Landtag, 12. Sitzung vom 30.03.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 55
man halt Flugzettel verteilt, und das war es dann.
Zum Zweiten kann ich mir vorstellen, dass man sie auch sehr viel kleinräumiger durchführt und initiiert. Ich kann mir also durchaus vorstellen, dass man - nicht sozusagen als Mittel zum Zweck politischer Polemik, sondern tatsächlich zur Mitbestimmung der Bevölkerung - durchaus auch Dinge mit niederschwelligerem Zugang machen kann.
Was mir aber wichtig wäre, ist eine Mitentscheidung bei der Umfeldgestaltung. Eine ganze Menge abgewinnen, und das auch aus sehr persönlicher Erfahrung, kann ich etwa einer Mitgestaltung von Wohnraum, von Parks - ich meine jetzt nicht den unmittelbaren Wohnraum, sondern das städtische Umfeld des Wohnraums -, von Fußgängerzonen, von Freizeitbereichen, also all dem, was das Leben der Menschen unmittelbar viel mehr betrifft und von dem ich überzeugt bin, dass es die politische Welt viel zu wenig wahrnimmt.
Denn es interessiert die Leute natürlich sehr viel mehr - neben dem, was sie in der Arbeitswelt erleben -, was sie in ihrem Wohnumfeld entsprechend erleben, als eine ganze Reihe der Dinge, die wir hier diskutieren. Zum Beispiel, ob es 57 000 Unterschriften oder 37 000 Unterschriften sein sollen - da bin ich überzeugt davon, dass das nicht die aktuelle Diskussion in den Wiener Kaffeehäusern ist.
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. - Die 3. Zusatzfrage stellt Herr Abg Mag Dr Wansch. Ich bitte darum.
Abg Mag Dr Alfred Wansch (Klub der Wiener Freiheitlichen): Guten Morgen, Herr Landeshauptmann!
Die gestellte Frage betrifft elementare Dinge unseres Zusammenlebens, nämlich die Ausübung der Demokratie. Sie haben das Schicksal der Demokratie für die Wienerinnen und Wiener in die Hände der GRÜNEN gelegt, indem Sie Frau LhptmStin Vassilakou mit dem Ressort Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung betraut haben. Wir haben gestern in der Gemeinderatssitzung die Erkenntnis gewonnen, dass die GRÜNEN nun beabsichtigen, die verfassungsmäßigen Instrumente der direkten Demokratie zu ersetzen durch phantasievolle Gebilde wie Charta-Prozesse, Mediationsverfahren und so weiter.
In diesem Zusammenhang stellt sich jetzt die Frage: Warum haben die Bürgerinnen und Bürger für die Verfassung erkämpft, dass es das Instrument der Volksbefragung und der Volksabstimmung gibt? - Sie haben das deshalb gemacht, weil dadurch das freie, gleiche und geheime Wahlrecht gewährleistet wird. Das geheime Wahlrecht ist erkämpft worden, weil es vor Repressalien der Machthaber schützt. Diesen Prozessen, die jetzt von den GRÜNEN hier immer wieder dargestellt werden und die angeblich so bürgernahe sind, ist eines gemeinsam: Das geheime Wahlrecht ist nicht gewährleistet! Deshalb bin ich sehr dankbar, dass Sie sehr vorsichtig auf den Vorstoß der Kollegin Kickert geantwortet haben.
Meine Frage an Sie lautet: Sie haben im Regierungsübereinkommen mit den GRÜNEN wortwörtlich vereinbart, dass die Volksbefragungen häufiger eingesetzt werden sollen. Ich frage Sie jetzt: Welche Maßnahmen treffen Sie konkret, um Ihr Versprechen an die Wienerinnen und Wiener zu erfüllen, dass Sie Volksbefragungen häufiger einsetzen werden.
Präsident Prof Harry Kopietz: Herr Landeshauptmann, bitte.
Lhptm Dr Michael Häupl: Herr Abgeordneter!
Ich bin ja froh, dass ich wenigstens in der Lage war, Ihre Frage zu verstehen. Denn das, was Sie vorher begründet haben - ich bin ja nicht der Ex-offo-Verteidiger der GRÜNEN, aber dass die GRÜNEN die Verfassung aushebeln, das Wahlrecht abschaffen und die Instrumente der direkten Demokratie beseitigen wollen, habe ich mein Leben noch nie gehört!
Aber Ihre Interpretation - und mit wir haben Sie vermutlich die Freiheitliche Partei gemeint - nehme ich auch so zur Kenntnis. Letztendlich ist ein Parlament ja auch dazu da, die verschiedensten Meinungen, und seien sie noch so absurd, gegeneinander abzuwägen. Daher können und sollen sie hier auch geäußert werden.
Um Ihre eigentliche Frage zu beantworten: Da brauche ich nicht allzu viel zu tun, es findet ja statt! In der Realität dieser Stadt finden die Volksbefragungen statt, etwa zu Garagen.
Aber ich füge schon auch hinzu - und deswegen verweise ich noch einmal auf die Wiener Stadtverfassung -, dass die Wiener Stadtverfassung selbstverständlich besagt, dass diese Instrumentarien direkter Demokratie bei uns ein wichtiges Instrument dieser Verfassung sind, dass die Verfassung jedoch auch normiert, wo sie eingesetzt werden können. Und man kann die Verfassung nicht so interpretieren, dass man dabei einen Teil dann einfach vergisst.
Daher antworte ich Ihnen hier vollkommen klipp und klar: Jawohl, ich werde Volksbefragungen immer dann voll und uneingeschränkt akzeptieren, wenn sie auch der Wiener Stadtverfassung entsprechen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Präsident Prof Harry Kopietz: Danke, Herr Landeshauptmann. - Die vierte und letzte Zusatzfrage stellt Herr Abg Dr Ulm. Ich bitte darum.
Abg Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!
Vielleicht darf ich zu Beginn etwas Allgemeines sagen. Mich erfreut es im Regelfall, mit Ihnen zu reden und mit Ihnen zu diskutieren. Ich sehe es aber nicht als meine Aufgabe als Oppositionspolitiker, Sie im Besonderen mit einer Frage zu erfreuen, und möchte nun, um ein bisschen zum Ernst der Situation zurückzukehren, schon Folgendes sagen: Dass mir die Stadtverfassung egal ist - diese Unterstellung, die ich da aus Ihren Äußerungen heraushören musste -, muss ich wirklich auf das Schärfste zurückweisen! Davon kann keine Rede sein.
Wenn Sie die Stadtverfassung anders interpretieren, dann ist das Ihre Sache - ich weiß nicht, ob Sie da von Ihren Juristen beraten sind -, aber ich möchte mir nicht vorwerfen lassen, dass es bei uns Polemik und auf
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