen für entsprechende Maßnahmen zum Schutz und zum Wohle des Kindes sind klar normiert. Es gibt aber selbstverständlich immer wieder Fälle, wo es auch notwendig ist, eine entsprechende Maßnahme zu setzen. Die entsprechenden gesetzlichen Abläufe sind ja hier relativ klar: Die entsprechende Unterbringung entweder in einem Krisenzentrum oder bei Krisenpflegeeltern und dann die entsprechende Einbringung bei Gericht, weil das Gericht ja die letztendliche Unterbringung entscheidet. Es wird also immer wieder Fälle geben müssen, denke ich, denn wenn Gefahr in Verzug ist, dann sind die Sozialpädagogen und Sozialarbeiter letztendlich einfach immer gezwungen, auch entsprechende Handlungen zu setzen, wenn sie zu der Einschätzung kommen, es kommt hier zu einer entsprechenden Gefährdung. Dass das unterschiedlich gesehen wird, ist auch keine Frage, denn viele, viele Eltern verstehen ja durchaus ihr Fehlverhalten oder die entsprechenden tatsächlichen Gefährdungen eines Kindes nicht immer und die Einsicht ist ja nicht immer eine Grundlage der Entscheidung. Denn gerade dann, wenn es Einsicht gibt, wenn es Möglichkeiten der Kooperation mit Erziehungsberechtigen gibt, ist es das intensive Anliegen gerade in der Wiener Jugendwohlfahrt, hier durch entsprechend ambulante Unterstützungen, Unterstützungen in der Erziehung, wie es fachlich heißt, und Ähnliches mehr eben genau die Kindesabnahme zu vermeiden. Ich glaube, dass wir gerade in den letzten zwei Jahren sehr hervorragende Modelle haben und auch sehr hervorragende Angebote für Familien gefunden haben, damit die Familien, wenn sie zur Kooperation bereit sind, wenn sie bereit sind, hier tatsächlich entsprechende Handlungen zu setzen, auch entsprechende Unterstützung durch zum Beispiel intensive Zuschaltung von über 20 Stunden pro Woche eines Sozialarbeiters oder eines Sozialpädagogen oder einer entsprechend notwendigen Person bekommen, um den Familienablauf, um das Familienleben letztendlich zu stabilisieren.
Das heißt, mir geht’s nicht weniger eigentlich um die unmittelbare Frage, gibt’s letztendlich unterschiedliche Einschätzungen, wie notwendig war eine Kindesabnahme. Wir wollen sie gemeinsam vermeiden, diese Kindesabnahme, durch in erster Linie Etablierung von ambulanten Diensten, die es ermöglichen, dass das Kind in der Familie bleiben kann. Man soll sich keine
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